Zeitvertragsgesetz hat sich bewährt

Die 2007 eingeführten Befristungsvorschriften des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes haben sich grundsätzlich bewährt. Das Gesetz schafft Rechtssicherheit sowohl für die Hochschulen und Forschungsinstitute als auch für die befristet beschäftigten Wissenschaftler. Das zeigt der jetzt vorliegende Evaluationsbericht der HIS Hochschul-Informations-System GmbH. Die Ergebnisse zeigen, wie das Gesetz in der Wissenschaftslandschaft derzeit genutzt wird und wie sich die neuen Vorschriften in der Praxis auswirken.

Im Sommer 2008 hatte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die HIS Hochschul-Informations-System GmbH mit einer detaillierten Evaluation des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) beauftragt. Kern des im April 2007 im Bundestag verabschiedeten Gesetzes sind veränderte Vorschriften zur sogenannten sachgrundlosen Höchstbefristungsdauer im wissenschaftlichen Bereich. Bis dahin waren diese im Hochschulrahmengesetz geregelt. Nach dem WissZeitVG dürfen wissenschaftliche Beschäftigte bis zu sechs Jahre vor der Promotion und daran anschließend für weitere sechs (in der Medizin neun) Jahre an wissenschaftlichen Einrichtungen befristet eingestellt werden.

Das WissZeitVG ist die rechtliche Grundlage für die Beschäftigung der meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Dazu zählen 146.000 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Hochschulen gemäß amtlicher Statistik im Jahr 2009. Davon arbeiten 83 Prozent befristet. Die Diskussion über die Befristungsregeln muss der besonderen Situation des Wissenschaftsbetriebes Rechnung tragen. Die wissenschaftliche Tätigkeit ist für einen großen Teil der jungen Forscherinnen und Forscher nicht die Vorbereitung auf eine Wissenschaftskarriere an Universitäten, sondern auf eine Tätigkeit in der Wirtschaft, im öffentlichen Dienst oder anderen Berufsbereichen.

Das Gesetz veränderte drei Aspekte des Sonderbefristungsrechts für die Wissenschaft: Neben der sachgrundlosen Befristung schuf es einen zusätzlichen Befristungstatbestand für die Beschäftigung in Drittmittelprojekten (Drittmittelbefristung) und zwar auch über die 6+6-Jahresregelung hinaus. Dazu kam eine familienpolitische Komponente: Bei Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die Kinder betreuen, verlängert sich der Befristungsrahmen um jeweils zwei Jahre pro Kind. Außerdem verzichtet das Gesetz auf die Nennung konkreter Personalkategorien. Es gilt allgemein für das wissenschaftliche Personal mit Ausnahme von Hochschullehrerinnen und -lehrern.

Für die drei skizzierten Änderungen im Sonderbefristungsrecht zeigt die Studie u.a.:

Die neue Drittmittelbefristung hat sich etabliert und ist klar geregelt. Fünf bis zehn Prozent der befristeten Arbeitsverträge werden auf dieser Grundlage abgeschlossen. Auffällig ist, dass die betroffenen Mitarbeiter/innen (über 50% an Forschungseinrichtungen und mehr als 75% an Hochschulen) mehrheitlich noch nicht promoviert sind.

Die familienpolitische Komponente wird allgemein begrüßt. Allerdings spielt sie nur eine untergeordnete Rolle – rund ein Prozent der Beschäftigten nutzt diese Regelung.

Die Änderung des personellen Geltungsbereichs kann dazu führen, dass auch wissenschaftliches Personal, dem größtenteils oder ausschließlich Lehraufgaben obliegen, auf Basis der für die Qualifizierungsphase vorgesehenen Regelungen beschäftigt wird, auch wenn ihm kaum eine Möglichkeit für die wissenschaftliche Qualifizierung bleibt.

Nach Ergebnissen der Studie wird jeder zweite Arbeitsvertrag in der Qualifikationsphase für eine maximale Dauer von einem Jahr abgeschlossen.

Die Studie zeigt: Den jungen Nachwuchswissenschaftlern ist vor allem wichtig, dass sie neben ihren Verpflichtungen genügend Zeit haben, sich mit ihrer eigenen wissenschaftlichen Qualifizierung zu befassen. Das ist vor allem deshalb zu unterstützen, weil es nicht nur im Interesse der wissenschaftlich Beschäftigten, sondern auch für die Sicherung der Qualität des Wissenschaftsstandortes Deutschland von zentraler Bedeutung ist. Befristet beschäftigte Nachwuchswissenschaftler erbringen einen großen Teil der Forschungsleistung in Deutschland.

Vor diesem Hintergrund betont das Bundesministerium für Bildung und Forschung, dass es von zentraler Bedeutung sei, dem wissenschaftlichen Nachwuchs planbare und verlässliche Karriereperspektiven im Wissenschaftssystem zu bieten. Hier stoße allerdings der Gesetzgeber mit seinen Handlungsmöglichkeiten an seine Grenzen. Vielmehr gehe es an dieser Stelle um die Etablierung einer optimierten Personalverantwortung. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung wird deshalb insbesondere mit Vertretern der Hochschulen und Forschungsinstitutionen die Ergebnisse der Evaluation und daraus resultierende Handlungsnotwendigkeiten schon in nächster Zeit erörtern.

Projektleiter Georg Jongmanns von der HIS GmbH vereinte für die Evaluation des WissZeitVG in einem aufwändigen Untersuchungsdesign verschiedene Perspektiven auf das Gesetz: An ausgewählten Hochschulen und Forschungseinrichtungen wurden über einen Zeitraum von 12 Monaten alle befristeten Arbeitsverträge mit wissenschaftlichen Mitarbeitern erfasst. Zwischen Februar 2009 und April 2010 führte die HIS GmbH Interviews mit Personalverantwortlichen, Arbeitsrechtlern und wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Im April und Mai 2010 lief eine deutschlandweite quantitative Befragung zur Vertragspraxis an Hochschulen. Über das WiNbus Online-Panel von HIS wurden Einschätzungen wissenschaftlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewonnen. Zusätzlich analysierten Jongmanns und seine Kollegen amtliche Statistiken und Dokumente.

Eine Zusammenfassung der Ergebnisse steht zum Download bereit unter:
www.his.de/pdf/33/WissZeitVG_Ergebnisse_Zusammenfassung.pdf

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Silvia von Einsiedel BMBF Newsletter

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