Visio.M-Projekt: E-Fahrzeug bekommt Leichtbau-Struktur aus Carbonfasern

Erst hört man ein Surren, dann das Knirschen von Reifen auf dem Asphalt. Es geht sehr leise zu, wenn die Visio.M-Ingenieure mit einem Versuchsträger des künftigen E-Fahrzeugs ihre Runden drehen. Bild: A. Heddergott / S. Rauchbart / TUM<br>

Ein Elektrofahrzeug, das extrem leicht ist und trotzdem sicher? Dass sich beides verbinden lässt, soll das Forschungsprojekt Visio.M zeigen.

Wissenschaftler sowie Ingenieure führender deutscher Technologieunternehmen arbeiten gemeinsam an diesem Visionären Mobilitätskonzept für die Elektromobilität von morgen: Sie setzen dabei auf eine stabile Monocoque-Bauweise, moderne Carbonfaser-Kunststoffe und Gewichtseinsparungen bei Motor und Getriebe. Erste Antriebs- und Fahrwerkstests hat ein Versuchsträger des zukünftigen E-Fahrzeugs bereits erfolgreich absolviert.

Bislang gab es nur entweder – oder. Herkömmliche Elektro-Kleinstfahrzeuge sind entweder sehr leicht, müssen dafür aber mit reduzierter Sicherheitstechnik aus-kommen. Oder Rahmen und Knautschzonen größerer E-Fahrzeuge sorgen für Gewicht und gehen damit zulasten der Reichweite. Wissenschaftler sowie Ingenieure führender deutscher Technologieunternehmen wollen das nun ändern. Im Projekt Visio.M arbeiten sie gemeinsam an einem Mobilitätskonzept, das von Anfang an beiden Anforderungen genügt: ein effizientes Elektrofahrzeug mit minimalem Gewicht, das ein höchstmögliches Sicherheitsniveau bietet.

Bei der Fahrzeugstruktur haben sich die Visio.M-Ingenieure deshalb für eine innovative Monocoque-Bauweise entschieden. Diese aus dem Rennsport bekannte Struktur erlaubt es in Verbindung mit Leichtbau-Materialien, Fahrzeuge mit hoher Stabilität und minimalem Gewicht zu konstruieren.

Innovative Materialien

Neuland beschreiten die Entwickler auch bei den besonders leichten Materialien, die für die Fahrzeugstruktur zum Einsatz kommen: Die schalenförmige Fahrgastzelle soll bei Visio.M aus carbonfaserverstärktem Kunststoff (CFK) bestehen. Solche Verbundwerkstoffe werden zwar bereits im Flugzeugbau und für Luxus-Sportwagen verwendet. Sie sind allerdings noch sehr aufwändig zu produzieren und entsprechend teuer. Ziel der Visio.M-Ingenieure ist es deshalb, zu prüfen, inwieweit die Carbonfaser-Werkstoffe auch für serientaugliche Kleinstfahrzeuge nutzbar sind.

Auch beim Antrieb ringen die Visio.M-Ingenieure um jedes Kilogramm. Das zukünftige E-Fahrzeug wird von einem effizienten und kompakt gebauten Asynchron-E-Motor angetrieben. Für das Getriebe kommen zudem besonders leichte Zahnräder zum Einsatz, die auf hohl ausgeführten Wellen sitzen. Damit kann es bis zu 15 Prozent leichter werden als herkömmliche Getriebe.

Sicherheit entscheidet

Trotz aller Gewichtseinsparung steht die Sicherheit der Insassen im Visio.M-Projekt an erster Stelle: Die stabile Carbonfaser-Fahrzeugstruktur wird dafür mit weiteren aktiven und passiven Schutzkonzepten ergänzt, die insbesondere die spezifischen Sicherheitserfordernisse eines Elektro-Kleinstfahrzeugs adressieren. Zu den Ideen, denen die Ingenieure in ihrer Forschungsarbeit nachgehen, gehören zum Beispiel speziell an solche Fahrzeuge angepasste Gurtsysteme sowie weitere innovative Konzepte zur Reduzierung der Insassenbelastung bei einem Unfall. Am Projektende soll das E-Fahrzeug ein höchstmögliches Sicherheitsniveau bieten.

Erste Fahrwerkstests hat ein Versuchsträger des zukünftigen E-Fahrzeugs bereits absolviert. Auf einem Testgelände in der Nähe von München wurden die Fahrdynamikregelsysteme, also das Antiblockiersystem und das Torque-Vectoring-System, erfolgreich in Betrieb genommen – ein weiterer Schritt hin zum sicheren Elektrofahrzeug.

An Visio.M beteiligen sich, neben den Automobilkonzernen BMW AG (Konsortialführer) und Daimler AG, die TU München als wissenschaftlicher Partner, sowie Autoliv B.V. & Co. KG, Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), Continental, E.ON AG, Finepower GmbH, Hyve AG, IAV GmbH, InnoZ GmbH, Intermap Technologies GmbH, LION Smart GmbH, Neumayer Tekfor Holding GmbH, Siemens AG, Texas Instruments Deutschland GmbH und TÜV SÜD AG. Das Projekt wird im Rahmen des Förderprogramms IKT 2020 und des Förderschwerpunktes „Schlüsseltechnologien für die Elektromobilität – STROM“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) über 2,5 Jahre mit insgesamt 10,8 Mio. Euro gefördert.

www.visiom-automobile.de.

Kontakt:
Undine Ziller
Pressereferentin
Technische Universität München
T: +49 (0)89 289 22731
E: ziller@zv.tum.de
W: www.tum.de
Pressemitteilung und Bildmaterial im Web:
http://www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/kurz/article/30325/
Filmmaterial von den ersten Fahrversuchen zum Download:
Formate: .mov (300 MB) / .mp4 (46 MB)
ftp://ftp.lrz-muenchen.de/transfer/presse/presse/Footage_VisioM/
Hintergrund zum Rohmaterial:
So viel Spaß kann Forschung machen: Mit einem Elektro-Versuchsfahrzeug aus dem Forschungsprojekt Visio.M absolvieren Wissenschaftler der TU München erste Fahrtests. Spurwechsel, Slalom und Vollbremsung zeigen: Das zukünftige Visio.M-Elektrofahrzeug wird agil und trotzdem gut kontrollierbar, also ein ideales Stadtauto. Fahrdynamik-Regelsysteme wie ABS, ESP und Torque Vectoring sorgen außerdem für hohe Fahrsicherheit. Die Fahrversuche wurden auf einem Testgelände in der Nähe von München durchgeführt, sie erfolgten nicht unter Normbedingungen.

Die Technische Universität München (TUM) ist mit rund 500 Professorinnen und Professoren, 9.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und 32.000 Studierenden eine der führenden technischen Universitäten Europas. Ihre Schwerpunktfelder sind die Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften, Medizin und Wirtschaftswissenschaften. Nach zahlreichen Auszeichnungen wurde sie 2006 und 2012 vom Wissenschaftsrat und der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Exzellenzuniversität gewählt. In nationalen und internationalen Vergleichsstudien rangiert die TUM jeweils unter den besten Universitäten Deutschlands. Die TUM ist dem Leitbild einer forschungsstarken, unternehmerischen Universität verpflichtet. Weltweit ist die TUM mit einem Campus in Singapur sowie Niederlassungen in Peking (China), Brüssel (Belgien), Kairo (Ägypten), Mumbai (Indien) und São Paulo (Brasilien) vertreten.

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Undine Ziller Technische Universität München

Weitere Informationen:

http://www.tum.de

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