Variable Belohnungshöhen regen zu Aufgabenwechsel bei Menschen und Ameisen an

Waldameisen (Lasius niger) erhalten eine Belohnung. Alexandra Koch – Zur ausschließlichen Verwendung im Rahmen der Berichterstattung zu dieser Pressemitteilung.

Belohnungen motivieren unser Verhalten – entsprechend werden wir eher dafür bezahlt, zur Arbeit zu gehen als Kaffee zu trinken. Für Menschen scheint dabei aber nicht allein die absolute Belohnungshöhe, sondern vielmehr die Veränderung von Belohnung eine kritische Rolle zu spielen.

Forscherinnen und Forscher am Lehrstuhl für Psychologie und am Lehrstuhl für Zoologie/Evolutionsbiologie der Universität Regensburg haben herausgefunden, dass dies auch für Ameisen gilt. Das könnte darauf hindeuten, dass Menschen und Ameisen sich auf sehr basaler Ebene darin ähneln, wie sie Entscheidungen zwischen zwei Handlungsalternativen treffen. Die Ergebnisse sind nun im Journal of Experimental Psychology: Animal Learning and Cognition veröffentlicht worden.

Im Alltag sind wir praktisch ständig mit unterschiedlichen, mitunter widersprüchlichen Aufgaben konfrontiert. Jetzt gerade etwa könnten Sie diesen Text weiterlesen, Ihre Emails abrufen oder einen Kaffee trinken gehen. Zu verstehen, wie wir solche Entscheidungen für oder gegen eine bestimmte Handlung treffen, ist für das tiefere Verständnis unseres Verhaltens von großer Bedeutung. Belohnungen in Aussicht zu stellen, ist eine typische Herangehensweise derartige Entscheidungen zu beeinflussen.

Kürzlich konnten Prof. Gesine Dreisbach, Lehrstuhl für Psychologie, und Dr. Kerstin Fröber zeigen, dass es nicht so sehr die Aussicht auf eine hohe Belohnung ist, die Versuchspersonen dazu bringt, eine Aufgabe zu wechseln, sondern vielmehr die Aussicht auf eine veränderte (ansteigende oder absteigende) Belohnung. Dr. Tomer Czaczkes, am Lehrstuhl für Zoologie/Evolutionsbiologie, hat nun in Kooperation mit den Kognitionspsychologinnen das gleiche Verhaltensmuster (mehr Aufgabenwechsel bei wechselnder Belohnung) im Verhalten der gemeinen Waldameise gefunden.

„Natürlich haben wir die Ameisen nicht mit Geld bezahlt“, erklärt Alexandra Koch, Studierende im Bachelorstudiengang Biologie an der Universität Regensburg, die die Ameisenstudie durchgeführt hat. „Wir haben ihnen entweder süßes oder weniger süßes Wasser in Aussicht gestellt“. Die Aufgabe war auch etwas anders im Vergleich zur Humanstudie – die Ameisen mussten jeweils entscheiden, ob sie einen linken oder rechten Arm eines T-Labyrinthes durchlaufen. „Trotz dieser Unterschiede zeigten die Ameisen exakt das gleiche Verhaltensmuster wie die Menschen: sie wechselten häufiger die Seite, wenn die Belohnungserwartung sich änderte“, so Alexandra Koch.

Warum also verhalten sich Ameisen und Menschen so ähnlich? Vermutlich ist dieses Verhalten tatsächlich sinnvoll. Wann immer wir eine bedeutsame Veränderung in unserer Umgebung wahrnehmen (etwa geänderte Belohnungsaussicht), könnte es vorteilhaft sein, auch sein eigenes Verhalten zu ändern. Die Frage, die sich nun allerdings stellt, ist: Wie sehr ähneln sich die der Entscheidung zugrundeliegenden Prozesse zwischen Ameise und Mensch? Sind Ameisen am Ende komplexer als wir uns das vorstellen können, oder sind Menschen mitunter einfacher gestrickt als wir das gerne hätten?

Dr. Tomer Czaczkes
Institut für Zoologie
Universität Regensburg
Tel.: 0941 943-2996
E-Mail: tomer.czaczkes@ur.de

Czaczkes, T. J., Koch, A., Fröber, K., & Dreisbach, G. (2018). Voluntary switching in an invertebrate: The effect of cue and reward change. Journal of Experimental Psychology: Animal Learning and Cognition, 44(3), 247-257.
http://dx.doi.org/10.1037/xan0000171

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Christina Glaser idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

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