U-Boote schwärmen aus: Weltweit größter Unterwasser-Roboterschwarm an der Uni Graz

Die 20 U-Boote können miteinander kommunizieren und treffen ihre Entscheidungen wie ein gemeinsames Gehirn. Inspiriert sind sie vom Verhalten sozialer Insekten.

Der Roboter-Schwarm bildet die erste Stufe in der Erforschung von Mechanismen, die es künftig U-Boot Schwärmen ermöglichen sollen, in Gewässern Giftmüll oder versunkene Gegenstände, wie Blackboxes von Flugzeugen, problemlos zu finden.

Seit April 2011 koordiniert das Artificial Life Lab der Karl-Franzens-Universität Graz unter der Leitung von Thomas Schmickl das internationale EU-Projekt CoCoRo (Collective Cognitve Robots). Besonders an dem Projekt ist, dass der Unterwasser-Roboterschwarm als Ganzes ein einfaches „kollektives Bewusstsein“ entwickelt. Zum Beispiel sind sich die einzelnen U-Boote der gesamten Schwarmgröße (die sich jederzeit beliebig ändern kann) bewusst und lassen dies in die Schwarm-Entscheidungen einfließen. Entscheidungen trifft der Schwarm dann in seiner Gesamtheit, wie das auch bei sozialen Insekten (Bienen, Ameisen, Wespen) passiert. Die Programme der einzelnen Roboter sind auch vom Verhalten dieser Lebewesen inspiriert.

Wesentlicher Vorteil dieser Herangehensweise ist: Der Schwarm in seiner Gesamtheit kann Aufgaben lösen, die weder der einzelne von Menschen gesteuerte Roboter noch eine Gruppe dieser Exemplare überhaupt bzw. auf annähernd hohem Niveau lösen könnte. So kann sich der Schwarm bei Aufgaben – wie dem Finden von Giftfässern in trüben und turbulenten Meeres-Regionen – immer wieder an geänderte Umwelt- oder Strömungsverhältnisse anpassen. Selbst wenn einer oder mehrere der Schwarmroboter ausfallen, können die anderen trotzdem ihre Aufgabe erfüllen, ohne dass Menschen eingreifen müssen und die Suche von Neuem gestartet werden müsste.

Die technische Herausforderung ist die Fähigkeit der Roboter im 3D-Raum in der Gruppe zu navigieren und dort miteinander zu kommunizieren. Sie sind, ähnlich wie Tiere, mit verschiedenen „Sinnen“ ausgestattet. Die CoCoRo-Roboter kommunizieren mit „blue-light“, elektrischen Potenzialfeldern, Schall und Funk. Das CoCoRo-Schwarmsystem besteht aus einer Basisstation an der Wasseroberfläche, über die Menschen mit dem Schwarm interagieren können, sowie dem Schwarm selbst, der unter Wasser auf Suchmission unterwegs ist. Über GPS oder andere globale Daten können Botschaften wie Wetter oder Strömungsdaten über die Basisstation in den Schwarm eingefüttert werden oder kann der Schwarm selbst seine Erkenntnisse (Koordinaten des Fundortes einer Blackbox) an den Menschen senden.

Das EU-Projekt (FP7) wird vom Artifical Life Lab der Universität Graz koordiniert. Internationale Partner sind die Scuola Superiore Sant'Anna (Italien, Roboter-Hardware), Universität Stuttgart (Deutschland, Roboter-Hardware, Elektronik), Universität York (Großbritannien, Betriebssystem, Schwarmprogramme), Université Libre de Bruxelles (Belgien, Schwarmprogramme) und die Universität Graz (Koordination, bio-inspirierte Algorithmen).

Das Projektbudget beträgt insgesamt 2,9 Millionen Euro, 735.000 Euro davon fließen nach Graz.

Zu Projektende im Jahr 2014 werden voraussichtlich neben der Basisstation 20 Schwarm-Roboter vom Typ “Lily“ und 20 Schwarm-Roboter vom Typ „Jeff“ in Betrieb sein. Bereits jetzt, mit 20 Robotern, ist der CoCoRo-Schwarm der welt-größte autonome Unterwasser-Roboterschwarm. Mit diesem Schwarm werden einerseits Mechanismen der Intelligenz bzw. des kollektiven Bewusstseins erforscht, andererseits bieten die Forschungsergebnisse die Basis für Folgeprojekte, bei denen die neue Technologie in größere Roboter eingesetzt werden kann. Deren Ziel es ist, nach bestimmten Gegenständen wie Giftmüll-Behältern, Blackboxes oder Lecks in Pipelines zu suchen.

Kontakt:
Dr. Thomas Schmickl
Leiter des Artifical Life Lab Graz
Tel: +43 (0) 380-8759
E-Mail: thomas.schmickl(at)uni-graz.at

Media Contact

Mag. Gudrun Pichler idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Ökologie Umwelt- Naturschutz

Dieser Themenkomplex befasst sich primär mit den Wechselbeziehungen zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren, aber auch im weiteren Sinn zwischen einzelnen unbelebten Umweltfaktoren.

Der innovations report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Klimaschutz, Landschaftsschutzgebiete, Ökosysteme, Naturparks sowie zu Untersuchungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer