Stabil beim Stehen, mobil beim Gehen

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Forschungsprojekt „Messtechnikbasierte Gangoptimierung“ mit dem „Innovationspreis Medizintechnik 2010“ ausgezeichnet.

Es ist ein gemeinsames Vorhaben von TU Berlin, der Orthopädischen Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover, dem Unternehmen Otto Bock HealthCare und dem Rehabtech Research Lab, dem neuen An-Institut der TU Berlin.

Ziel des Projektes ist es, die Prothesen von Oberschenkel-Amputierten zu verbessern und gesundheitliche Schäden, die infolge eines mangelhaften Prothesenaufbaus hervorgerufen werden, zu verhindern. „Wir wollen eine mobile Ganganalyse entwickeln, also eine Messtechnik, die in die Prothese integriert wird, damit die Bewegungsdaten des Patienten nicht nur unter Laborbedingungen, sondern in realen, alltäglichen Situationen und im Sanitätshaus, bei der Versorgung des Patienten, gemessen werden können“, erklärt der TU-Professor Dr.-Ing. Marc Kraft, der das Vorhaben leitet.

Aus den gewonnenen Daten wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Bewertungskriterien für den Bewegungsablauf mit einer Prothese ableiten, um den Aufbau einer Oberschenkel-Prothese optimal gestalten zu können. Ein unphysiologisches Gangbild und daraus resultierende gesundheitliche Schäden werden vermeidbar.

In Deutschland leben laut Schätzungen 300.000 Beinamputierte, etwa 100.000 von ihnen sind am Oberschenkel amputiert. Ist eine Prothese nicht optimal auf den Patienten eingestellt oder weist Mängel in der Konstruktion und im Aufbau auf, kann das zu Folgeschäden führen wie Arthrose, Osteoporose und Rückenschmerzen.

„In der gegenwärtigen Praxis ist der Patient auf das Wissen und die Erfahrungen des Orthopädie-Technikers angewiesen, der oft nur per Augenschein das Gangbild des Beinamputierten beurteilen kann und gegebenenfalls Veränderungen an der Prothese vornimmt “, so Marc Kraft, Leiter des Fachgebietes Medizintechnik. Für eine optimale Versorgung des Oberschenkelamputierten wäre es aber notwendig, dass der Orthopä-die-Techniker auch Daten zu Gelenkkräften, Drehmomenten, Gelenkwinkel, Winkelgeschwindigkeiten und Beschleunigungen von Prothesen-Segmenten in seine Entscheidungen einbeziehen kann, um das Gangbild einschätzen und verbessern zu können.

Die TU Berlin und die Firma Otto Bock haben bereits gemeinsam ein Messsystem entwickelt, das die innerhalb der Prothese wirkenden Kräfte auf ein Gelenk oder Element misst. Was fehlt, sind Daten zu Drehbewegungen, Beschleunigungen oder Neigungen von Prothesen-Segmenten. Deshalb soll das Messsystem um sogenannte Inertialsensoren erweitert werden, die genau diese Bewegungsdaten erfassen. Die Analyse dieser Daten in einer neuen Software, die ebenfalls innerhalb des Forschungsprojektes entwickelt wird, lässt dann Rückschlüsse auf den statischen Aufbau einer Prothese und ihre dynamischen Eigenschaften zu.

Der wissenschaftliche Anspruch des Projektes, so Marc Kraft, liege vor al-lem darin, Parameter für einen biomechanisch optimalen Bewegungsablauf zu definieren, der dem Gang eines gesunden Menschen so nah wie möglich kommt. „Das heißt, wir werden erstmalig ein grundlegendes Bewegungsmodell für Oberschenkelamputierte entwerfen. Aus den Daten, auf denen das Modell basiert, können wir dann Empfehlungen ableiten, die die statischen und dynamischen Eigenschaften einer Prothese verbessern“, so Kraft.

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Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Prof. Dr.-Ing. Marc Kraft, Fachgebiet Medizintechnik, Institut für Konstruktion, Mikro- und Medizintechnik, Dovestraße 6, 10587 Berlin, Tel.: 030/314-23388, E-Mail: marc.kraft@tu-berlin.de

Die Medieninformation zum Download:
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„EIN-Blick für Journalisten“ – Serviceangebot der TU Berlin für Medienvertreter:
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