Schweißroboter verkürzt Fertigungszeiten beim Bau von Gasturbinen

Der weltweite Energiehunger nimmt weiter zu. Besonders die umweltfreundlichen Energieerzeugungsverfahren werden stark nachgefragt. Bei den Großkraftwerken gilt die Stromerzeugung mittels Gasturbine, wie sie Siemens im Werk Berlin für den Weltmarkt fertigt, als zukunftsweisend.

Besonders die Länder mit Erdgasvorkommen verstromen zunehmend Gas und verkaufen die Elektrizität ins Ausland. Damit lässt sich unter dem Strich mehr Geld verdienen und die Infrastruktur der Lieferländer nachhaltig entwickeln.

Die derzeit leistungsstärkste Siemens-Gasturbine liefert 340 MW und ist die größte und leistungsstärkste Gasturbine der Welt. Damit lässt sich die Bevölkerung einer Stadt wie Hamburg mit Strom versorgen. Die Nachfrage ist entsprechend groß und mit Blick auf das Gesamtportfolio ist das Werk für gut drei Jahre ausgebucht.

Trotz der übervollen Auftragsbücher geht der Hersteller den Weg, Baugruppen nur selektiv zuzukaufen und besonders anspruchsvolle Komponenten selbst zu fertigen.

Siemens investiert in Roboterschweißanlage

Um dennoch mehr Gasturbinen bauen zu können, optimiert Siemens seine Fertigung stetig und investierte beispielsweise vor kurzem in eine Roboterschweißanlage von Cloos. Im konkreten Fall galt es, das 30 t schwere Endstück der Gasturbine – im Fachjargon Auskleidung des Turbinenlagergehäuses genannt – deutlich schneller zu schweißen.

Die etwa 340 m Kehl- und V-Nähte wurden früher per Hand verschweißt, was den Mitarbeitern körperlich einiges abverlangt hat. Außerdem sollte die Verarbeitungsqualität weiter steigen, um die Nacharbeit an den Schweißnähten zu minimieren. Der Erfolg in Zahlen kann sich sehen lassen: Der Roboter reduziert die Schweißzeit von 114 auf 80 Stunden. Und die Nacharbeit sank um über 10%.

Der Schweißroboter bewegt sich auf einer C-Säule

Um die großen Turbinenteile mit bis zu 4 m Durchmesser und 2 m Tiefe optimal schweißen zu können, hat Cloos den Roboter vom Typ Romat 350 an einem fast 10 m hohen C-Ständer montiert. Im Zusammenspiel von Boden-, Höhen- und Querfahrwerken sowie einem Dreh-Kipptisch erreicht der gelenkige Roboter in dem komplexen 30-t-Bauteil über 80% der Schweißnähte.

Die Romat-Schweißroboter sind in Drehgelenkbauweise ausgeführt und verfügen über sechs Bewegungsachsen. Der Typ 350 hat zudem eine verlängerte 3. Achse mit über 2200 mm Reichweite für eine optimale Zugänglichkeit der großvolumigen Bauteile.

Schweißroboter arbeitet mit Wiederholgenauigkeit von unter 0,1 mm

Dynamische Servoantriebe ermöglichen eine hohe Tragfähigkeit von 15 kg und die genauen Kompaktgetriebe sorgen für eine hohe Wiederholgenauigkeit von unter 0,1 mm. Die Steuerung Rotrol II steuert die sechs Roboterachsen sowie bis zu zwölf weitere externe Achsen, beispielsweise der Positioniereinheit.

Anhand der CAD-Bauteildaten hat Cloos parallel zur Entwicklung und Fertigung der Roboteranlage bereits die Lage und Beschaffenheit der Schweißnähte für die Programmierung der Steuerung simuliert. Das verkürzte die Inbetriebnahme deutlich, weil lediglich wenige Programmänderungen am Originalteil gemacht werden mussten, um zum Beispiel die verschiedenen Vorrichtungen vor Ort zu berücksichtigen.

Roboter und Positionierer sind so gelenkig, dass nur noch etwa 20% der Arbeit von Hand erledigt werden müssen. Dazu hat Siemens eine spezielle Arbeitsbühne geordert, die das Anlagenpersonal bis auf luftige 6,5 m Höhe bringen kann.

MAG-Schweißverfahren für sichere Edelstahlverbindungen

Geschweißt werden die Kehl- und V-Nähte meist 3-lagig im MAG-Verfahren. Um bei diesem Lichtbogenschweißprozess optimale Ergebnisse zu erzielen, wird der abschmelzende Schweißdraht entsprechend der Nahtform und Schweißgeschwindigkeit über das Duo-Drive-System in veränderbarer Geschwindigkeit kontinuierlich nachgeführt.

Außerdem werden dem Schutzgas zusätzlich aktive Gasbestandteile beigemischt, um die Schweißverbindung entsprechend den besonderen technischen Erfordernissen zu beeinflussen. Siemens verwendet eine Gasmischung von 78% Argon, 20% Kohlendioxid und 2% Helium, um die dickwandigen Teile aus Edelstahl sicher zu verbinden.

Ein taktiler Sensor findet sicher den Nahtanfang. Und ein Lichtbogensensor sorgt für die Nahtverfolgung und steuert den Schweißkopf so, dass Siemens keinen erhöhten Aufwand für die Nahtvorbereitung und Spaltbreiten betreiben muss.

Schweißstromquelle mit Mikroprozessorsteuerung

Die hohen Schweißströme liefert die Schweißstromquelle Quinto GLC 603, die mit einem maximalen Strom bis 600 A über genügend Leistungsreserven verfügt. Eine sehr schnelle Regelung und eine Mikroprozessorsteuerung für die Programmierung der Kennlinien sind die Basis, die Schweißanlage optimal auf den Werkstoff und die Schweißnähte einzustellen.

Auf einem großen LC-Display findet der Bediener alle Informationen im Klartext. Das Handrad sorgt für eine einfache und schnelle Eingabemöglichkeit der Parametersätze, von denen sich bis zu 20000 hinterlegen lassen. Damit ist die einmal programmierte Qualität jederzeit wieder abrufbar.

Um die Siemens-Mitarbeiter umfassend auf die neue Fertigungstechnik vorzubereiten, stellte die Cloos-Niederlassung Berlin den Gasturbinen-Fachleuten einen Vorführroboter zur Verfügung. Daran konnten der Umgang mit dem Roboter trainiert und die optimalen Parameter gefunden werden. Aufgrund der positiven Erfahrungen hat Siemens den Testroboter gekauft und nutzt ihn heute für weitere Schweißversuche und -entwicklungen.

Dipl.-Ing. Walter Lutz ist freier Fachjournalist in 35708 Haiger. Dipl.-Ing. Gerd Zimmermann ist Projektmanager Sondermaschinen bei der Carl Cloos Schweißtechnik GmbH in 35708 Haiger.

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Walter Lutz und Gerd Zimmermann MM MaschinenMarkt

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