Schnellfähren als tödliches Risiko für Wale – ein unterschätztes Problem

Gemeinsame Pressemitteilung von M.E.E.R. e.V. und Deutsche Umwelthilfe e. V.

Der Wal schwimmt langsam nahe der Oberfläche und erkennt die große Gefahr nicht, die auf ihn zukommt. Erst im letzten Moment rollt er sich auf die Seite – eine scheinbar hilflose Bewegung – dann wird er vom Rumpf des Frachters erfasst.

Die dramatischen Bilder sind jetzt im Internet zu sehen, es ist der erste gefilmte Fall der Kollision zwischen einem Schiff und einem Wal. Warum hat der Wal das Schiff nicht wahrgenommen? Konnte er es nicht hören? Warum passieren solche Unfälle und wie oft? Diese Fragen beschäftigten jetzt Wissenschaftler aus aller Welt, die sich zu einem von der Internationalen Walfangkommission (IWC) organisierten Workshop in Südfrankreich trafen und über mögliche Schutzmaßnahmen berieten.

Kollisionen zwischen Schiffen und Walen stellen mittlerweile eine ernste Gefahr für mehrere Walpopulationen dar – besonders trifft dies auf vom Aussterben bedrohte Populationen zu, wie die letzten nicht einmal mehr 400 Nördlichen Glattwale vor der Ostküste der USA oder die Finnwale im Mittelmeer. Die Tiere werden von Schiffen überfahren, oft mit tödlichem Ausgang. Betroffen sind auch die Pottwale vor den Kanarischen Inseln. Ihre Kadaver werden häufig sogar nur noch in Teilen angeschwemmt, glatt abgetrennt von den Rümpfen der Katamaran-Fähren.

Aber nicht nur moderne Schnellfähren stellen eine Gefahr dar. „Das Problem ist jahrelang unterschätzt worden. Es konzentriert sich dort, wo große Schiffe mehr als 13 bis 14 Knoten schnell fahren und die Waldichte hoch ist“, sagt Fabian Ritter vom Berliner M.E.E.R. e.V., einer der Teilnehmer des Workshops.

„Der weltweit stark ansteigende Schiffsverkehr und die immer schnelleren Schiffe verschärfen das Risiko für die Wale von Jahr zu Jahr. Aber auch bei Segelregatten und so genannten Ocean Races häufen sich die Kollisionen.“ Hier kam es schon öfter zu lebensbedrohlichen Havarien und Verletzungen von Seglern und zu Todesfällen bei den Walen.

„Wie viele Kollisionen tatsächlich stattfinden, weiß kein Mensch, doch werden immer mehr Fälle bekannt“, ergänzt Ulrich Stöcker, Leiter Naturschutz bei der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH). Die Dunkelziffer ist aber vermutlich hoch, da längst nicht alle überfahrenen Tiere gefunden oder gemeldet werden und nicht immer eindeutig bestimmt werden kann, ob ein Wal durch ein Schiff getötet wurde. „Das Thema gehört auf die Tagesordnung internationaler Schutzabkommen und nationaler Regierungen“, sagt Stöcker.

Zur Minderung des Kollisionsrisikos gibt es eine Reihe technischer Mittel wie z.B. Infrarotkameras, Sonargeräte, passive akustische Methoden oder komplizierte Netzwerke zur Warnung von Schiffen in Echtzeit. „Keine davon kann als 'Patentlösung' betrachtet werden, bei den meisten gibt es große Zweifel an der Effektivität“, so Ritter weiter. M.E.E.R. e.V. und DUH fordern deshalb, dass Schiffe, die walreiche Gewässer oder gar Schutzgebiete durchqueren, ihre Geschwindigkeit auf 13 Knoten oder weniger verringern. „Zusätzlich sollten sie stets einen speziellen Wal-Ausguck haben. Auch über die Verlegung von Schifffahrtsrouten muss ernsthaft nachgedacht werden“, sagt Fabian Ritter.

Mehr Öffentlichkeit kann zum Beispiel Urlauber für das Thema sensibilisieren, die ja in aller Regel die Natur schonen wollen, in der sie ihre Ferien verbringen. Hierzu hat M.E.E.R. e.V. eine von der DUH geförderte neue Website-Rubrik ins Netz gestellt, wo die Problematik zum ersten Mal im deutschsprachigen Web ausführlich dargestellt ist (www.m-e-e-r.de/473.0.html ). „Wir hoffen, dass dieser Informationspool eingehend von Urlaubern, Reiseunternehmen, Umweltbehörden und den Medien genutzt wird“, so Stöcker.

Der gemeinnützige Verein M.E.E.R. hat seinen Sitz in Berlin und setzt sich für den Schutz der Wale und Delfine und ihrer Lebensräume ein. Sein Projekt MEER La Gomera auf den Kanarischen Inseln, das als ein herausragendes best-practice Beispiel für ökologisches Whale Watching gilt, hat seit vielen Jahren mit den Schnellfähren zu kämpfen, die mitten durch das Untersuchungsgebiet pflügen.

Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) ist ein gemeinnütziger und unabhängiger Umwelt- und Verbraucherschutzverband. Sie wurde 1975 gegründet und bietet ein Forum für Umweltorganisationen, Politiker und Entscheidungsträger aus der Wirtschaft. Gemeinsam setzen wir uns für einen schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen ein und entwickeln Chancen für nachhaltige Wirtschaftsweisen und umweltfreundliche Produkte.

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Ulrich Stöcker DUH

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