Santorini: Baumringe stützen Zeitpunkt des Vulkanausbruchs

Image and wood density profile of a branch cross-section from an olive tree: no clear annual rings can be distinguished because of several intra-annual density fluctuations. Grafik: Cherubini et al., PLoS ONE 2013; Photo: David Mannes, Paul Scherrer Institut.

Seit den 1980er Jahren weisen einige Forschungsarbeiten darauf hin, dass der griechische Vulkan Santorini nicht wie bisher angenommen im 16., sondern möglicherweise bereits im 17. Jahrhundert vor Christus ausgebrochen sein könnte.

Würde sich diese Datierung erhärten, müsste die kulturgeschichtliche Entwicklung für den östlichen Mittelmeerraum neu geschrieben werden. Den jüngsten Anlass, den Zeitpunkt des Vulkanausbruches vorzudatieren, gab eine Studie aus Dänemark, die mit der Radiokarbonmethode (14C-Datierung) Olivenholz aus der Epoche des Vulkanausbruchs untersuchte.

Diese Methode kann allerdings keine zuverlässigen Resultate liefern, wie ein internationales Forscherteam um Paolo Cherubini von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL in der Fachzeitschrift „Antiquity“ nachweist.

Die Wissenschaftler zeigen, dass die 14C-Datierung einzelner, von Vulkanasche eingeschlossener Olivenholzstücke zu unsicher ist, um jahresgenau zu datieren.

„Die Untersuchung derartiger Holzreste ist nur sinnvoll, wenn sich klar nachweisen lässt, dass die Bäume zum Zeitpunkt der Eruption noch lebten. Bei alten Olivenbäumen im Mittelmeerraum ist es jedoch durchaus üblich, dass diese abgestorbene Äste über mehrere Jahrzehnte behalten“, sagt Paolo Cherubini.

Wird eine 14C-Datierung durchgeführt, so muss sich diese auf eine internationale Referenzkurve stützen, die für die Zeit des Vulkanausbruchs auf Jahrringmessungen von über 4000 Jahre alten Bäumen basiert.

Olivenbäume bilden zahlreiche Pseudo-Jahrringe

Paolo Cherubini hat Holz von zahlreichen Olivenbäumen in Südeuropa untersucht und nennt die Grenzen der Datierung durch Jahrringe: „Olivenholz bildet in einer so warmen Region wie Santorini aufgrund häufiger Trockenperioden im Sommer und frühlingshafter Winter oft nur schwer erkennbare Jahrringe. Stattdessen erkennt man innerhalb einzelner Ringe wolkenähnliche Holzdichteschwankungen.“ Diese Strukturen entstehen vor allem in trockenen Jahreszeiten. Solche „Wolken“ kann auch eine Fachperson leicht mit einem echten Jahrring verwechseln. So könne beispielsweise ein auf 72 Jahre datiertes Olivenholzstück auch nur 30 Jahre alt sein.

In einem so genannten Blindtest legte Cherubini kürzlich 10 Experten in fünf Jahrringlabors mehrerer Länder die gleichen Holzproben von Olivenbaumästen zur Datierung vor, die von heute in Santorini wachsenden Bäumen stammen. Das Ergebnis war, wie erwartet, ernüchternd: die Anzahl der bestimmten Jahrringe variierte zwischen den Labors um mehr als 44%. Allein aufgrund dieser Unsicherheit erscheint es unmöglich, ein Holzstück aus der Epoche des Vulkanausbruchs genau zu datieren. Hinzu kommt, dass die gleiche Menge des Kohlenstoffisotops (14C) in der zur Verfügung stehenden Referenzkurve durchaus zu verschiedenen Datierungen führen kann. Nur exakt datierte Jahrringe würden jedoch eine korrekte Altersbestimmung erlauben. Cherubini und sein Autorenteam kommen daher zum Schluss, dass die Altersbestimmung von Olivenholz mit Hilfe der 14C-Methode höchst ungenau ist.

Die erwähnten Unsicherheiten können gemäss Cherubini durchaus zu Unterschieden in der Datierung eines Naturereignisses führen, die mehrere Jahrzehnte umfassen kann. Der Wissenschaftler ist daher überzeugt, dass sich die Annahme, der Vulkan Santorini sei fast ein Jahrhundert früher ausgebrochen, mit den derzeit angewendeten Methoden nicht erhärten lasse. Zielführender sieht er interdisziplinäre Untersuchungen, in denen Archäologen, Klimatologen, Erdwissenschaftler, Jahrringforscher und Historiker eng zusammenarbeiten und die Ergebnisse ihrer Disziplinen so eng miteinander verknüpfen, dass daraus eine gemeinsame Sicht entsteht.

http://www.wsl.ch/medien/news/Santorini_2014/index_DE News-Meldung Eidg. Forschungsanstalt WSL (Schweiz)

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Reinhard Lässig idw - Informationsdienst Wissenschaft

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