Rettungspaket: Finanzchefs orten Bumerang-Effekt

Finanzexperten haben in den Rettungspaketen der Regierungen Gefahren geortet, die die Wirtschaft in den USA und Europa in noch größerem Ausmaß bedrohen als die Auswüchse der aktuellen Finanzkrise.

Aufgrund der zunehmenden Abhängigkeit der Unternehmen sowie der Konjunktur von staatlichen Kapitalspritzen könne der jetzigen Rezession ein zweiter noch tieferer Abschwung folgen. Die Rettungsmaßnahmen würden bei vielen Begünstigten ein Verhalten nach „Hängematten-Prinzip“ auslösen und in den Märkten zu wenig greifen.

Aus eigenen Kräften seien die Unternehmen daher nach Überwindung der globalen Krise nicht in der Lage, die gestützten Strukturen aufrecht zu erhalten. Zudem dürften die Mittel der Staaten bei einer weiterhin derart großzügigen Kapitalverteilung nach der Rezession aufgebraucht sein. Zu einer neuerlichen großen Rettungsaktion seien sie daher nicht mehr in der Lage, weshalb ein zweiter Abschwung noch schwerwiegender ausfallen könne als dieser. In den Finanzspritzen der Regierungen stecke damit ein Bumerang-Effekt. Der Wirtschaft sei dadurch lediglich ein Aufschub gewährt.

„Man kann nicht pauschal sagen, dass die Rettungspakete nicht wirken. Gleichzeitig kann man jedoch auch nicht davon ausgehen, dass sie dies tun. Gewiss ist derzeit lediglich eine enorme Unsicherheit“, meint Ferdinand Pavel, Projektmanager beim Tochterunternehmen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) DIW Econ, im Gespräch mit pressetext.

Zwischen den Rettungsmaßnahmen zugunsten von Unternehmen und ganzen Branchen wie dem Finanzsektor oder der Autoindustrie sowie den Konjunkturpaketen der Regierungen müsse zwar differenziert werden. Klar sei jedoch, dass dem Staat eine genaue Risikoabschätzung für angeschlagene Unternehmen wie etwa Opel unmöglich sei. „Das haben im Vorfeld auch die Banken mit ihren hoch ausgebildeten Experten nicht geschafft“, unterstreicht Pavel. Bei den Konzernen könnten trotz Finanzspritzen Folgekosten entstehen, die derzeit noch nicht abzuschätzen seien.

Wie bzw. nach welchen Kriterien die Verteilung der öffentlichen Gelder erfolgt, sei derzeit zu undurchsichtig. Es sei nicht klar geregelt, welche Konzerne auf Unterstützung hoffen dürfen und welche nicht. „Vermutlich sind es jene, die am lautesten schreien und die meisten bedrohten Arbeitsplätze vermelden können“, spekuliert Pavel im pressetext-Gespräch. So befindet sich etwa die angeschlagene Automarke Opel weiterhin in Ungewissheit und wartet auf mögliche Rettungsmaßnahmen. In der Causa hat Bundeskanzlerin Angela Merkel den Konzern als „kein systemrelevantes Unternehmen“ bezeichnet. Nach Berechnungen der IG Metall gefährde eine Insolvenz des Hauses hingegen europaweit bis zu 400.000 Arbeitsplätze.

Wie eine Erhebung unter Finanzvorständen aus Europa und den USA der Universität Tilburg und der Duke University aufzeigt, hat die Mehrheit der CFOs kein Vertrauen in die staatlichen Stützungsmaßnahmen für die Wirtschaft. So wird etwa dem 787 Mrd. Dollar teuren Wirtschaftsplan durch Barack Obama nur von 32 Prozent der US-amerikanischen Finanzchefs zugetraut, einen ökonomischen Aufschwung herbeiführen zu können.

65 Prozent der CFOs gehen zudem davon aus, dass die Rezession mindestens bis 2010 dauern wird, 14 Prozent sehen eine Erholung erst 2011. „Dass die Krise weitere 15 Monate anhält, ist absolut im Bereich des Möglichen. Diesbezüglich fischen derzeit alle im Trüben“, betont Pavel. 32 Prozent der Finanzvorstände nehmen an, dass die Rettungspläne der Wirtschaft schaden werden.

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Manuel Haglmüller pressetext.deutschland

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