Reaktive Sauerstoffspezies in Krebszellen

Reaktive Sauerstoffspezies in Krebszellen
(c) Wiley-VCH

Bauchspeicheldrüsenkrebszellen haben einen erhöhten Spiegel an Wasserstoffperoxid.

Reaktive Sauerstoffspezies spielen mutmaßlich eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Krebserkrankungen. Ergebnisse einer Studie in der Zeitschrift Angewandte Chemie belegen nun, dass nur der Spiegel von Wasserstoffperoxid, aber nicht der von anderen reaktiven Sauerstoffspezies in Bauchspeicheldrüsenkrebszellen signifikant erhöht ist. Damit könnte Wasserstoffperoxid zum interessantes Ziel in der Krebsbekämpfung werden, schreibt das Team.

Reaktive Sauerstoffspezies gehören zu normal funktionierenden Körperzellen. Sie entstehen in zellulären Prozessen und können Zellbausteine wie Lipide und andere Moleküle angreifen und verändern, werden aber ihrerseits durch die Zelle auf vielfache Weise unschädlich gemacht. Bei Krebszellen scheint diese Up-Down-Regulation jedoch gestört zu sein, weshalb viele Studien, die sich mit der Krebsentstehung befassen, reaktive Sauerstoffspezies besonders im Visier haben.

Allerdings ist die Analyse dieser kleinen Moleküle schwierig, da sie sehr kurzlebig sind. Für drei prominente Mitglieder der Gruppe, nämlich Wasserstoffperoxid, Superoxid und Hydroxylradikale, hat nun ein Forschungsteam um Renato Zenobi von der ETH Zürich selektiv messen können, wie sich der Gehalt in Krebszellen verändert. Mit selektiven chemischen Reaktionen, einer empfindlichen massenspektrometrischen Methode sowie biologischen Assays wiesen die Forscher:innen nicht nur die jeweiligen Konzentrationen der drei Spezies nach. Sie konnten auch zeigen, dass gerade Wasserstoffperoxid gegenüber den anderen Molekülen in Krebszellen der Bauchspeicheldrüse deutlich erhöht ist und dieser erhöhte Spiegel zur Vitalität der Krebszellen entscheidend beiträgt.

Die Studie zeigte ebenfalls, dass krebsfördernde Mutationen die Genexpression von Enzymen unterdrückten, die Wasserstoffperoxid abbauen. Der höhere Gehalt an Wasserstoffperoxid veränderte zudem die Lipidzusammensetzung der Zelle. Da Krebszellen sich sehr schnell teilen, benötigen sie viele Lipide, um neue Membranen zu bilden. Wurde das Enzym Catalase, das Wasserstoffperoxid abbaut, unterdrückt, waren in der Zelle mehr solcher Lipide zu finden, die für die Krebszellmembran typisch sind.

Die Autor:innen zogen den Schluss, dass in Zellen des Bauchspeicheldrüsenkrebs die Down-Regulation von Wasserstoffperoxid gestört ist – weshalb mehr von dieser Spezies nachweisbar war. Da offenbar nur Wasserstoffperoxid und nicht die anderen reaktiven Sauerstoffspezies fehlreguliert sind, sollten, so lautet die Empfehlung, diese Moleküle nicht mehr als Einheit erfasst, sondern differenziert betrachtet werden. Neue Techniken machten eine solche Unterscheidung möglich.

Angewandte Chemie: Presseinfo 03/2023

Autor/-in: Renato Zenobi, Eidgenöss. Techn. Hochschule Zürich (Switzerland), https://zenobi.ethz.ch/

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.
Die „Angewandte Chemie“ ist eine Publikation der GDCh.

Originalpublikation:

https://doi.org/10.1002/ange.202213703

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Dr. Karin J. Schmitz Abteilung Öffentlichkeitsarbeit
Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

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