PPP – Forscher loten Chancen für Kommunen aus

Als das Institut für Immobilienökonomie und Projektmanagement (IIP) der Hochschule Biberach 2008 mit dem Forschungsprojekt „PPP: Risikotransfer und innovative Finanzierungsformen – Projektfinanzierung als Herausforderung für mittelständische Bauunternehmer (PRuF)“ im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung startete, da war die Ausgangssituation eine völlig andere als heute: PPP (deutsch Öffentlich-Private Partnerschaften – ÖPP) waren im Aufwind – und die Professoren Dr. Gotthold Balensiefen und Dr. Hans Mayrzedt wollten sich mit den besonderen Herausforderungen für mittelständische Unternehmen beschäftigen. Inzwischen haben sich die Rahmenbedingungen drastisch geändert und damit die Ausrichtung für das Forschungsprojekt.

„In Zeiten der Kapitalmarktkrise und sinkender Steuereinnahmen der öffentlichen Daseinsversorgung im Bereich der Infrastruktur,“ so Balensiefen, „müsse nach wirtschaftlichen Beschaffungsvarianten und Planungsformen Ausschau gehalten werden“. Als Beispiel nennt der Forscher, der Mitglied des PPP-Beirates des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg ist, die vielerorts dringend notwendige Erweiterung und Sanierung von Schulen. Allein der Betrieb verursache über den Zeitraum von 30 Jahren das drei- bis vierfache der Baukosten. Hier setzen Öffentlich-Private Partnerschaften an, in dem private Bauunternehmen nicht nur mit dem Bau beauftragt, sondern auch in die Betriebsverantwortung über einen Lebenszyklus einer Infrastruktureinrichtung genommen werden, so Balensiefen. Und gerade in diesem Bereich habe sich die Situation seit der weltweiten Finanzkrise verschlechtert, denn Unternehmen erhalten kaum mehr die hierfür notwendigen Kredite.

Balensiefens Forschergruppe plädiert deshalb für die Möglichkeit der Herausnahme der privaten Finanzierung aus ÖPP-Projekten und damit der Möglichkeit der klassischen Kommunalkreditfinanzierung auch bei ÖPP-Projekten. Die private Finanzierung scheine kein unabdingbares Element von ÖPP-Projekten zu sein, so Balensiefen. Der private Projektträger müsse nicht derjenige sein, der die im Wettbewerb beste Finanzierung mitbringt. Eine Entkoppelung von Bau und Betrieb einerseits und der Finanzierung andererseits käme auch dem Mittelstand entgegen. So genannte Forfaitierungsmodelle seien sowohl gegenüber der Projektfinanzierung (Risikostruktur, Umgehungsgefahr von Kreditbegrenzungsvorgaben) als auch gegenüber der klassischen Finanzierung (Zinszuschlag) defizitär.

ÖPP-Modelle blieben so für mittelständische Bauunternehmen erfolgreiche Modelle und sicherten gleichzeitig qualitativ hochwertige und zuverlässige Bau- und Betriebsleistungen für Schulen, Verwaltungsgebäude, Feuerwachen oder ähnliche kommunale oder staatliche Einrichtungen. Entscheidend sei letztlich der Lebenszyklusansatz für Einrichtungen der öffentlichen Infrastruktur: Bau und Betrieb müssen im Hinblick auf Nutzen, Kosten und Risiken zusammen betrachtet werden, so Balensiefen. Dies sei auch nichts Neues: 1863 habe Biberach wie viele andere Städte auch Bau und Betrieb der gasbetriebenen Stadtbeleuchtung privat vergeben: für 40 Jahre an die „L.A. Riedingersche Maschinen- und Bronzewarenfabrik“ als Vorläuferin der Vereinigten Gaswerke Augsburg, bis die Stadt Biberach 1903 die Gasversorgung in eigener Regie übernahm, so Balensiefens historisches Beispiel.

Der jetzt stattfindende Workshop wird die vorläufigen Forschungsergebnisse vorstellen und Experten zusammenführen, die sich insbesondere mit den Fragen der von Privaten zu übernehmenden Risiken und Finanzierungsmöglichkeiten solcher Projekte befassen.

Immer deutlicher, so Balensiefen, zeichne sich als Zwischenergebnis die nachhaltige Forderung nach mehr Transparenz ab: Von erheblicher Bedeutung sei eine Vereinfachung in der praktischen Umsetzung sowie eine Standardisierung der Vorgehensweisen und der Verträge.

Als Kooperationspartner für das Forschungsvorhaben konnte das IIP der Hochschule Biberach u.a. den Sparkassenverband in Stuttgart gewinnen, der seine Räumlichkeiten gleichzeitig als Veranstaltungsort bereit gestellt hat. Die Sparkassen-Finanzgruppe in Deutschland ist laut eigenen Angaben Marktführer bei der Finanzierung von PPP-Projekten. An den bislang in Deutschland umgesetzten über 140 PPP-Projekten waren an über 60 PPP-Projekten Institute der Sparkassen-Finanzgruppe beteiligt. Bezogen auf das Investitionsvolumen von über 3,22 Mrd. EUR hat die Sparkassen-Finanzgruppe einen Marktanteil von über 50 Prozent, mit einem Volumen von rund 1,7 Milliarden Euro finanziert. Die Zahlen belegen deutlich, dass die Sparkassen ihre Aufgaben als bedeutender kreditwirtschaftlicher Partner der Kommunen gerade in der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise wahrnehmen und den Kommunen bei ihrem Bedarf an langfristigen Finanzierungen zu Seite stehen.

Media Contact

Anette Schober-Knitz idw

Weitere Informationen:

http://www.hochschule-biberach.de/iip

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Seminare Workshops

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Merkmale des Untergrunds unter dem Thwaites-Gletscher enthüllt

Ein Forschungsteam hat felsige Berge und glattes Terrain unter dem Thwaites-Gletscher in der Westantarktis entdeckt – dem breiteste Gletscher der Erde, der halb so groß wie Deutschland und über 1000…

Wasserabweisende Fasern ohne PFAS

Endlich umweltfreundlich… Regenjacken, Badehosen oder Polsterstoffe: Textilien mit wasserabweisenden Eigenschaften benötigen eine chemische Imprägnierung. Fluor-haltige PFAS-Chemikalien sind zwar wirkungsvoll, schaden aber der Gesundheit und reichern sich in der Umwelt an….

Das massereichste stellare schwarze Loch unserer Galaxie entdeckt

Astronominnen und Astronomen haben das massereichste stellare schwarze Loch identifiziert, das bisher in der Milchstraßengalaxie entdeckt wurde. Entdeckt wurde das schwarze Loch in den Daten der Gaia-Mission der Europäischen Weltraumorganisation,…

Partner & Förderer