PEPSI: erste Datenveröffentlichung

Visualisierung eines PEPSI-Atlas. AIP/K. Riebe, Spectra: PEPSI, Background: J. Rendtel

Spektralatlanten sind die Fingerabdrücke von Sternen und zeigen deren astrophysikalische Eigenschaften wie Temperatur, Druck, Geschwindigkeiten und chemische Zusammensetzung. Die erste Veröffentlichung enthält einen neuen Spektralatlas der Sonne und zeigt zum ersten Mal, dass ein Instrument eines Nachtteleskops Spektren mit der Qualität eines spezialisierten Sonneninstruments erreichen kann.

Alle solaren und stellaren Spektren wurden mit einer beispiellosen spektralen Auflösung von λ/Δλ=250,000 aufgenommen, das entspricht dem 1/100stel des Durchmessers eines Wasserstoffatoms (λ ist die Wellenlänge und Δλ der kleinste gerade noch auflösbare Abstand zweier Wellenlängen), und decken den gesamten optischen bis nahinfraroten Wellenlängenbereich ab (von 383 bis 914 nm).

Das Licht der Sonne wurde auch in mehreren spektralen Zeitreihen mit bis zu 300 Einzelspektren pro Tag analysiert. Die daraus entstandenen Datensätze stehen nun der Fachgemeinschaft ebenso zur Verfügung. „Unsere Sonne oszilliert mit einer Periode von 5 Minuten.

Mit dem neuen Instrument konnten wir diese Auf- und Abwärtsbewegung der Sonnenoberfläche aus dem nicht-aufgelösten Sonnenscheibchen, wie bei einem weit entfernten Stern, mit einer Amplitude von 47 cm/s messen. Aus der Sicht eines Sternforschers eine geradezu unglaublich kleine Geschwindigkeit“, erklärt Prof. Strassmeier, Hauptverantwortlicher von PEPSI und Direktor des Forschungsbereiches Kosmische Magnetfelder am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP).

Der neue Atlas wurde auch verwendet, um die Häufigkeit von Lithium in der Sonne mit sehr hoher Präzision neu zu bestimmen. „Lithium ist ein Schlüsselelement für die Nukleosynthese im Universum und gleichzeitig ein Indikator für Mischprozesse in Sternen“, erklärt Dr. Matthias Steffen, einer der Projektwissenschaftler. Dreidimensionale dynamische Modellatmosphären und eine vollständige statistische Behandlung der spektralen Eigenschaften des Lithiumatoms kamen zum Einsatz, um die Elementhäufigkeit in der Sonne zu bestimmen.

Die 48 stellaren Atlanten in der zweiten Veröffentlichung zeigen Spektren der nördlichen Gaia-Benchmark-Sterne sowie anderer Morgan-Keenan-Standardsterne mit einer zuvor nicht verfügbaren Auflösung und einem extrem guten Signal-zu-Rausch-Verhältnis (S/N). Die letzte Größe repräsentiert das Photonenrauschen relativ zur Signalstärke eines Sterns und ist ein Maß für die Qualität der Spektren.

Bisher lag das Signal-zu-Rausch-Verhältnis für die Arbeit an astrophysikalischen Parametern typischerweise bei mehreren Hundert bei einer spektralen Auflösung von λ/Δλ von höchstens 100,000. „PEPSI und das LBT liefern nun ein Signal-zu-Rausch-Verhältnis von mehreren tausend bei dreimal höherer spektraler Auflösung“, lobt Ilya Ilyin, PEPSIs Projektwissenschaftler. „Mit diesen hervorragenden Werten erreichen wir jetzt die gleiche Spektralqualität, die für Beobachtungen unserer Sonne am Tage typisch ist, auch für Beobachtungen heller Sterne bei Nacht“, ergänzt Strassmeier.

Die dritte Publikation bestätigt, dass der Stern „Kepler-444“, der fünf subterrestrische Planeten beherbergt, ganze 10,5 Milliarden Jahre alt ist. Damit ist er mehr als doppelt so alt wie unsere Sonne und nur ein wenig jünger als das Universum. Der Stern ist auch arm an Metallen. Das chemische Häufigkeitsmuster aus dem PEPSI-Spektrum erlaubt den Rückschluss auf einen ungewöhnlich kleinen Eisenkern-Massenanteil von 24% für seine Planeten, wenn sich Stern und Planeten zusammen bildeten.

Terrestrische Planeten in unserem Sonnensystem haben typischerweise einen Massenanteil des Eisenkerns von 30%. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Planeten um metallarme Sterne weniger dicht sind als Gesteinsplaneten vergleichbarer Größe um metallreichere Sterne wie unsere Sonne“, erklärt Claude „Trey“ Mack, Projektwissenschaftler für die Kepler-444-Beobachtungen.

Die AIP-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Michael Weber, Matthias Steffen, Silva Järvinen, Matthias Mallonn, Claude Mack, Thorsten Carroll, Carsten Denker, Sydney Barnes, Daniel Sablowski, Engin Keles, Ekaterina Dineva, Alessandro Mott und Gohar Harutyunyan beteiligten sich an der ersten Datenveröffentlichung von PEPSI.

Weitere Informationen zu PEPSI und dem LBT:
https://pepsi.aip.de
http://www.lbto.org/

Online Zugang zu den Daten: siehe “Library” auf https://pepsi.aip.de

Originalpublikationen in A&A:
K. G. Strassmeier, I. Ilyin, and M. Steffen, PEPSI deep spectra. I. The Sun-as-a-star, A&A, in press; arXiv:1712.06960
K. G. Strassmeier, I. Ilyin, and M. Weber, PEPSI deep spectra. II. Gaia benchmark stars and other M-K standards, A&A, in press; arXiv:1712.06967
C. E. Mack III, K. G. Strassmeier, I. Ilyin, S. C. Schuler, F. Spada, and S. A. Barnes, PEPSI deep spectra. III. A chemical analysis of the ancient planet-host star Kepler-444, A&A, in press; arXiv:1712.06986

Wissenschaftliche Kontakte:
Prof. Dr. Klaus G. Strassmeier, 0331-7499-223, kstrassmeier@aip.de
Dr. Ilya Ilyin, 0331-7499-269, ilyin@aip.de
Christian Veillet (Large Binocular Telescope Observatory), +1 (520) 621-5286, cveillet@lbto.org

Pressekontakt: Dr. Janine Fohlmeister, 0331-7499-803, presse@aip.de

Media Contact

Dr. Janine Fohlmeister idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Merkmale des Untergrunds unter dem Thwaites-Gletscher enthüllt

Ein Forschungsteam hat felsige Berge und glattes Terrain unter dem Thwaites-Gletscher in der Westantarktis entdeckt – dem breiteste Gletscher der Erde, der halb so groß wie Deutschland und über 1000…

Wasserabweisende Fasern ohne PFAS

Endlich umweltfreundlich… Regenjacken, Badehosen oder Polsterstoffe: Textilien mit wasserabweisenden Eigenschaften benötigen eine chemische Imprägnierung. Fluor-haltige PFAS-Chemikalien sind zwar wirkungsvoll, schaden aber der Gesundheit und reichern sich in der Umwelt an….

Das massereichste stellare schwarze Loch unserer Galaxie entdeckt

Astronominnen und Astronomen haben das massereichste stellare schwarze Loch identifiziert, das bisher in der Milchstraßengalaxie entdeckt wurde. Entdeckt wurde das schwarze Loch in den Daten der Gaia-Mission der Europäischen Weltraumorganisation,…

Partner & Förderer