Organische Elektronik: Goethe-Universität entwickelt neue Leuchtstoffe

Neuentwickelte Bor-haltige Nanographene dienen als effiziente blaue Leuchtstoffe. AK Wagner

Große Fortschritte auf dem Gebiet der organischen Elektronik revolutionieren gegenwärtig die bislang Silizium-dominierte Halbleitertechnologie. So erlauben inzwischen maßgeschneiderte organische Moleküle die Herstellung leichter, mechanisch flexibler und auf die jeweilige Anwendung optimal abgestimmter elektronischer Bauelemente.

Chemiker der Goethe-Universität haben nun eine neue Klasse organischer Leuchtstoffe entwickelt, indem sie gezielt Bor-Atome in die Molekülstrukturen einschleusten. Die in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“ beschriebenen Verbindungen zeigen eine intensive blaue Fluoreszenz und sind daher für den Einsatz in Organischen Leuchtdioden (OLEDs) interessant.

Als Graphit leitet Kohlenstoff den elektrischen Strom ähnlich einem Metall. Auch seine zweidimensionale Form, die Graphenschicht, besitzt äußerst attraktive optische und elektronische Eigenschaften. In Graphen, dessen Entdecker im Jahre 2010 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurden, sind zahllose Benzolringe zu einer bienenwabenförmigen Struktur zusammengefügt. Ausschnitte aus dieser Struktur, sogenannte Nanographene oder Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAHs), bilden die Basis der organischen Elektronik.

„Lange Zeit hat man sich weitgehend darauf konzentriert, die Eigenschaften von Nanographenen durch chemische Manipulation ihrer Ränder zu beeinflussen“, so Prof. Matthias Wagner vom Institut für Anorganische und Analytische Chemie der Goethe-Universität. „In den letzten Jahren versteht man es jedoch zunehmend, auch die innere Struktur zu verändern, indem man Fremdatome in das Kohlenstoffgerüst einbettet. Hier kommt dem Bor eine herausragende Bedeutung zu.“

Ein Vergleich der neuen Bor-haltigen Nanographene mit den analogen Bor-freien Kohlenwasserstoffen belegt, dass die Boratome zwei Schlüsseleigenschaften eines OLED-Farbstoffs entscheidend beeinflussen: die Fluoreszenzfarbe verschiebt sich in den besonders gefragten blauen Spektralbereich und die Fähigkeit zum Elektronentransport wird wesentlich verbessert.

Bislang konnte man das volle Potential Bor-haltiger PAHs nur eingeschränkt nutzen, da die meisten Vertreter empfindlich gegenüber Luft und Feuchtigkeit sind. „Dieses Problem tritt bei unseren Farbstoffen nicht auf, was im Hinblick auf praktische Anwendungen wichtig ist“, erläutert Valentin Hertz, der die Verbindungen im Rahmen seiner Doktorarbeit synthetisiert hat.

Hertz und Wagner erwarten, dass Materialien wie die von ihnen entwickelten Graphenflocken insbesondere in tragbaren elektronischen Geräten einsetzbar sein werden: Als Foliendisplays für künftige Generationen von Smartphones und Tabletcomputern könnten selbst großflächige Bildschirme platzsparend eingerollt oder gefaltet werden, wenn die Geräte nicht im Gebrauch sind.

Publikation:
V. Hertz et al: Boron-Containing PAHs: Facile Synthesis of Stable, Redox-Active Luminophores, in: Angew. Chem. Int. Ed. 2015, DOI: 10.1002/anie.201502977; http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/anie.201502977/abstract

Informationen: Prof. Matthias Wagner, Institut für Anorganische und Analytische Chemie, Campus Riedberg, Tel.: (069)-798-29156, Matthias.Wagner@chemie.uni-frankfurt.de

Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 1914 gegründet mit rein privaten Mitteln von freiheitlich orientierten Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern fühlt sie sich als Bürgeruniversität bis heute dem Motto „Wissenschaft für die Gesellschaft“ in Forschung und Lehre verpflichtet. Viele der Frauen und Männer der ersten Stunde waren jüdische Stifter. In den letzten 100 Jahren hat die Goethe-Universität Pionierleistungen erbracht auf den Feldern der Sozial-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Chemie, Quantenphysik, Hirnforschung und Arbeitsrecht. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Heute ist sie eine der zehn drittmittelstärksten und drei größten Universitäten Deutschlands mit drei Exzellenzclustern in Medizin, Lebenswissenschaften sowie Geisteswissenschaften.“

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