Offline-Programmierung ermöglicht Austausch von Schweißprogrammen

Was haben die Besuchertribüne im deutschen Reichstag und die schnelllaufende Exzenterpresse eines Automobilzulieferers gemeinsam? Beide sind mit anwendungsspezifischen Schwingungsdämpfern des Berliner Herstellers Gerb ausgerüstet, um ungewollte und schädliche Schwingungen sicher zu eliminieren. Mit etwa 400 Mitarbeitern, 140 davon in Berlin, macht die Firmengruppe Gerb mit Fertigungsstandorten in Deutschland, Frankreich, Brasilien, Indien und China gut 40 Mio. Euro Jahresumsatz.

Schwingungsilger von Gerb weltweit im Einsatz

„Manchmal mussten wir schon Feuerwehr spielen, wenn die Planer auftretende Schwingungen unterschätzt hatten“, sagt Geschäftsführer Christoph von Waldow. Dass die berühmte Millenium-Bridge in London heute gefahrlos begehbar ist und wackelfreie Fernsehbilder von der Besuchertribüne des deutschen Bundestages übertragen werden können, geht auf das Kompetenzkonto des Unternehmens. Denn dort sind spezielle Schwingungstilger aus Berlin im Einsatz.

Die Feder- und Dämpferelemente gibt es in Ausführungen bis 1250 mm × 850 mm Grundfläche und 650 mm Höhe. Bis zu 1,5 t schwer sind diese Bauteile, die bis 210 t Tragfähigkeit haben. „Bei Ausführungen mit Dämpfung sorgt eine spezielle Visco-Masse zusammen mit genau abgestimmter Dämpfergeometrie dafür, dass Schwingungen wirkungsvoll zur Ruhe gebracht werden“, erläutert Fertigungsleiter Torsten-Uwe Tag.

Zwei identische Schweißroboter in zwei Werken machen flexibel

Das Unternehmen nutzt sein Werk in Frankreich auch als verlängerte Werkbank, wenn die Kapazitäten in Berlin nicht ausreichen. „Dazu haben wir zwei identische Schweißroboter hier und einen in Saint Nazaire installiert, um Aufträge flexibel hier wie da abzuwickeln“, erklärt der Fertigungsleiter.

Weil die Cloos-Roboter mit der Roboplan-Software ausgestattet sind, lassen sich Schweißprogramme offline erstellen und per Mail an den anderen Standort übermitteln. „In der Praxis werden bis zu 90% der Programmierung nach der CAD-Konstruktion am PC erledigt“, so Tag.

Die restlichen Koordinaten und Schweißparameter werden direkt am Roboter eingepflegt. „Nach erfolgreichem Testlauf übertragen wir das Schweißprogramm per Mail nach Frankreich.“ Weil die Roboterzelle dort bis auf den Millimeter mit der deutschen Anlage übereinstimmt, seien die Anpassungen vor Ort minimal.

Die Federelementgehäuse werden aus der Gerb-CAD-Anlage ins Cloos-Roboplan-System übernommen und für die späteren Schweißvorgänge bearbeitet. Mit der anschließenden Simulation der einzelnen Schweißbahnen lassen sich erste Verfeinerungen und Optimierungen vornehmen.

Roboplan-Software errechnet Koordinaten für die Robotersteuerung

Dabei werden die Bewegungen des Roboterarms und des Federelementgehäuses im Werkstück-Positionierer unter Berücksichtigung der Schweißfolge so festgelegt, dass im Fertigungsprozess bei möglichst geringem Verzug die optimalen Schweißnähte entstehen. Automatisch errechnet das Programm die Koordinaten, mit denen dann die Robotersteuerung gefüttert werden kann.

Vorteilhaft beim Umgang mit dem Roboplan-System ist die Lauffähigkeit auf einem handelsüblichen PC und die einfache Bedienbarkeit. „Das Programm ist nach einer überschaubaren Schulungszeit ohne große CAD-Kenntnisse nutzbar“, unterstreicht Torsten-Uwe Tag

Schweißroboter haben durch intelligente Nahtverfolgung die Toleranzen im Griff

Auf dem 11-achsigen Romat-Robotersystem werden die Ober- und Unterteile der Federelemente – sie bestehen aus den Stahlsorten S235 und S355 – im MAG-Verfahren geschweißt. Die Einzelteile der Schweißkonstruktionen bestehen aus bis zu 30 mm dickem Material. Sie werden mittels Brennschneidverfahren hergestellt. Die dabei auftretenden Toleranzen sind dank der Schweißtechnik und intelligenten Nahtverfolgung kein Problem.

Mit maßgenauen Magnethaltern werden die Einzelteile eines Federgehäuses zunächst auf dem Drehkipptisch des Roboters fixiert und in einem ersten Arbeitsschritt zusammengeheftet. Anschließend schweißt der Romat 350 das Federelementgehäuse innen, bevor das Gehäuse komplettiert wird und die Verschweißung der Außennähte folgt.

Schweißroboter kann gleichbleibende Qualität der Schweißnaht einhalten

„Je nach Ausführung und Bauform des Gehäuses ist die Anlage damit zwischen einer und zweieinhalb Stunden beschäftigt“, rechnet Torsten-Uwe Tag vor. „Bei Handschweißung könnte ein Mitarbeiter über diesen langen Zeitraum nur schwer die gewünschte gleichbleibende Nahtqualität erreichen.“

Außerdem leiste der Roboter einen wichtigen Beitrag zur Humanisierung der Arbeitswelt. Das sei seinem Arbeitgeber sehr wichtig, so Tag und verweist in diesem Zusammenhang auch auf die installierte Absauganlage, die 15 000 m³ Luft pro Stunde aus der Schweißerei absaugt und reinigt, damit die Mitarbeiter in sauberer Luft besser agieren können. „Die Atemluft in unseren Hallen ist besser als manche Großstadtluft“, freut sich der Fertigungsleiter.

Schweißroboter benötigen mit Peripherie nur 6 m × 6 m Grundfläche

Die Roboterkompaktanlagen der C-Serie benötigen gerade mal 6 m × 6 m Grundfläche und sind komplett ausgestattet mit Werkstück-Positionierer, einem Sechsachsroboter, Drahtvorschubsystem und Reinigungseinheit. Für eine optimale Bedienbarkeit sind Steuerschrank und die leistungsprogrammierte Impulsstromquelle GLC 353 MC3 im Außenbereich platziert.

„Wir haben noch eine weitere MC3 installiert, um erforderliche Handschweißungen einfach durchführen zu können“, so der Fertigungsleiter. Außerdem diene das dritte Schweißgerät als redundantes System, falls eine Impulsstromquelle des Roboters ausgetauscht werden müsse.

Schweißroboter bietet Wiederholgenauigkeit von unter 0,1 mm

Der sechsachsige Schweißroboter Romat 350 mit 15 kg Tragkraft arbeitet mit einer Wiederholgenauigkeit von unter 0,1 mm. Er hängt an einer C-Säule von oben in den Arbeitsbereich hinein, wodurch der Roboterarm die Schweißbahnen der Komponenten innen wie außen optimal erreichen kann. Fünf externe Achsen zur Werkstück-Manipulation ergänzen die Beweglichkeit des Schweißroboters.

Der Drehtisch mit seiner großen Trennwand ermöglicht einen rationellen 2-Stationen-Betrieb: „Während der Roboter auf der einen Seite schweißt, kann der Bediener auf der anderen Seite des Positionierers das nächste Federelement zum Schweißen vorbereiten oder ein fertiges Element entnehmen“, erklärt Torsten-Uwe Tag. Sein Fazit: „Mit den drei Roboterzellen erreichen wir eine hohe und gleichbleibende Schweißqualität, entlasten gleichzeitig unsere Mitarbeiter und können dank der Offline-Programmierung die Daten zwischen unseren Fertigungsstandorten einfach und sicher übermitteln.“

Carl Cloos Schweißtechnik auf der Messe „Schweißen und Schneiden 2009“: Halle 3, Stand 547

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