Molekulares Gedächtnis verrät den Schwamm

Es hat schon einige Jahrhunderte auf dem Buckel: das Gasthaus „Zur Rosen“ in der Jenaer Johannisstraße. Das im 16. Jahrhundert von der Universität Jena erworbene Gebäude wird derzeit umfassend saniert.

„Ob das Holz des Fachwerkhauses auch die nächsten Jahrhunderte hält, das lässt sich dem äußeren Anschein nach nicht sicher sagen“, weiß Dr. Kerstin Voigt von der Friedrich-Schiller-Universität. „Liegt beispielsweise ein Hausschwamm-Befall vor, wird das Holz im Laufe der Zeit morsch“, erläutert die Mikrobiologin und Leiterin des Pilz-Referenz-Zentrums der Jenaer Universität. Dieser Pilz sei eine große Gefahr: Die Balken verlieren ihre Stabilität, im Extremfall stürzen Decken, Wände oder ganze Gebäudeteile ein.

Auch das Gasthaus „Zur Rosen“ war stellenweise vom gefährlichen Hausschwamm befallen. Dies haben Dr. Voigt und ihre Kollegen jetzt mittels eines neuartigen Verfahrens bestätigt. „Getestet wurden zwei Holzproben aus dem Fachwerk des mittelalterlichen Gebäudes“, erläutert Dr. Christine Engelmann vom Dezernat Liegenschaften und Technik der Jenaer Universität. Eine Probe entstamme dem Fachwerk des Haupthauses, eine weitere wurde einem Balken aus dem Treppenturm im Renaissanceflügel entnommen. Das Ergebnis: Im Holz aus dem Haupthaus ließen sich keine Pilze nachweisen. „In der Probe aus dem Treppenturm dagegen haben wir ein leicht positives Ergebnis für den Echten Hausschwamm Serpula lacrymans erhalten“, so Dr. Voigt.

Für ihre Untersuchung haben die Jenaer Mykologen eine neue molekulardiagnostische Methode genutzt. „Diese spürt die DNA des Pilzes im befallenen Holz auf“, erläutert die Pilzexpertin. Anders als mit den bisher üblichen Verfahren, bei denen zunächst der Pilz aus dem Probenmaterial zum Teil über mehrere Wochen oder gar Monate kultiviert werden musste, ermöglicht der neue Test eine schnelle und zugleich hochspezifische Diagnose bereits nach zwei Tagen. Diese Nachweismethode ist eine Neuentwicklung der Dresdner Firma Biotype AG und basiert auf einem DNA-Chip. Dieser Chip kann gleichzeitig 27 verschiedene Holz-zerstörende Pilze anhand ihrer DNA nachweisen. Das positive Ergebnis der Probe aus dem Treppenturm könne einerseits bedeuten, dass derzeit ein leichter Befall vorliegt oder dass es zu einem früheren Zeitpunkt einen Befall gegeben hat, so Dr. Voigt. Hat der Pilz das Holz einmal befallen, so bleiben Reste der Pilz-DNA über sehr lange Zeiträume erhalten. „Wir sehen damit praktisch in das molekulare Gedächtnis des Holzes.“

Als eines von acht Referenzlabors aus ganz Deutschland hat das Jenaer Pilz-Referenz-Zentrum diese neue Methode getestet. Neben Dr. Voigts Arbeitsgruppe waren auch Forscher des privaten Jenaer Blei-Instituts und das Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI) – an der Auswertung der Testergebnisse beteiligt.

Kontakt:
PD Dr. Kerstin Voigt
Pilz-Referenz-Zentrum der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Neugasse 25
07743 Jena
Tel.: 03641/949321
E-Mail: kerstin.voigt[at]uni-jena.de

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Dr. Ute Schönfelder idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-jena.de

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