Mehltau-resistent und unfruchtbar

Mehltau-infizierte Pflanzen der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana). Charakteristisch für die Mehltau-Krankheit ist der weiße Überzug auf den befallenenen Blättern, der vom Pilzgeflecht auf der Blattoberfläche herrührt. Bild: Ralph Panstruga<br>

Mehltau-Infektionen verursachen nicht nur unansehnliche Beete, sondern auch erhebliche Ernteausfälle. Interessanterweise spielen bei einer Infektion mit dem Pflanzenschädling ähnliche Prozesse eine Rolle wie bei der Befruchtung. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln und der Universität Zürich haben in der Modellpflanze Arabidopsis thaliana zwei Proteine identifiziert, die sowohl für die Befruchtung als auch für die Infektion mit Echtem Mehltau nötig sind. Deshalb sind Mehltau-resistente Pflanzen, in denen diese Gene mutiert sind, unfruchtbar. (Science, 12. November 2010)

Pollenschläuche und Pilzfäden sehen nicht nur ähnlich aus, sondern sie benötigen auch ähnliche Proteine. Die Namen der beiden nun entdeckten Proteine leiten sich von etruskischen Fruchtbarkeitsgöttinnen her: Feronia und Nortia. Die Wissenschaftler haben entdeckt, dass sie der Pflanze sowohl nutzen als auch schaden. Sie koppeln nämlich die Fähigkeit zur Samenbildung an die mangelnde Widerstandskraft gegenüber Mehltau.

Feronia signalisiert dem aus dem Pollen keimenden Pollenschlauch, dass er an seinem Ziel angekommen ist und die männlichen Geschlechtszellen freigesetzt werden sollen. Das Protein wird allerdings auch in den Blättern gebildet und verschafft dem Mehltau Zugang zur Pflanze. Damit diese gegen den Eindringling resistent wird, müssen sowohl die mütterliche als auch die väterliche Kopie des Feronia-Gens defekt sein. Ohne das Feronia-Protein macht der Pollenschlauch jedoch nicht mehr am Eingang des Embryosacks halt, sondern dringt immer tiefer in den weiblichen Teil der Blüte ein und entlässt keine Spermazellen mehr. Dadurch unterbleibt die Befruchtung, und es entwickelt sich kein Embryo.

Das Protein Nortia ist ebenfalls an der Befruchtung beteiligt, es kommt aber nicht in den Blättern vor. Stattdessen tritt dort ein eng mit Nortia verwandtes Protein auf, das MLO. Es macht Pflanzen anfällig für Mehltau, z.B. Gerste, in der Ralph Panstruga das MLO-Gen vor ein paar Jahren entdeckt hatte. Resistent werden diese aber nur, wenn beide Genkopien mutiert sind. Da Arabidopsis drei MLO-Gene besitzt, die für die Anfälligkeit von Bedeutung sind, müssen bei dieser Pflanze sogar sechs Kopien unbrauchbar werden, bevor sie resistent gegenüber Mehltau ist. Daneben gibt es jedoch noch verschiedene andere Gene, die Pflanzen gegenüber der Pilzerkrankung widerstandsfähig machen.

Resistent oder fruchtbar

Feronia und Nortia werden von den Helferzellen des Embryosacks gebildet. Im Fruchtknoten vermitteln sie die Verschmelzung der Geschlechtszellen. In den Blättern ermöglichen Feronia und MLO, dass der Mehltau in die Pflanze eindringen kann. Durch diese Doppelfunktion wird klar, warum es der Evolution bislang nicht gelungen ist, dem Mehltau diese Eintrittspforte zu verbauen. „Beide Funktionen sind offensichtlich nur schwer zu entkoppeln. Die Alternativen heißen: resistent und unfruchtbar oder anfällig und fruchtbar“, sagt Ralph Panstruga vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung.

Feronia ist ein Rezeptor, der Nortia offenbar direkt beeinflusst. Die Wissenschaftler wissen allerdings noch nicht, wie Feronia mit Nortia und MLO zusammenarbeitet. „Unser Ziel ist es, auf der Basis von Feronia-Mutanten mehltauresistente Pflanzen zu züchten, die auch fruchtbar sind“, sagt Panstruga. Ein ehrgeiziges Ziel – die Evolution scheint jedenfalls bislang keine solchen Mutanten hervorgebracht zu haben. Offensichtlich ist Feronia im Fruchtknoten und in den Blättern so wichtig, dass die Pflanze nicht so einfach darauf verzichten kann.

Originalveröffentlichung:

Sharon A. Kessler, Hiroko Shimosato-Asano, Nana F. Keinath, Samuel E. Wuest, Gwyneth Ingram, Ralph Panstruga and Ueli Grossniklaus
Conserved Molecular Components for Pollen Tube Reception and Fungal Invasion
Science, 12. November 2010, 330: 968-971 (DOI: 10.1126/science.1195211)
Weitere Informationen erhalten Sie von:
Dr. Ralph Panstruga
Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung, Köln
Tel.: +49-221-5062-316
E-Mail: panstrug@mpiz-koeln.mpg.de

Media Contact

Barbara Abrell Max-Planck-Gesellschaft

Weitere Informationen:

http://www.mpg.de

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