Marker für Morbus Still: Neue Methode erleichtert Diagnostik und Therapie in der Kinderrheumatologie

Dass das auch für rheumatische Erkrankungen gilt, hingegen kaum. Dabei sind diese im Kindesalter wesentlich verbreiteter als die „Zuckerkrankheit“. Das Tückische dabei: Gerade die schwerste der rheumatischen Gelenkerkrankungen, der Morbus Still, lässt sich anfangs nur schwer erkennen, weshalb Betroffene oft erst verspätet die richtige Therapie erhalten.

Das lässt sich künftig vermeiden: Am Institut für Immunologie der Universität Münster wurde eine Methode entwickelt, mit der der Morbus Still erstmals schnell und sicher diagnostiziert werden kann. Für seine Arbeiten zu diesem Thema erhielt Dr. Dirk Holzinger vom Institut für Immunologie von der europäischen Gesellschaft für pädiatrische Rheumatologie (PRES) deren „Young Investigators Award“.

Die systemische juvenile rheumatische Arthritis, bekannt als Morbus Still, betrifft neben Gelenken auch viele innere Organe. Die sonst typischen Symptome einer rheumatischen Erkrankung fehlen bei ihr aber in den ersten Wochen und Monaten oftmals ganz. Die Patienten klagen über hohes Fieber und starke, generelle Entzündungszeichen, die selbst für erfahrene Ärzte kaum von einer schweren Infektion zu unterscheiden sind. Häufig werden die Betroffenen daher über Wochen erfolglos mit Antibiotika behandelt, bevor die eigentliche Krankheit erkannt und mit der notwendigen entzündungshemmenden Therapie begonnen wird.

Die nun am Institut für Immunologie der Universität Münster unter Leitung von Prof. Dr. Johannes Roth entwickelte Methode erleichtert die Diagnose wesentlich. Sie basiert auf dem Nachweis bestimmter Arten von Entzündungsproteinen, nämlich MRP8 und MRP14. Diese werden von Phagozyten (Fresszellen), einer Gruppe von weißen Blutkörperchen, freigesetzt, und in diesem Umfang nur bei einem Auftreten des Morbus Still gefunden. Hierbei handelt es sich aber nicht nur um einen unverwechselbaren „Marker“ für diese Krankheit: Vielmehr konnte Dr. Holzinger mit seiner Forschungsarbeit zeigen, dass die Methode auch für die Steuerung der Therapie sehr wertvoll ist.

So konnte er nachweisen, dass Kinder, denen nach erfolgreicher Therapie ein Rückfall der Erkrankung droht, schon Monate im Voraus erhöhte Werte bei dem Entzündungsmarker aufweisen. Umgekehrt zeigen Patienten mit lang anhaltender Ruhe der Grunderkrankung normale Werte für MRP8 und MRP14. Aufgrund dieser Erkenntnis lassen sich Medikamente, beispielsweise Cortison, für den einzelnen Patienten wesentlich genauer dosieren und unnötige Verabreichungen vermeiden, was mögliche Nebenwirkungen minimiert. Neue Ergebnisse weisen darauf hin, dass dieser Anwendungsbereich auch nutzbar ist bei anderen chronisch-entzündlichen Erkrankungen, wie rheumatischen Erkrankungen des Erwachsenen oder entzündlichen Darmerkrankungen. In Kooperation mit einer Biotech-Firma arbeiten die münsterschen Wissenschaftler zurzeit an der Entwicklung eines marktreifen Nachweissystems.

An der Universität Münster besteht seit mehr als 15 Jahren ein klinischer und wissenschaftlicher Schwerpunkt zu rheumatischen Erkrankungen im Kindesalter. „Mitarbeiter der Arbeitsgruppe haben in den letzten acht Jahren bereits sechs europäische Forschungspreise erhalten, was die Stellung des Teams in der internationalen Forschungslandschaft auf diesem Gebiet unterstreicht“, freut sich der Direktor des Instituts für Immunologie, Prof. Johannes Roth. Der an seinen Kollegen Holzinger verliehene Nachwuchspreis der Europäischen Gesellschaft für pädiatrische Rheumatiologie wird jährlich ausgelobt und ist mit 1.500 Euro dotiert.

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Norbert Frie idw

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