Kiss and Run: Wie Zellen ihre Bestandteile trennen und recyceln

Sortierende Endosomen (grün) und Recycling-Vesikel (magenta) in menschlichen Zellen. (Bild: Biozentrum, Universität Basel)

Das Recycling, also die Wiederverwendung von Stoffen, ist energiesparend und ressourcenschonend. Kein Wunder, dass auch die Natur recycelt. In den Zellen trennen winzige Organellen, sogenannte Endosomen, das angelieferte zelluläre Material in Wert- und Abfallstoffe.

Wie genau jedoch die Endosomen sortieren, lag bislang ziemlich im Dunkeln. Ein Forschungsteam unter Leitung von Professor Anne Spang vom Biozentrum der Universität Basel hat nun mit FERARI einen wertvollen Akteur in diesem Prozess entdeckt.

FERARI verteilt die rezyklierbaren Wertstoffe, hauptsächlich Transportproteine und Rezeptoren, und bringt sie in den zellulären Kreislauf zurück. So müssen wertvolle Zellbestandteile nicht ständig neu hergestellt werden, was Energie und auch Zeit spart.

Recycling und Entsorgung durch Endosomen

Endosomen sind kleine membran-umhüllte Bläschen im Inneren von tierischen und pflanzlichen Zellen. Während ihrer Reifung laufen Endosomen unterschiedliche Stadien durch, in denen sie verschiedene Aufgaben übernehmen. Die frühen Endosomen nehmen hauptsächlich Material auf, die reiferen sortieren das rezyklierbare Material aus und die späten Endosomen entsorgen den nicht wiederverwertbaren Rest.

Verteilerstation FERARI

Das Forschungsteam hat nun herausgefunden, dass FERARI in den sortierenden Endosomen als eine Art Verteiler fungiert. «FERARI besteht aus verschiedenen Proteinen und ist dafür zuständig, dass Recycling-Vesikel an den Sortier-Endosomen andocken und mit wiederverwendbarem Material beladen werden können», erklärt Anne Spang.

Das Besondere an FERARI ist, dass es beides koordiniert: die Fusion von Endosom und Recycling-Vesikel (kiss) sowie das Abschnüren nach Beladung (run). Im Anschluss daran bringen die beladenen Vesikel ihre Fracht an den Einsatzort, die Zellmembran.

«Unsere Arbeit widerspricht dem gängigen Dogma, welches davon ausgeht, dass die Recycling-Vesikel direkt vom Endosom abgeschnürt werden», so Spang. «Wir sind die ersten, die diesen Kiss-and-Run-Mechanismus zeigen.

Störungen im Recycling mit Krankheiten assoziiert

Funktioniert FERARI nicht einwandfrei, ist das Recycling in der Zelle beeinträchtigt. Störungen in zellulären Transport- und Recyclingprozessen können zu einer Vielzahl von Krankheiten führen, dazu zählen Krebs, Stoffwechsel- und neurodegenerative Erkrankungen.

Prof. Anne Spang, Universität Basel, Departement Biozentrum, Tel.: +41 61 207 23 80, E-Mail: anne.spang@unibas.ch

Jachen A. Solinger, Harun-Or Rashid, Cristina Prescianotto-Baschong and Anne Spang. FERARI is required for Rab11-dependent endocytic recycling.
Nature Cell Biology (2020), doi: 10.1038/s41556-019-0456-5

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neues topologisches Metamaterial

… verstärkt Schallwellen exponentiell. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am niederländischen Forschungsinstitut AMOLF haben in einer internationalen Kollaboration ein neuartiges Metamaterial entwickelt, durch das sich Schallwellen auf völlig neue Art und Weise…

Astronomen entdecken starke Magnetfelder

… am Rand des zentralen schwarzen Lochs der Milchstraße. Ein neues Bild des Event Horizon Telescope (EHT) hat starke und geordnete Magnetfelder aufgespürt, die vom Rand des supermassereichen schwarzen Lochs…

Faktor für die Gehirnexpansion beim Menschen

Was unterscheidet uns Menschen von anderen Lebewesen? Der Schlüssel liegt im Neokortex, der äußeren Schicht des Gehirns. Diese Gehirnregion ermöglicht uns abstraktes Denken, Kunst und komplexe Sprache. Ein internationales Forschungsteam…

Partner & Förderer