Kerntechnik-Experten von der Internationalen Atomenergie-Behörde IAEA treffen sich in Dresden

Kerntechnik-Experten sind sich in ihren Urteilen einig: Im Hochtechnologie-Land Japan waren die Kernkraftwerke nicht fit genug, um große Naturkatastrophen ohne Gefahr für Umwelt und Bevölkerung zu überstehen, und in den nach Erdbeben und Tsunami im Jahr 2011 havarierten Anlagen lief die unbedingt notwendige Kühlung viel zu schleppend an.

Moderne passive Sicherheitssysteme, über die die Anlagen in Fukushima nicht verfügten, hätten den Austritt von Radioaktivität sicherlich vermindert. Im Gegensatz dazu gehören die deutschen Kernkraftwerke nach wie vor zu den sichersten der Welt und das deutsche Know-how um Reaktorsicherheit wird international geschätzt.

Die Bundesregierung hat der Kerntechnik-Forschung in der Folge des Kernenergieausstieges in ihrem Energieforschungsprogramm vom August 2011 eine klare Aufgabe definiert. Sie soll durch Mitwirkung in internationalen Gremien als kompetenter Partner gestaltenden Einfluss auf die Sicherheitsdiskussion nehmen. Deutsche Fachleute sollen deshalb in internationalen Institutionen wie der internationalen Atom-Energie-Organisation (IAEA), der Nuklear-Energie-Agentur (NEA), der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie der Europäischen Union (Euratom) aktiv mitarbeiten.
Ein solcher Fachmann ist Dr. Bruno Merk vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf. Er hat das IAEA-Treffen in Absprache mit dem zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie nach Dresden geholt. Der genaue Titel der Veranstaltung lautet: „Auswirkungen von Fukushima auf aktuelle und künftige Designs schneller Reaktoren“. Daran nehmen Experten aus der Industrie, von Genehmigungsbehörden und weltweit anerkannte Wissenschaftler aus nahezu allen Ländern, die aktiv an der Entwicklung schneller Reaktoren arbeiten, teil.

Ein schneller Reaktor ist in Deutschland nicht am Netz, das Konzept wird derzeit aber weltweit diskutiert und weiterentwickelt. Die nächste Generation von Kernkraftwerken – also die vierte Generation, die in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts in Betrieb gehen soll – setzt vor allem auf diese Technik. Kürzlich wurde bereits ein schneller Reaktor in China in Betrieb genommen und zwei große schnelle Reaktoren werden in etwa zwei Jahren in Russland und Indien ans Netz gehen. Auch in Europa – in Frankreich und Belgien – gibt es zwei klar definierte Projekte mit einem geplanten Betriebsbeginn in den Jahren 2022 bis 2025.
Bruno Merk erläutert den Vorteil von schnellen Reaktoren so: „Schnelle Reaktoren haben grundsätzlich zwei Vorteile gegenüber heutigen Reaktoren: Der Brennstoff wird erheblich besser genutzt und es lässt sich ein geschlossener Brennstoff-Kreislauf bewerkstelligen. Beides führt zu geringeren Müllmengen und es besteht zusätzlich die Möglichkeit, den Endlagerzeitraum deutlich zu verringern. Die Sicherheitsphilosophie für schnelle Reaktoren entwickelt sich im Übrigen sehr rasant, sodass auch das Ziel einer weiter verbesserten Sicherheit gegenüber derzeit in Bau befindlichen Kernreaktoren erreichbar scheint.“

Vom IAEA-Treffen in Dresden verspricht sich Bruno Merk: „Wir wollen herausarbeiten, welche Erkenntnisse man aus den Unfällen in derzeit betriebenen Reaktoren auf die doch deutlich anders aufgebauten schnellen Reaktoren gewinnen kann, um deren Sicherheit zu verbessern. Ein Ziel ist sicherlich auch die Übertragung der deutschen Sicherheitsphilosophie auf neue Reaktorkonzepte weltweit. Ich wünsche mir zudem, dass die Methodiken zur Sicherheitsbewertung, die nach Fukushima in Deutschland entwickelt wurden, international Beachtung bei der Auslegung und beim Betrieb von neuen Reaktoren finden.“

Weitere Informationen
Dr. Bruno Merk | Dr. Sören Kliem
Abteilung Störfallanalyse
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf
Tel.: 0351 260-2537 | -2318
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Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) hat das Ziel, langfristig ausgerichtete Spitzenforschung auf gesellschaftlich relevanten Gebieten zu leisten. Folgende Fragestellungen stehen hierbei im Fokus:
• Wie verhält sich Materie unter dem Einfluss hoher Felder und in kleinsten Dimensionen?
• Wie können Tumorerkrankungen frühzeitig erkannt und wirksam behandelt werden?
• Wie nutzt man Ressourcen und Energie effizient und sicher?

Zur Beantwortung dieser wissenschaftlichen Fragen werden fünf Großgeräte mit teils einmaligen Experimentiermöglichkeiten eingesetzt, die auch externen Nutzern zur Verfügung stehen.

Das HZDR ist seit 1.1.2011 Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Es hat vier Standorte in Dresden, Leipzig, Freiberg und Grenoble und beschäftigt mehr als 800 Mitarbeiter – davon ca. 400 Wissenschaftler inklusive 130 Doktoranden.

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