Als Indien beinahe mit Südostasien zusammenstieß

Geithusa pulcher, eine Süßwasserkrabbe aus Malaysia mit indischen Vorfahren. Bild: C.D. Schubart<br>

Die Süßwasserkrabben bilden eine verzweigte, internationale Verwandtschaft mit einer beeindruckenden Artenvielfalt. Gegenwärtig kommen drei Viertel aller beschriebenen Arten in Ost- und Südostasien vor.

Biologen der Goethe-Universität haben nun herausgefunden, dass die Vorfahren dieser Süßwasserkrabben aus Indien kamen: Im Erdmittelalter brach der Südkontinent Gondwana auseinander, und die indische Platte driftete als eines seiner Fragmente gen Norden. Bekannt ist, dass Indien vor circa 35 Millionen Jahren, im Tertiär, mit der Eurasischen Kontinentalmasse kollidierte.

Eine Analyse der Verwandtschaftsverhältnisse bei den Süßwasserkrabben legt nun den Schluss nahe, dass der indische Subkontinent zuvor nahe an Südostasien vorbei driftete und seine „Passagiere“ den benachbarten Erdteil besiedelten.

„Süßwasserkrabben sind vollkommen an das Leben in Flüssen und Seen angepasst. Sie können das offene Meer nicht durchschwimmen. Wir fragten uns nun, wie es kommt, dass eine bestimmte Gruppe von Süßwasserkrabben sowohl in Indien als auch in Südostasien vorkommt“, erklärt Sebastian Klaus die Idee zu seiner genetischen Studie an den eng miteinander verwandten Krebstieren. Seine Ergebnisse wertet er als ein starkes biogeographisches Indiz dafür, dass Indien tatsächlich sehr nahe an Südostasien vorbei nach Norden driftete, möglicherweise mit Landverbindungen, wie es aktuelle geologische Modelle zeigen. Dieser neu entdeckte Ausbreitungsweg von Organismen im frühen Tertiär von Indien nach Südostasien könnte durchaus auch von anderen Tiergruppen genutzt worden sein.

Für die Forscher ist dies auch eine mögliche Erklärung dafür, warum sowohl Indien als auch Südostasien einen bedeutenden Anteil an der globalen Artenvielfalt haben. Beide Regionen beherbergen so genannte „Biodiversitäts-Hotspots“, so zum Beispiel in Indien die West-Ghats oder in Südostasien die großen Sunda-Inseln. Dass der indische Subkontinent durch seine Kollision mit Asien zur Besiedlung dieses Kontinents beitrug, wurde bereits für einige Amphibien- und Reptiliengruppen nachgewiesen.

Publikation: When Indian crabs were not yet Asian – biogeographic evidence for Eocene proximity of India and Southeast Asia Sebastian Klaus, Christoph D Schubart, Bruno Streit, Markus Pfenninger BMC Evolutionary Biology 2010, 10:287 (17 September 2010)

Informationen: Dr. Sebastian Klaus, Institut für Ökologie, Evolution und Diversität, Tel.: (069) 798-24718, klaus@bio.uni-frankfurt.de.

Privatdozent Dr. Marcus Pfenninger, Tel.: (069) 798-24714; pfenninger@bio.uni-frankfurt.de.

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