Hightech-Fasern für intelligente Großserienprodukte

Prof. Dr. Thomas Lampke (v.l.), Dr. Falko Böttger-Hiller und Roy Morgenstern besprechen an der Pilotanlage einen Versuch. TU Chemnitz/Thomas Grund

So klein und doch so groß – die funktionalisierte Kohlenstofffaser hat es in sich und führt zu großen Produktinnovationen. Dem Startup „inca-fiber“ der Technischen Universität Chemnitz ist es gelungen, das Verfahren zur Kupferbeschichtung von Kohlenstoff-Fasern für industrielle Anforderungen zu revolutionieren.

Durch das sehr gleichmäßige Verkupfern in einem automatisierten galvanischen Durchlaufprozess wird das Eigenschaftsspektrum von Kohlenstofffasern maßgeblich erweitert und bietet damit Vorteile bei elektromagnetischer Schirmung, Blitzschutz, thermischer und elektrischer Leitfähigkeit sowie hinsichtlich der Haftvermittlung in hybriden Werkstoffen. Bis vor kurzem waren auf dem Markt nur händisch hergestellte Forschungsmaterialien mit einer Länge von wenigen Metern verfügbar.

In den letzten Wochen ist es den Chemnitzer Forschern gelungen, die positiven Ergebnisse der Laborversuche erfolgreich auf eine eigens entwickelte, semi-industrielle Pilotanlage zu übertragen. Dadurch können mit rund 700 Kilogramm/Jahr erstmals ausreichend große Mengen an Kohlenstoff-Fasern bereitgestellt werden, um potentielle Kunden für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten mit metallisierten Fasern zu beliefern und in deren Prozesskette zu integrieren.

Nachdem die technologische Hürde für eine wirtschaftliche Produktion überwunden ist, soll in den kommenden Monaten der Durchsatz der Anlage mit Fokus auf die Anforderungen des Marktes angepasst werden. Neben Unternehmen wie Airbus gehören auch die Fraunhofer-Gesellschaft, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie namhafte Firmen aus der Automobilindustrie zu den Geschäftspartnern.

Um die elektrische und die thermische Leitfähigkeit, die Fügefähigkeit sowie die haftvermittelnde Wirkung von Kohlenstofffasern zu erhöhen und dadurch Anwendungen wie z. B. Blitzschutz in Rotorblättern zu ermöglichen, waren aufwändige Grundlagenuntersuchungen in einem interdisziplinären Team aus jungen Wissenschaftlern rund um die Galvano- und Oberflächentechnik erforderlich.

Insbesondere an der Elektrolytentwicklung und der Prozessautomatisierung wurde viel geforscht, bis eine homogene Beschichtung auf jeder Faser eines Bündels, bestehend aus bis zu 12.000 Fasern, metallisiert werden konnte. Dieser Erfolg wurde im Jahr 2013 mit dem Nachwuchsförderpreis der Deutschen Gesellschaft für Galvano- und Oberflächentechnik (DGO) gewürdigt.

Im Juli 2015 begann der Transfer dieser Forschungsarbeiten in ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept, unterstützt durch die Bewilligung einer EXIST-Forschungsförderung durch das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und den Europäischen Sozialfonds (ESF).

Einen aktuellen Einblick in die Ergebnisse des Technologietransfers geben die Chemnitzer Gründer am 17. Mai 2017 beim Ulmer Gespräch, dem Forum für Oberflächentechnik der Deutschen Gesellschaft für Galvano- und Oberflächentechnik e. V. (DGO). „Die Entwicklung der inca-fiber GmbH als wirtschaftlich tätiges Unternehmen aus den Ansätzen der eigenen Forschung zu verfolgen, ist für alle Beteiligten eine große Bestätigung und unterstreicht die Innovationskraft der Grundlagenforschung an der TU Chemnitz“, freut sich Prof. Dr. Thomas Lampke, Inhaber der Professur Professur Werkstoff- und Oberflächentechnik, der die Gründer von Anfang an als Mentor begleitet.

„Nachdem wir zu Beginn unserer Entwicklungsarbeiten lediglich sieben Zentimeter lange Faserstücke sehr aufwändig beschichtet haben, sind wir nun sehr stolz, in einer kontinuierlich arbeitenden 25 Meter langen Anlage endlos Fasern beschichten zu können“, erklärt Dr. Falko Böttger-Hiller, einer der zwei Geschäftsführer der inca-fiber GmbH und Absolvent der TU Chemnitz.

Er ergänzt: „Wir werden uns zukünftig auf die wirtschaftliche Umsetzung des Verfahrens mit Kupfer konzentrieren“. Nach der ersten Förderung im Umfang von rund 700.000 Euro steht eine Anschlussfinanzierung über den EXIST-Forschungstransfers in Aussicht.

Neben der Faser- bzw. Bündelbeschichtung ist auch das galvanische Metallisieren textiler Halbzeuge zu leisten, um daraus funktionelle Kohlenstofffaser-verstärkte Kunststoffe (CFK) zu fertigen. Dabei spielen vor allem neue Konzepte zur Bauteilüberwachung sowie weitere Sicherheits- und auch Beleuchtungskonzepte eine Rolle. Die Forschungsergebnisse fließen auch in den Bundesexzellenzcluster MERGE der TU Chemnitz ein.

Über inca-fiber

„inca-fiber“ steht für „Innovative Carbon Fiber“ und ist ein Ausgründungsprojekt aus der TU Chemnitz. Geleitet wird das Unternehmen von den beiden TU-Absolventen Dr. Falko Böttger-Hiller und Toni Böttger. Maßgeblich betreut wurde das Team in der Anfangsphase durch die Professoren Thomas Lampke, Bernhard Wielage und Uwe Götze. Weitere wichtige Unterstützer sind das Gründernetzwerk SAXEED und die ideentransfer GmbH. Das EXIST-Forschungstransfer-Projekt inca-fiber hat sich aus der Nachwuchsforschergruppe TranS-Ver (Transfer neuartiger Smart Fiber Verbunde in die Sächsische Industrie), die von 2011 bis 2014 an der TU Chemnitz vom Europäischen Sozialfonds (ESF) sowie durch den Freistaat Sachsen gefördert wurde, entwickelt. Weitere Informationen: http://www.inca-fiber.de

Erfolgreich Gründen an der TU Chemnitz

Die Technische Universität Chemnitz bietet besonders gute Voraussetzungen für Gründerinnen und Gründer. Eine besondere Gründungsstärke bescheinigte ihr das aktuelle Gründungsradar des Stifterverbandes. Demnach liegt die TU Chemnitz auf Platz 1 unter den staatlichen Universitäten in Sachsen und unter den Top 10 bundesweit.

Kontakt: Prof. Dr. Thomas Lampke, Telefon 0371 531-36163, E-Mail thomas.lampke@mb.tu-chemnitz.de, und Dr. Falko Böttger-Hiller, Telefon 0371 531-37581, E-Mail falko.boettger-hiller@mb.tu-chemnitz.de

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Dipl.-Ing. Mario Steinebach Technische Universität Chemnitz

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Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

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