Mit GRACE-Daten dem Klimawandel auf der Spur – Eisschmelze mit Turbo-Effekt

Diese Fragen untersuchen Mitarbeiter des Geodätischen Instituts der Universität Stuttgart zusammen mit Kollegen der Curtin University of Technology in Perth, Australien, auf der Basis von Messdaten der Satellitenmission GRACE.

Sie fanden heraus, dass die Eismassen über Grönland in den letzten Jahren kontinuierlich und weitaus mehr als erwartet abgenom-men haben. Dadurch stieg der Meeresspiegel durchschnittlich um etwa 0,5 Millimeter pro Jahr an.

Mit dem Start der Satellitenmission GRACE wurde es erstmals möglich, globale Massenänderungen wie zum Beispiel das Abschmelzen von Eismassen zu bestimmen, indem man Änderungen der Erdanziehungskraft (Gravitation) misst. Das dahinterstehende Prinzip ist einfach: Es basiert darauf, dass eine Umverteilung der Erdmasse zwangsläufig eine Änderung des Gravitationsfeldes der Erde nach sich zieht. Deshalb messen die Wissenschaftler, wie sich die Kraft, mit der eine Probemasse von der Erde angezogen wird, über einen bestimmten Zeitraum hinweg verändert. Daraus ziehen sie Rückschlüsse auf Massenänderungen an der Erdoberfläche.

Die Satelliten-Daten zeigen, dass Grönland den stärksten Massenschwund zu verzeichnen hat, was vorrangig durch das anhaltende Schmelzen der dortigen Eisschilde zu erklären ist. Die arktische Insel verliert jährlich zwischen 165 und 189 Kubikkilometer Eis – weit mehr, als aufgrund der Ergebnisse von Messungen mit alternativen Verfahren in den 1990er-Jahren bisher angenommen wurde.

Der Abschmelzvorgang bewirkt den Zufluss der entsprechenden Wassermassen in die Ozeane. Zudem bedingen die global steigenden Temperaturen die thermische Ausdehnung des Wassers. Allerdings ändert sich der Meeresspiegel entgegen der allgegenwärtigen Vorstellung nicht gleichmäßig über die Ozeane hinweg. Vielmehr bedingt die globale Massen-Neuverteilung eine regional sehr unterschiedlich ausgeprägte Variation des Meeresspiegels. Dabei gilt das Prinzip, dass das Schmelzen der Eismassen auf der Nordhalbkugel den Meeresspiegel auf der südlichen Hemisphäre am stärksten an-wachsen lässt. Umgekehrt wirkt sich der Eismassenverlust über der Antarktis am stärksten auf der Nordhalbkugel aus.

Zusammengerechnet sind die Effekte alarmierend. Schließlich leben heute in den Küstengebieten weltweit Millionen Menschen. Schon Hochrechnungen aufgrund bisheriger Messungen über Grönland lassen über 100 Jahre hinweg auf einen Anstieg des Meeresspiegels von fünf Zentimetern schließen – und dabei ist weder die beschleunigte Abnahme der Eismasse, noch die Eisschmelze über der Antark-tis berücksichtigt. Bezieht man diese Progressionseffekte ein, so gelangt man schnell zu einer Prognose von 50 Zentimetern Wasseran-stieg bis zum Ende des Jahrhunderts. Um dies wissenschaftlich abzusichern, sind weitere Messungen erforderlich.

Ansprechpartner: Dr. Oliver Baur, Geodätisches Institut , Tel. 0711/685-84640,e-mail: O.Baur@gis.uni-stuttgart.de
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Ursula Zitzler idw

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