GKV- Finanzentwicklung in 2011

Dabei standen bei sämtlichen Krankenkassen Einnahmen in Höhe von rd. 183,6 Mrd. Euro Ausgaben in Höhe von rd. 179,6 Mrd. Euro gegenüber. Die von der Bundesregierung in 2010 auf den Weg gebrachten Gesetze, insbesondere das Arzneimittel-Neuordnungsgesetz und das GKV-Finanzierungsgesetz haben ihre ausgaben¬begrenzenden Ziele erreicht. Das hat dazu geführt, dass bei einem moderaten Anstieg der Leistungsausgaben von 2,6 Prozent und einem Rückgang der Verwaltungskosten der Krankenkassen von 1 Prozent im vergangenen Jahr ein Ausgabenzuwachs von rd. 3,9 Mrd. Euro zu verzeichnen war.

Die Krankenkassen verfügen nicht zuletzt durch die positive Entwicklung des vergangenen Jahres Ende 2011 wieder über Finanzreserven von rd. 10 Mrd. Euro, die primär dazu dienen, ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nachhaltig zu sichern. Noch 2003 gab es bei den Krankenkassen einen Rekord-Schuldenstand von 8,3 Mrd. Euro.

Bei einer differenzierten Betrachtung der Krankenkassenarten verbuchten die AOKen und Ersatzkassen – als Kassenarten mit den meisten Versicherten – mit rund 1,28 Mrd. Euro bzw. 1,81 Mrd. Euro die höchsten Überschüsse. Bei den kleineren Krankenkassenarten erzielten die Betriebskrankenkassen Überschüsse von 554 Mio. Euro, die Innungskrankenkassen von 271 Mio. Euro und die Knappschaft-Bahn-See von 67 Mio. Euro. Durch die positive Entwicklung konnten auch die Krankenkassen, die bislang noch nicht über ausreichende Betriebsmittel und Rücklagen verfügten, ihre Finanzsituation deutlich verbessern.

Etliche Krankenkassen verfügen mittlerweile auch über Finanzreserven, die in dieser Höhe zur Risikoabsicherung nicht benötigt werden und somit Spielräume für eine Auszahlung von Prämien an ihre Versicherten eröffnen. Diese Krankenkassen sind gefordert, intensiv zu prüfen, ob vorhandene Prämienpotenziale an ihre Mitglieder weiter zu geben sind. Die derzeit sieben Krankenkassen, die bereits Prämien auszahlen, haben sich zu Recht für diesen Schritt entschieden.

Finanzentwicklung des Gesundheitsfonds

Der Gesundheitsfonds zahlte für das Jahr 2011 Zuweisungen in Höhe von insgesamt rd. 178,9 Mrd. Euro an die Krankenkassen aus. Die Einnahmen des Gesundheitsfonds aus Beiträgen und Bundeszuschüssen lagen bei rd. 184,3 Mrd. Euro. Damit weist der Gesundheitsfonds in 2011 insgesamt einen Überschuss von rd. 5,3 Mrd. Euro aus. Auf der Einnahmenseite machte sich – ähnlich wie in den anderen Sozialversicherungszweigen – vor allem die erfreuliche konjunkturelle Entwicklung verbunden mit Lohn- und Beschäftigungszuwächsen positiv bemerkbar. Im 4. Quartal ergaben sich zudem deutliche Zusatzeinnahmen aus der Verbeitragung von Einmalzahlungen („Weihnachtsgeldeffekt“).

Zudem hat die Anhebung des allgemeinen Beitragssatzes zum 1.1.2011 um 0,6 Prozentpunkte auf das bis 1.7.2009 geltende Niveau zu deutlichen Mehreinnahmen geführt. In den Einnahmen des Gesundheitsfonds ist auch der in 2011 gezahlte einmalige zusätzliche Bundeszuschuss von 2 Mrd. Euro enthalten, der für die Finanzierung des Sozialausgleichs und der Zusatzbeiträge von ALG II- Empfängern bis Ende 2014 vorgesehen ist.

Liquiditätsreserve größtenteils gebunden

Unter Berücksichtigung der aktuellen Finanzentwicklung weist der Gesundheitsfonds Ende 2011 eine Liquiditätsreserve von rund 9,5 Mrd. Euro aus. Davon ist der größere Teil bereits gebunden, nämlich derzeit rund 3,1 Mrd. Euro durch die zwingend vorzuhaltende Mindestreserve in Höhe von 20 v.H. einer durchschnittlichen Monatsausgabe, deren Höhe bei steigendem Ausgabenvolumen in den nächsten Jahren noch anwachsen wird. Weitere 2 Mrd. Euro aus dem 2011 geflossenen zusätzlichen Bundeszuschuss sind für Zwecke des Sozialausgleichs und der Finanzierung der Zusatzbeiträge von ALG II-Empfängern vorgesehen. Der darüber hinausgehende Betrag, der 2 bis 3 % der jährlichen Gesamtausgaben der GKV entspricht, ist ein ökonomisch sinnvoller „Puffer“ für ein nachhaltig finanziertes Krankenversicherungssystem – gerade unter den derzeitigen Bedingungen mit Risiken auf den Finanzmärkten und den fiskalischen Problemen einzelner Euro-Länder. Dieser „Puffer“ dient auch als zusätzliches Sicherheitsnetz für den Fall, dass sich die gegenwärtig noch erfreuliche konjunkturelle Entwicklung nicht fortsetzen sollte.

Ausgabenzuwächse bei 2,5 Prozent

Die Leistungsausgaben der Krankenkassen sind im 1. bis 4. Quartal 2011 um 2,6 Prozent je Versicherten gestiegen. Der Anstieg hat sich damit im Vergleich zur Veränderungsrate des 1. bis 3. Quartal (plus 2,5 Prozent je Versicherten) kaum verändert. Die Ausgabenseite wurde maßgeblich von der günstigen Entwicklung bei den Aufwendungen für Medikamente geprägt.

Arzneimittel-Sparpaket entlastet die Krankenkassen

Das Arzneimittel-Sparpaket, das die Bundesregierung im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht hat, wirkt: Nach Jahren des ungebremsten Ausgabenanstiegs können hier in diesem Jahr erstmals Ausgabensenkungen verzeichnet werden. Der Rückgang der Arzneimittelausgaben betrug minus 4,0 Prozent. Diese Entwicklung zeichnete sich bereits seit August 2010 ab, als die Krankenkassen durch die Anhebung des Pharmarabatts für Nicht-Festbetragsarzneimittel jeden Monat um mehr als 100 Mio. Euro entlastet wurden. Allerdings sind im Arzneimittelbereich seit dem August 2011 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wieder Zuwächse zu verzeichnen. Denn seit diesem Zeitpunkt sind im Vergleich zum Vorjahreszeitraum keine zusätzlichen Einsparungen aus der Anhebung des gesetzlichen Pharmarabatts für Nicht-Festbetrags-Arzneimittel mehr entstanden. Ein Zuwachs von 1,2 Prozent im isolierten vierten Quartal hat dazu geführt, dass sich der deutliche Rückgang von 5,7 Prozent im 1. bis 3. Quartal um rd. 1,7 Prozentpunke im Gesamtjahr 2011 abgeflacht hat.

In der Gesamtbetrachtung haben die ausgabenbegrenzenden Maßnahmen des Arzneimittelbereichs, die ab Anfang des Jahres 2011 in Kraft traten, die Voraussetzungen für mehr Wirtschaftlichkeit und Preiswettbewerb in der Arzneimittelversorgung und bei der Versorgung mit Impfstoffen nachhaltig verbessert. Seit der Ausweitung der Festbetragsregelung auf die patentgeschützten Analog-Arzneimittel und die Einführung von Rabattverträgen in den Jahren 2006 und 2007 sind die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung ausschließlich aufgrund von Kostensteigerungen für Arzneimittel ohne Festbeträge gestiegen. Aufgrund des Preismoratoriums und der Erhöhung des Herstellerrabatts für Arzneimittel ohne Festbetrag von 6 % auf 16 % sind 2011 erstmals auch die Ausgaben für diese Arzneimittel gesunken. Diese Regelung ist bis Ende 2013 befristet. Bis dahin kommt es darauf an, dass die Vertragspartner im Arzneimittelbereich das neue Instrument der Preisverhandlungen bei patentgeschützten Arzneimitteln konsequent nutzen und dabei vorhandene Wirtschaftlichkeitsreserven ausschöpfen. Im Festbetragsbereich wurden die Krankenkassen im erheblichen Umfang durch die Rabatt-Vereinbarungen mit pharmazeutischen Unternehmen entlastet. Hier wurden von den Krankenkassen 2011 Rabatte von 1,6 Mrd. Euro und damit rund 0,3 Mrd. Euro mehr als im Jahr 2010 ausgewiesen. Befürchtungen der Krankenkassen, durch die veränderten wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen würden die Einsparpotenziale in diesem Bereich eingeschränkt, haben sich somit als haltlos erwiesen. Neben den Rabattvereinbarungen hat auch die Einführung neuer Festbeträge zu den Einsparungen beigetragen.

Trotz der erfreulichen Einsparwirkungen im Arzneimittelbereich kann nicht zuletzt angesichts der konjunkturellen Risiken auf den erhöhten Herstellerrabatt für Arzneimittel nicht verzichtet werden. Im Januar 2012 sind nach den neusten Daten der ABDA für den Monat Januar 2012 die Arzneimittelausgaben wieder um 5,5 Prozent gestiegen. Bei einer von der pharmazeutischen Industrie geforderten frühzeitigen Aussetzung des erhöhten Herstellerrabatts und der Aufhebung des Preismoratoriums hätten die Zuwachsraten wieder im zweistelligen Bereich gelegen.

Unterschiedliche Entwicklung in anderen Leistungsbereichen

In den anderen größeren Leistungsbereichen ist die Entwicklung der Ausgaben sehr unterschiedlich verlaufen:

Der Zuwachs von 2,1 Prozent je Versicherten bei den Ausgaben für ambulante ärztliche Behandlung basiert zu einem erheblichen Teil auf Schätzgrößen, da für das Jahr 2011 flächendeckend lediglich Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigungen des 1 Halbjahres vorliegen.

Der Anstieg bei den Ausgaben für Krankenhausbehandlung lag je Versicherten bei 3,7 Prozent und hat sich im Vergleich zur Zuwachsrate des 1. bis 3. Quartals von 4,2 Prozent um rd. 0,5 Prozentpunke abgeflacht. Dennoch lag der Anstieg für den stationären Bereich, der den Krankenhäusern allein von den gesetzlichen Krankenkassen Mehreinnahmen von rd. 2 Mrd. Euro einbrachte, deutlich über dem durchschnittlichen Anstieg bei den Leistungsausgaben. Trotz moderater Preisentwicklung bei den Vereinbarungen über die Landesbasisfallwerte haben hier offensichtlich Zuwächse bei den Leistungsmengen zu einem deutlichen Anstieg der Ausgaben der Krankenkassen geführt.

Der Ausgabenzuwachs beim Krankengeld verlief mit einem erneuten Plus von 9,4 Prozent nach den zweistelligen Zuwachsraten in den letzten Jahren auch in 2011 weiterhin dynamisch und hat sich nur geringfügig abgeflacht. Maßgebliche Ursachen für diesen Anstieg sind nach wie vor insbesondere eine Zunahme der Krankengeldbezieher in höheren Altersgruppen vor der Verrentung sowie der Anstieg von lang andauernden psychischen Erkrankungen.

Erfreulich ist die Entwicklung bei den Netto-Verwaltungskosten der Krankenkassen, die 2011 um 1 Prozent je Versicherten zurückgegangen sind, wenn auch mit unterschiedlichen Veränderungen bei den einzelnen Kassenarten. GKV-bezogen lässt sich feststellen, dass die gesetzliche Verpflichtung der Krankenkassen, die Verwaltungsausgaben der Jahre 2011 und 2012 auf das Niveau des Jahres 2010 zu begrenzen, gewirkt hat. Dort wo sich einzelkassenbezogen Überschreitungen ergeben, sind die Aufsichtsbehörden gefordert, auf eine Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Verwaltungskostenbegrenzung zu achten.

Weitere Perspektive 2012

Trotz erheblicher konjunktureller Risiken in der Euro-Zone wird die gesetzliche Krankenversicherung auch 2012 auf einer soliden Finanzgrundlage stehen. Bereits im Herbst des vergangenen Jahres konnte der gemeinsame Schätzerkreis von Bundesversicherungsamt, Bundesgesundheitsministerium und GKV-Spitzenverband feststellen, dass die Zuweisungen, die die Krankenkassen im Jahr 2012 aus dem Gesundheitsfonds erhalten, ausreichen werden, um die voraussichtlichen Ausgaben im Durchschnitt zu decken. Auf dieser Basis konnte das Bundesministerium für Gesundheit im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzministerium den durchschnittlichen Zusatzbeitrag wie 2011 auch für das Jahr 2012 auf Null Euro festlegen. Auch wenn bislang noch keine Finanz- und Abrechnungsdaten der Krankenkassen für das Jahr 2012 vorliegen, lässt sich bereits jetzt feststellen, dass sich mit dem positiven Finanzergebnis 2011 die Ausgangssituation für das Jahr 2012 weiter verbessert hat.

Der Gesundheitsfonds verfügt über ein ausreichendes Finanzpolster, um auch für konjunkturelle Einnahmerisiken gewappnet zu sein. Diese positive Entwicklung in der gesamten GKV ist somit ein unverzichtbarer Flankenschutz, um sich möglichen Finanzrisiken in geeigneter Form stellen zu können. Mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz, das zum 1.1.2012 in Kraft tritt, wurden die Voraussetzungen für eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung verbessert, ohne die finanzielle Stabilität der GKV zu gefährden. Ausgabendisziplin und Bemühungen um mehr Wirtschaftlichkeit sind weiterhin angesagt, das gilt sowohl für Leistungserbringer als auch für die Krankenkassen.

Die Krankenkassen wiederum haben jetzt nach Jahren der Unterfinanzierung wieder ausreichende Finanzreserven. Bei Krankenkassen, bei denen die Betriebsmittel und Rücklagen um ein Vielfaches über die erforderlichen Mindestreserven hinausgehen, bestehen zudem Spielräume, um Prämien an die Versicherten auszuzahlen.

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