Gewächshäuser fast ohne fossile Energie

Isolierverglasungen, bewegliche „Energieschirme“, die auf- und zugefahren werden können, Verdunkelungen, Nutzung von Solarenergie: Mit diesen Methoden wollen Gartenbautechniker den Energieverbrauch in Gewächshäusern radikal herunterfahren.

Ziel ist es, den Verbrauch fossiler Energie fast auf Null zu senken. Für das Verbundvorhaben, an dem mehrere Hochschulen und außeruniversitäre Institute deutschlandweit beteiligt sind, werden neue Versuchsgewächshäuser in Hannover, Berlin und Neustadt a. d. Weinstraße gebaut.

Für die ersten fünf Jahre des Großprojektes „Zukunftsinitiative Niedrigenergie-Gewächshaus“ (ZINEG) gibt es insgesamt 8,5 Millionen Euro vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) und der Rentenbank. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) gefördert und von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) betreut.

Die Leibniz Universität Hannover koordiniert das Verbundprojekt, das im Mai 2009 startet. Für den hannoverschen Teil des Projekts stehen rund 2,2 Millionen Euro zur Verfügung, inklusive der Investitionen für Gewächshäuser. Voraussichtlich vier Doktoranden-Stellen an der Leibniz Universität sollen aus dem Topf finanziert werden.

Das neue Gesamtsystem zur Energieeinsparung besteht aus verschiedenen Einzelkomponenten: Zusätzlich zu einer neu entwickelten Isolierverglasung soll es eine bewegliche Zwischendecke aus aluminisiertem Material geben, die nachts zugefahren werden kann, um Heizenergie zu sparen. Tagsüber wird der „Energieschirm“ wieder aufgefahren, damit die Pflanzen Licht bekommen. Zusätzlich sollen verschiedene weitere Verdunkelungssysteme für Wände und Decken eingesetzt werden. „Diese Systeme, die eigentlich die Tag- und Nachtlänge für bestimmte Pflanzenarten künstlich steuern, können auch hervorragend zur Energieeinsparung eingesetzt werden“, erläutert Prof. Hans-Jürgen Tantau vom Fachgebiet Biosystem- und Gartenbautechnik der Leibniz Universität.

Teil des Konzeptes ist zudem die Nutzung von Solarenergie. Solarzellen auf den Gewächshäusern sind zwar nicht möglich, weil sie den Pflanzen das Licht wegnehmen würden, aber die durch die Sonneneinstrahlung entstehende Wärme kann trotzdem genutzt werden. Die Wärme, die normalerweise abgelüftet werden muss, soll gesammelt werden. „Dafür lassen wir die Lüftung geschlossen und setzen einen Wärmetauscher ein, um das Gebäude nachts mit der Energie zu beheizen“, sagt Professor Tantau. Eine weitere Energiesparmöglichkeit ist eine Anpassung der Kulturfolge der Pflanzen. Im Winter können Kulturen angebaut werden, die niedrige Temperaturen benötigen wie Feldsalat oder Beet- und Balkonpflanzen, im Sommer hitzebeständige Pflanzen. Ein durchschnittlicher Verbrauch eines Gewächshauses beträgt bislang etwa 40 Liter Öl oder Öläquivalent pro Quadratmeter und Jahr (je nach Größe und Anbaukultur schwankend). „Wir wollen diesen Energieverbrauch um 90 Prozent senken und die Restenergie langfristig möglichst über alternative Energien decken“, kündigt Professor Tantau an.

Am Standort Hannover werden die neuen Systeme an Topfpflanzen in Gewächshäusern getestet, in Neustadt a. d. Weinstraße und in Berlin werden Gemüsekulturen angebaut. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen die Auswirkung der energiesparenden Maßnahmen auf die Pflanzen. Zum Beispiel kann sich die Luftfeuchtigkeit erhöhen. „Eventuell muss die Luft entfeuchtet werden, damit keine Pilzkrankheiten entstehen“, erläutert Professor Tantau. Er ist sich sicher, dass die Ergebnisse des Projekts für die deutsche Gartenbauwirtschaft zukunftsweisend sein werden: „Mit dem Vorhaben werden erstmals alle Einzelansätze gebündelt und in einem systemorientierten Ansatz auf ihre Anwendbarkeit für die gärtnerische Pflanzenproduktion untersucht.“

Hinweis an die Redaktion:
Für weitere Informationen steht Ihnen Prof. Hans-Jürgen Tantau vom Fachgebiet Biosystem- und Gartenbautechnik unter Telefon +49 511 762 2647 oder per E-Mail unter tantau@bgt.uni-hannover.de gern zur Verfügung.

Media Contact

Dr. Stefanie Beier idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-hannover.de

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