Gasdruckfedern ersetzen Klinkenzüge bei zusätzlichen Hubbewegungen

Sind im Werkzeug zusätzliche Hubbewegungen erforderlich, greifen Werkzeugkonstrukteure gern auf Schrägzugsäulen, Schraubendruckfedern oder Klinkenzüge zurück. Jetzt gibt es eine Alternative von Fibro: die Gasdruckfeder Mould Line für den Kunststoff-Formenbau.

Eine Gasdruckfeder ist ein in sich geschlossenes, mit Stickstoffgas gefülltes Behältnis, in das eine Kolbenstange eintaucht und das Gas komprimiert. Dadurch entsteht eine definierte Kraft, die wieder die Kolbenstange herausdrückt. Sie ist somit eine pneumatische Feder, die ein unter Hochdruck stehendes Gas zur Bereitstellung der Federkraft nutzt.

Gasdruckfedern benötigen keine Vorspannung

Seit über 25 Jahren kommen Gasdruckfedern in Werkzeugen der Metallbearbeitung zur Anwendung: in Schnitt-, Stanz- und Umformwerkzeugen sowie im Großwerkzeugbau. Aufgrund der kompakten Abmessungen, des Hubes und der variabel einstellbaren Kräfte haben sie dort Schraubendruckfedern immer mehr verdrängt. Heutzutage werden über 1 Mio. Gasdruckfedern in Werkzeuge eingebaut. Eine Ausnahme bilden noch Spritzgießformen zur Herstellung von Kunststoffteilen.

Im Formenbau sind Gasdruckfedern jedoch dann die richtige Wahl, wenn direkt mit der Werkzeugöffnung in der Trennebene beispielsweise eine Zwischenplatte oder ein Schieber bewegt werden soll. Die Vorteile spiegeln sich in der Druckabfrage und einer einfachen Krafteinstellung wider. Je nach Ausführung gibt es Gasdruckfedern mit Kräften von 40 bis 183 000 N und einem maximalen Hub von 6 bis 300 mm.

Sie benötigen keine Vorspannung, nur wenig Abstimmungsaufwand und keine Schmierung. Ein Wartungsintervall beträgt bis zu 500 000 Hüben. Die Formtemperatur kann bis zu 120 °C hoch sein. Die Anforderung der europäischen Druckgeräterichtlinie DGRL 97/23/EG [1] werden erfüllt. Eine Druckabfrage ermöglicht, einen eventuell drohenden Gasdruckfederausfall frühzeitig zu erkennen.

Werkzeugbruch bei Blockieren der zweiten Trennebene wird verhindert

Ein wichtiger Aspekt ist der Überlastungsschutz. Verklemmt sich ein zu bewegendes Werkzeugteil, zum Beispiel ein Abstreifer oder die Zwischenplatte in einer Drei-Platten-Spritzgießform, ziehen Klinkenzüge häufig, bis ein Bauteil bricht. Das ist bei einer Installation der Gasdruckfeder Mould Line nicht der Fall: Erreicht die Gasdruckfeder die eingestellte Kraft, verharrt sie in ihrer Position. Daher kommt es nicht zum Werkzeugbruch, wenn zum Beispiel die zweite Trennebene blockieren sollte. Die Zwischenplatte bleibt stehen. Nach Entfernen der Blockade kann die Produktion wieder aufgenommen werden.

Außerdem ist eine Werkzeugüberwachung möglich. So bietet eine kontinuierliche Drucküberwachung die Möglichkeit, einen bevorstehenden Werkzeugausfall zu diagnostizieren. Sie kann visuell oder elektrisch mit Hilfe einer Kontrollarmatur vorgenommen werden. Aufgrund der ständigen Kontrolle lässt sich der Austausch von Werkzeugteilen einplanen, ohne die Produktion unterbrechen zu müssen.

Gewechselt wird dann in einer ohnehin erfolgenden Produktionspause. Infolgedessen werden unplanmäßige Unterbrechungen und damit Kosten vermieden. Grundsätzlich lassen sich mit Gasdruckfedern in Verbindung mit standardisierten Normelementen für den Formenbau alle Funktionen realisieren, die üblicherweise ein Klinkenzug erfüllt.

Einsatz von Gasdruckfedern spart Kosten

Ingesamt bietet die Gasdruckfeder die Möglichkeit, 60 bis 70% der Kosten im Vergleich zu einem Klinkenzug einzusparen. Die Gründe dafür liegen in einer zeitlich kürzeren Plattenbearbeitung und Montage, in längeren Wartungsintervallen und niedrigeren Materialkosten. So müssen lediglich Befestigungsbohrungen in die Platten eingebracht werden. Im Gegensatz zu einem Klinkenzug ist keine Bearbeitung der seitlichen Planflächen erforderlich. Außerdem entfallen Abstimmungsarbeiten.

Die Gasdruckfeder wird bei einer Drei-Platten-Spritzgießform innenliegend platziert, zum Beispiel hinter der zu bewegenden Zwischenplatte, so dass sich diese bei Werkzeugöffnung um einen definierten Weg verschiebt. Dadurch ist sie vor Verschmutzung und der Gefahr einer Beschädigung beim Aufspannen des Werkzeugs geschützt – im Gegensatz zum mechanisch empfindlicheren Klinkenzug, der außenliegend an der Spritzgießform angebracht werden muss. Das erhöht das Ausfallrisiko und ist ein Grund für die kürzeren Wartungsintervalle. Bei einem Klinkenzug liegen die festen Wartungsintervalle im Allgemeinen bei 10 000 bis 50 000 Werkzeughüben.

Je nach Einbau der Gasdruckfeder ist ein Austausch auf der Spritzgießmaschine möglich. Ein Grund dafür ist die Verwendbarkeit unterschiedlicher Befestigungsmöglichkeiten. Ein vereinfachter Einbau und Austausch wirken sich auch bei der Anwendung für die Schieberrückstellung vorteilhaft aus. Für diese Aufgabe ist die Gasdruckfeder mit einer Innendurchgangsbohrung versehen. Bei der Schieberrückführung arbeitet sie wie eine Zugfeder. Der Schieber wird zurückgezogen. Schrägsäulen und Schieberarretierungen sind nicht erforderlich.

Dipl.-Ing. Norbert Reinmuth ist Produktmanager im Geschäftsbereich Normalien bei der Fibro GmbH in Hassmersheim.

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Norbert Reinmuth MM MaschinenMarkt

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