Funkspektrumanalyse nutzt Innenohr-Vorbild

Forscher am Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben einen schnellen, sehr breitbandigen und stromsparenden Funkchip entwickelt, der sich das Hörorgan des menschlichen Innenohrs, die Cochlea, zum Vorbild nimmt.

Denn das Organ ist äußerst leistungsfähig. „Desto mehr ich mir das Ohr angesehen habe, desto klarer wurde mir, dass es praktisch ein Super-Empfänger mit 3.500 parallelen Kanälen ist“, meint Rahul Sarpeshkar, Extraordinarius für Elektrotechnik und Informatik am MIT. Nach diesem Vorbild ist ein Chip entstanden, der ein breites Funkfrequenzspektrum effizient analysieren kann.

Das ist interessant für den kognitiven Funk – also intelligente Allround-Geräte, die diverse Signale von Mobilfunk über WLAN bis hin zu TV-Übertragungen empfangen und einzelne Frequenzen gezielt auswählen können.

„Die Bedeutung dieser Arbeit liegt vor allem darin, dass hier eine biologische Funktion auf die elektronische Verarbeitung hochfrequenter Signale übertragen wurde“, kommentiert Erwin Hochmair, Professor am Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik der Universität Innsbruck http://www.uibk.ac.at/ionen-angewandte-physik , im Gespräch mit pressetext. Im menschlichen Ohr erzeugt Schall, der die Cochlea erreicht, mechanische Schwingungen in der Cochlea-Membran sowie der Flüssigkeit des Innenohrs und aktiviert ferner Haarzellen. Dieses Funktionsprinzip wurde am MIT mithilfe von Kondensatoren, Induktoren und Transistoren als Gegenstücke der physiologischen Elemente elektronisch umgesetzt. Während der Mensch in einem breiten Frequenzspektrum von etwa 100 bis 10.000 Hertz hören kann, dient die MIT-Entwicklung der analogen Spektrumanalyse im Frequenzbereich von 600 Megahertz bis acht Gigahertz. Die elektronische Hochfrequenz-Cochlea benötigt dazu weniger als 300 Milliwatt Leistung, so die Forscher im IEEE Journal of Solid-State Circuits.

Der Chip sei laut MIT interessant als Teil eines kognitiven Funksystems, das ein breites Frequenzspektrum empfängt und dann intelligent entscheidet, welche Bereiche tatsächlich genutzt werden. Die Spektrumanalyse benötige rund 100 Mal weniger Strom als eine direkte Digitalisierung der gesamten abgedeckten Bandbreite. „Ein wirkliches Super-Radio ist das vorerst aber noch nicht“, meint allerdings Hochmaier. Beispielsweise hat die Entwicklung vorerst nur 50 Ausgabekanäle und obwohl der Chip die Frequenzbereiche einiger kommerzieller Funkanwendungen wie GSM- und UMTS-Netze, WLAN und Richtfunk abdeckt, liegen etwa Radioübertragungen oder Satelliten-TV außerhalb. Auch in einigen anderen Punkten ortet Hochmaier noch Verbesserungsbedarf. „Das bedeutet aber sicher nicht, dass entsprechende Erweiterungen nicht möglich wären“, betont der Wissenschaftler. Man müsse abwarten, was die MIT-Forscher langfristig erreichen könnten.

Aber nicht nur technisch ist die Entwicklung interessant. „Wer immer nur im Funkbereich arbeitet, würde auf diese Idee ebenso wenig kommen wie jemand, der nur am Gehör arbeitet“, meint Sarpeshkar. Eine Zusammenarbeit bringe neue Erkenntnisse für beide Seiten. So hat die Arbeit seines Teams neben dem Funk-Chip auch eine Analyse hervorgebracht, warum die Spektrumanaylse der Cochlea schneller funktioniert als jeder andere bekannte Algorithmus. Somit wird auch der Mechanismus des menschlichen Hörens beleuchtet.

Media Contact

Thomas Pichler pressetext.austria

Weitere Informationen:

http://www.mit.edu

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