Fehlbildungen beim Ungeborenen mittels Ultraschall erkennen: Schwangere wählen eher Schallkopf als Nadel

Diese invasive vorgeburtliche Diagnostik birgt Risiken, die in vielen Fällen vermeidbar sind, so die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM). Denn dank immer besserer Ultraschalluntersuchungen lässt sich die Gruppe der Frauen, denen die sogenannte Amniozentese empfohlen wird, inzwischen deutlich eingrenzen. Wie Frauen die Entscheidungshilfe Ultraschall annehmen, zeigt eine neue Studie.

Die gezielte Sonografie kann beim ungeborenen Kind Fehlbildungen wie etwa einen offenen Rücken oder Herzfehler aufdecken. Außerdem untersuchen Ärzte damit das Kind auch auf sogenannte „Soft-Marker“ – körperliche Merkmale, die zum Beispiel auf eine Chromosomenstörung wie das Down-Syndrom hindeuten können. Diese erlauben zwar keine eindeutige Diagnose, lassen aber genauere Aussagen über die Wahrscheinlichkeit zu, mit der ein Kind betroffen ist.

„Bei unauffälligem Ultraschall liegt das Risiko für ein Down-Syndrom rund 70 Prozent unter dem normalen Altersrisiko“, erläutert Privatdozentin Dr. med. Annegret Geipel, Vorstandsmitglied der DEGUM und Frauenärztin am Universitätsklinikum Bonn. Vielen Frauen genüge diese Information. Sie verzichten dann auf eine Fruchtwasserpunktion, die immerhin mit einem Fehlgeburtsrisiko von 0,5 Prozent behaftet ist.

Inwieweit Frauen die Entscheidungshilfe Ultraschall annehmen, hat Dr. Geipel gemeinsam mit Kollegen untersucht und jetzt die Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Ultraschall in der Medizin“ veröffentlicht (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2010). In ihre Untersuchung bezogen die Bonner Mediziner fast 700 Schwangere in der 15. bis 18. Schwangerschaftswoche ein. Alle waren aufgrund ihres Alters oder früherer auffälliger Befunde an das Universitätsklinikum überwiesen worden. Vor einer möglichen Fruchtwasserpunktion boten die Ärzte den Schwangeren eine gezielte Sonografie und eine genetische Beratung an.

Wie die Bonner Studie ergab, waren zwei Drittel der Schwangeren bereits vor der Ultraschalluntersuchung in ihrem Entschluss für oder gegen eine Amniozentese gefestigt. Von diesen änderten lediglich 10,4 Prozent ihre vor gefasste Meinung und entschieden sich gegen die Punktion. Für Geipel jedoch ermutigend: Immerhin 34 Prozent der Teilnehmerinnen waren zu Beginn noch nicht festgelegt und wollten den Ultraschallbefund abwarten – mehr als in ähnlichen Studien. „Offenbar weiß eine wachsende Zahl von Frauen um die Möglichkeit der gezielten Sonografie“, folgert die Leitende Oberärztin der Pränatalmedizin. In dieser Gruppe war der Einfluss des Ultraschallergebnisses groß: 86,7 Prozent der Frauen mit unauffälligem Befund nahmen keine Amniozentese in Anspruch. Für diese Frauen war der normale Ultraschallbefund offenbar ein wichtiger und beruhigender Faktor.

Wie alle Ultraschalluntersuchungen ist auch bei der pränatalen Sonografie die Qualifikation des Anwenders maßgebend. Die DEGUM bietet deshalb im Rahmen ihres Drei-Stufenkonzeptes zertifizierte Fortbildung für sonografierende Ärzte aller Fächer an. „Auf diese Weise tragen wir dazu bei, dass Untersucher hochwertige sonografische Diagnostik durchführen“, ergänzt der Vizepräsident der DEGUM, Professor Dr. med. Eberhard Merz, Direktor der Frauenklinik am Krankenhaus Nordwest in Frankfurt am Main und Herausgeber der wissenschaftlichen Zeitschrift „Ultraschall in der Medizin“.

Quelle: A. Willruth, J. Vieten, C. Berg, U. Gembruch, A. Geipel
Decision Making and Attitudes towards Invasive Prenatal Diagnosis in the Early Second Trimester

Ultraschall in Med 2010; 30: S.

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