Eiweiße aus Reis – Rohstoff statt Abfall

Mit spezieller Filtrationstechnik werden die Peptide aus dem Reis-Eiweiß der Größe nach getrennt. © Fraunhofer UMSICHT

Reis enthält viele wertvolle Bestandteile und dient weiten Teilen der Erdbevölkerung als Grundnahrungsmittel. Zum überwiegenden Teil besteht das Getreide aus Stärke. Diese wird von vielen Betrieben extrahiert und verkauft, etwa als gluten- und allergenfreie Babynahrung.

Die Eiweiße, die dabei übrig bleiben, entsorgen die Hersteller vielfach – und das zu hohen Preisen. Dabei könnten die Eiweiße aufgrund ihrer physiologischen Aktivität von großem Nutzen sein: etwa für Nahrungsergänzungsmittel oder für Kosmetika. Sie sind ein reines Naturprodukt, und der Körper kann sie gut aufnehmen.

Im EU-Projekt BIORICE haben Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen gemeinsam mit europäischen Partnern nun ein Verfahren entwickelt, um diesen Rohstoff zu nutzen.

»Wir haben aus einem Nebenprodukt, das eigentlich Kosten verursacht, ein hochwertiges Produkt generiert, das in Nahrungsmitteln und Kosmetika genutzt werden kann«, sagt Dr.-Ing. Jürgen Grän-Heedfeld, Wissenschaftler am UMSICHT. »Das ist für diesen Rohstoff bislang einzigartig.«

Peptide – nach Größe sortiert

Doch wie werden die Eiweiße verarbeitet? Zunächst spalten die italienischen Projektpartner von der Universität Bologna die Eiweiße in Bruchstücke auf, die Peptide. »Wir trennen diese Peptide der Größe nach, wir sortieren sie quasi«, erläutert Grän-Heedfeld. Dazu nutzen die Forscher verschiedene Membranen, die wie Filter wirken.

Zunächst filtern sie die Peptide, die in einer wässrigen Suspension vorliegen, über eine Membran mit 0,2 Mikrometer großen Poren. Die größeren unverdauten Proteine, die man also selbst mit bloßem Auge erkennen kann, bleiben vor der Membran hängen. Die Lösung, die die Membran passiert hat, ist nun klar: Die darin enthaltenen Peptide sind zu klein, um sie mit dem Auge erkennen zu können.

Diese Lösung schleusen die Wissenschaftler nun durch drei weitere Membranen. Das Ergebnis: Peptide in vier verschiedenen Größenordnungen. Der Vorteil dieser Methode: Die Forscher setzen ausschließlich auf physikalische Trennmethoden, es kommt keinerlei Chemie zum Einsatz. Das Endprodukt ist naturrein. Mittlerweile haben die Wissenschaftler das Verfahren erfolgreich auf größere Maßstäbe übertragen: Statt der anfänglichen 15 bis 200 Milliliter arbeiten sie nun mit Lösungsmengen von bis zu 20 Litern.

Schonende Trocknung

In einem weiteren Schritt trocknen die Wissenschaftler die einzelnen Fraktionen – also die vier Lösungen, die nach der Filtration zurückbleiben. Dazu nutzen sie das etablierte und schonende Verfahren der Gefriertrocknung, wie es auch für Himbeeren im Müsli angewandt wird, sowie die Sprühtrockung. Bei der Gefriertrocknung zieht ein Vakuum das Wasser aus dem Produkt heraus, der Wasserdampf wird an einem Kondensator gefroren. Dieses Verfahren ist extrem schonend, allerdings auch energieaufwändig. Die Sprühtrocknung belastet die Eiweiße zwar etwas mehr, ist jedoch schneller: Eine Düse sprüht die Lösung in einen Heißluftstrom.

Dieser trocknet die Eiweißstücke in Sekundenbruchteilen – zurück bleibt das reine Peptid, das ein wenig an Milchpulver erinnert. »Auf diese Weise können wir im Labor Peptid-Mengen von 100 bis 200 Gramm leicht herstellen«, erklärt Grän-Heedfeld. Die Herausforderung lag vor allem darin, thermische Schädigungen zu vermeiden und die Peptide stabil zu halten. Denn sie sind ein Naturprodukt, das sich leicht verfärben oder gar schimmeln könnte. »Das Herstellungsverfahren umfasst viele Parameter. Um diese richtig einzustellen, braucht man viel Erfahrung und Expertise«, sagt Grän-Heedfeld.

Die Peptide, die die Forscher mit ihrem Verfahren produzieren, sind gänzlich neu: Sie stammen aus einem anderen Rohstoff als alle, die bereits auf dem Markt sind. Dennoch ist der Körper bereits mit ihnen vertraut: Essen wir Reis, zerlegt der Magen diesen schließlich auch – und zwar in die noch kleineren Aminosäuren, also in die einzelnen Bausteine der Peptide und Eiweiße.

Am Ende der Peptid-Herstellungskette steht derzeit ein klein- und mittelständiges Unternehmen mit Sitz in der Schweiz und in Italien: Es wird die Peptide vermarkten. Bevor diese als Bestandteile von Cremes und Nahrungsergänzungsmitteln in die Supermarktregale wandern, stehen allerdings noch viele Untersuchungen und Analysen an – vor allem, was ihre Verträglichkeit und Wirkungsweise angeht.

Weitere Informationen: http://www.biorice.eu/

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Iris Kumpmann Fraunhofer Forschung Kompakt

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