Chefsein belastet die Psyche

Trotz der vielen Vorteile ihrer Position haben Führungskräfte eine hohe Anfälligkeit für psychosomatische Leiden. Das berichten Wissenschaftler der Universität Toronto in der Zeitschrift Social Science and Medicine.

Sie untersuchten 1.800 US-Amerikaner aus verschiedensten Sektoren und Betriebsebenen nach ihrem körperlichen und psychischen Befinden. Besonderes Augenmerk legten sie dabei auf die Gruppe, die Leitungsaufgaben oder die Entscheidung über Bezahlung, Einstellung oder Entlassung von Mitarbeitern inne hatten.

Vorgesetzte haben in der Regel einen interessanten Job und verdienen besser – Eigenschaften, die ihnen zu mehr Erfüllung in der Arbeit, zu weniger Stress und zu besserer Gesundheit verhelfen sollten. Gleichzeitig bringt ihre Position jedoch auch häufigere interpersonelle Konflikte mit sich, sowie eine Unterwanderung des Privatlebens durch Berufsaufgaben. Wird etwa die Arbeit zuhause erledigt, schwappt der Berufsstress mit, was psychologische Bedrängnis, Ärger und schlechte Gesundheit nach sich zieht. „Führung besitzt eine Kehrseite, die die meisten Vorteile wieder zunichte macht“, so Studienleiter Scott Schieman.

Erreichbarkeit zerstört Privatleben

„Liegt die frei verfügbare Zeit eines arbeitenden Menschen heute durchschnittlich bei sechs Stunden pro Tag, beträgt sie bei Führungskräften nur 3,5 Stunden“, berichtet Stefan Bayer, Präsident der österreichischen Akademie für Arbeitsmedizin, gegenüber pressetext. Besonders bei Menschen aus dem mittleren und oberen Management fehle es deutlich an Work-Life-Balance. Durch moderne Technologien wie Handy, Blackberry und E-Mail werde das Abschalten zunehmend schwierig, was seinen Tribut fordere. „In dieser Gruppe sind Migräne, Magengeschwüre, Magen-Darm-Erkrankungen bis hin zu Herz-Kreislauf-Problemen sehr häufig.“

Im Bezug auf die Gesundheit der verschiedenen Betriebsebenen sei in den letzten Jahrhunderten ein kompletter Wandel vor sich gegangen. „In Zeiten der Industrialisierung standen vollgefressene Direktoren an der Spitze der Gesellschaftspyramide, deren Grundlage ausgezehrte Arbeiter bildeten. Heute sind oben die gestylten und körperbewussten Führungskräfte, die jährlich zur Vorsorgeuntersuchung gehen, jedoch oft an psychosomatische Beschwerden leiden. Unten stehen Arbeiter, die durch den ungesunden Lebensstil ständig an Körperfülle zunehmen“, so Bayer.

Vorbild für die Mitarbeiter

Der Arbeitsmediziner rät Führungskräften, den eigenen Mitarbeitern ein Vorbild in Sachen psychische Gesundheit zu sein. „Die Botschaft, die durch die eigene Arbeit vermittelte wird, darf sich nicht darauf beschränken, zusätzliche Belastungen zu übernehmen. Vielmehr sollte sich ein Vorgesetzter Auszeit genehmigen und mindestens zwei Wochen am Stück Urlaub nehmen oder zu bestimmten Zeiten auf sein Handy verzichten und nicht erreichbar sein.“

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Johannes Pernsteiner pressetext.austria

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