Sie ist der Boss: Bei Blütenpflanzen steuert die Eizelle die Befruchtung – Publikation in „Science“

Blüten der Arabidopsis thaliana<br>Foto: Dr. Stefanie Sprunck<br>

Bei der Untersuchung der Modell-Blütenpflanze Arabidopsis thaliana (Acker-Schmalwand) entdeckte das Team um Dr. Stefanie Sprunck und Prof. Dr. Thomas Dresselhaus vom Institut für Botanik und Zellbiologie eine kleine Proteinfamilie in den Eizellen der Pflanze, die den Vorgang der doppelten Befruchtung steuert und kontrolliert. Die Ergebnisse wurden am vergangenen Freitag in der renommierten Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht (DOI: 10.1126/science.1223944).

Mit der sogenannten doppelten Befruchtung haben Blütenpflanzen eine besondere Form der sexuellen Fortpflanzung entwickelt. Dabei wächst ein Pollenschlauch mit zwei Spermazellen an der Spitze durch die verschiedenen Gewebe der weiblichen Blüte. Ziel ist das Zentrum des Fruchtknotens mit den Samenanlagen, wo sich in jeder Samenanlage zwei unterschiedliche weibliche Gameten befinden.

Eine der Spermazellen fusioniert mit der Eizelle und es entsteht eine Zygote, die sich zum Embryo entwickelt. Die zweite Spermazelle fusioniert mit der Zentralzelle und es bildet sich das Endosperm – ein Nährgewebe, das den Embryo umgibt. Bei Getreidearten entwickelt sich hieraus der Mehlkörper, unser wichtigstes Grundnahrungsmittel.

Damit sich ein Same entwickeln kann, müssen beide Befruchtungsprozesse erfolgreich stattfinden. Obwohl es sich um einen fundamentalen biologischen Prozess handelt, war bisher nur wenig über die der doppelten Befruchtung zugrundeliegenden molekularen Mechanismen bekannt. Die Regensburger Forscher konnten jetzt zeigen, dass eine kleine Proteinfamilie der Eizelle, EGG CELL1 (EC1) genannt, maßgeblich am Prozess der doppelten Befruchtung beteiligt ist. Bei Ankunft der beiden Spermazellen werden die EC1-Signalproteine von der Eizelle ausgeschüttet. Sie wirken auf die Spermazellen ein und sorgen dafür, dass die Zelloberflächen der Spermien zur richtigen Zeit und am richtigen Ort für eine Fusion mit den weiblichen Gameten vorbereitet werden. Fehlen einer Eizelle die EC1-Proteine, können die Spermazellen weder mit der Eizelle noch mit der Zentralzelle fusionieren und eine Befruchtung findet nicht statt.

Es ist anzunehmen, dass sich die Beobachtungen der Regensburger Forscher auf alle anderen Blütenpflanzen übertragen und langfristig sogar kontrolliert beeinflussen lassen. Denn die Gene für EC1-Proteine sind bereits in den ursprünglichsten Blütenpflanzen nachweisbar; so zum Beispiel auch im Genom des immergrünen Strauches Amborella trichopoda, der als urtümlichster Vertreter der Blütenpflanzen angesehen wird. EC1-Proteine fehlen dagegen bei Pflanzen, die keine doppelte Befruchtung aufweisen.

Zur Originalveröffentlichung:
http://www.sciencemag.org/content/338/6110/1093

Ansprechpartnerin für Medienvertreter:
Dr. Stefanie Sprunck
Universität Regensburg
Institut für Botanik und Zellbiologie
Tel.: 0941 943-3005
Stefanie.Sprunck@biologie.uni-regensburg.de

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Alexander Schlaak idw

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