Bienensterben bedroht die Welternährung

Die weltweiten Bienenbestände gehen immer drastischer zurück. Das zeigt das Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP in einem Bericht. Besonders der industrialisierte Norden verliert von Jahr zu Jahr große Teile seiner Bienenvölker, manche Regionen verzeichnen sogar Rückgange von 85 Prozent. Die Gründe, die dafür den Ausschlag geben könnten, sind zahlreich, eindeutige Ergebnisse gibt es jedoch nicht. Ohne nachhaltigere Formen der Bewirtschaftung ist die Nahrungsversorgung der Zukunft in Frage gestellt, so das Resümee.

Zukunft der Landwirtschaft steht auf dem Spiel

Viele Ökosystemdienste werden von freilebenden Bienen, Schmetterlingen, Motten und Fliegen sowie von kommerziellen Bienenkolonien. Schätzungen zufolge werden von den 100 Pflanzenarten, die über 90 Prozent der Ernährung sicherstellen, 71 von Bienen bestäubt. In Europa zählen dazu 84 Prozent der 264 Getreidearten und 4.000 Gemüsearten. Insektenbestäubte Getreidearten sind unverzichtbar, ergeben sie doch einen fünfmal höheren Ertrag als solche, die ohne Insekten auskommen.

In Gefahr ist diese Leistung durch das großflächige Bienensterben, das sich längst nicht mehr nur auf Europa und Nordamerika beschränkt. In Japan ist jede vierte Bienenkolonie betroffen, auch China berichtet von Massensterben sowie das ägyptische Niltal – wodurch auch Asien und Afrika betroffen sind. „Der Mensch hat den Irrglauben entwickelt, der technische Fortschritt habe ihn im 21. Jahrhundert von der Natur unabhängig gemacht. Die Bienen zeigen, dass wir in einer Welt mit sieben Milliarden Menschen in Wahrheit viel mehr statt weniger von Dienstleistungen der Natur abhängen“, so UNEP-Chef Achim Steiner.

Über ein Dutzend Schuldige

Wenngleich die genaue Ursache des Rückgangs noch immer unklar ist, kennt man bereits über ein Dutzend Faktoren. Schädlinge wie Pilze, Milben und Viren gehören dazu, die dank globaler Handelswege alle Regionen erobert haben, Bienen-gefährdende Chemikalien in der Landwirtschaft wie systemische Insektizide oder chemische Saatgut-Schutzüberzüge oder auch die Luftverschmutzung, aufgrund derer Bienen ihre bevorzugte Nahrung schlechter wahrnehmen.

Doch auch Faktoren wie der Biodiversitäts-Verlust dürften eine Rolle spielen. Bienen brauchen eine Reihe verschiedener Pflanzen, um ihre Larven zu versorgen, verlieren jedoch zunehmend ihre Nahrungsgrundlage. 20.000 Blütenpflanzen könnten ohne entsprechende Schutzmaßnahmen in den kommenden Jahrzehnten verschwinden, was das Immunsystem des Bienen-Nachwuchses schwächt und noch anfälliger für Schädlinge macht. Schließlich ändert auch der Klimawandel Blühzeiten und Niederschläge, was bestehende Probleme verstärkt und das Pollenangebot verändert.

Schutzlos gegen kleine Milbe

„Eine der stärksten Ursachen des Bienensterbens ist die Varroa-Milbe“, erklärt Vincent Dietemann, Spezialist für Bienenkrankheiten am Schweizer Zentrum für Bienenforschung http://www.agroscope.admin.ch/imkerei , im pressetext-Interview. Beinahe jedes europäisches Bienenvolk befällt der Schädling und richtet es – falls keine Behandlung durch Imker erfolgt – innerhalb von zwei bis drei Jahren zugrunde. „Die afrikanische und die afrikanisierte Biene in Afrika und Südamerika sind allerdings gegen Varroa resistent.“

Bekämpft wird die Plage bisher durch synthetische Varroazide, die zwar effizient sind, jedoch in vielen Regionen längst resistente Milben hinterlassen haben. „Mitte der 90er-Jahre kamen alternative Methoden mit organischen Säuren oder ätherischen Ölen auf, die jedoch weniger stark wirken und zudem sehr aufwändig sind“, so Dietemann. An nachhaltige Lösungen für das Problem fehlt es noch immer, und auch die genauen Wechselwirkungen zwischen den Faktoren, die Bienen negativ beeinflussen, seien noch zu wenig bekannt.

Prämien für bienenfreundliche Bauern

Ebenso komplex wie die Ursachen sollten auch die Strategien sein, mit denen man dem Bienenverlust entgegensteuern sollte, so der UNEP-Bericht. Bienenfreundliche Bauern, die etwa Blütenpflanzen am Feldrand anbauen, sollten prämiert werden, zudem sei mehr Vorsicht im Umgang mit Agrarchemikalien Gebot der Stunde. Besonders aber müssten die Wissenslücken noch gestopft werden, um die richtigen Maßnahmen gegen das Bienensterben zu setzen.

Download des Berichts unter http://www.unep.org/dewa/Portals/67/pdf/Global_Bee_Colony_Disorder_and_Threats_insect_pollinators.pdf

Media Contact

Johannes Pernsteiner pressetext.redaktion

Weitere Informationen:

http://www.unep.org

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Ökologie Umwelt- Naturschutz

Dieser Themenkomplex befasst sich primär mit den Wechselbeziehungen zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren, aber auch im weiteren Sinn zwischen einzelnen unbelebten Umweltfaktoren.

Der innovations report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Klimaschutz, Landschaftsschutzgebiete, Ökosysteme, Naturparks sowie zu Untersuchungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer