Bananen nicht mit Birnen vergleichen

Gelbe Blätter von Bananenpflanzen leuchten blau, wenn man sie im UV-Licht betrachtet. Diese Lumineszenz wird von Abbauprodukten des grünen Blattfarbstoffs Chlorophyll erzeugt, die auf eine ganz einzigartige Weise mit speziellen Zuckermolekülen bestückt („hypermodifiziert“) sind und sich in den alternden Blättern anreichern, berichten Bernhard Kräutler und sein Team von der Universität Innsbruck in der Zeitschrift Angewandte Chemie. Die Forscher vermuten, dass diese langlebigen Abbauprodukte des Chlorophylls physiologische Bedeutung haben.

Interessanterweise findet man in anderen höheren Pflanzen, wie Äpfeln und Birnen, meist nur farblose, nicht fluoreszierende Chlorophyllabbauprodukte. Fluoreszierende Abbauprodukte sind zwar schon früher in alternden Blättern nachgewiesen worden, bisher aber nur als kurzlebige Zwischenprodukte des Chlorophyllabbaus. Vor einiger Zeit hatten Kräutler und Kollegen dann entdeckt, dass Bananen unter UV-Licht blau leuchten. Beim Reifen der Bananen reichern sich in der Bananenschale farblose, aber blau fluoreszierende Abbauprodukte des Chlorophylls an.

Die Verbindungen aus Bananenschalten und Bananenblättern unterscheiden sich, gemeinsam ist ihnen aber, dass sie langlebig („persistent“) sind. Zudem zeigen sie eine strukturelle Gemeinsamkeit: eine bisher einzigartige, komplexe Esterfunktion an einer bestimmten Seitenkette. Diese Gruppe wirkt chemisch stabilisierend und ist eine Erklärung für die ungewöhnliche Langlebigkeit der fluoreszierenden Zwischenstufen in der Banane und ihren Blättern. Das in den Blättern entdeckte Abbauprodukt, Ma-FCC-61 genannt, ist ein Pyrrol-Pigment mit einer bisher unbekannten Ausstattung mit Zuckerbausteinen. Die Forscher schließen nicht aus, dass dieses neuartige Chlorophyllabbauprodukt ein Baustein für bisher nicht nachgewiesene und sogar noch komplexere Pigmente darstellen könnte.

„Wenn sich Blätter von Pflanzen verfärben oder Früchte reifen, treten faszinierende Farben in Erscheinung“, sagt Kräutler. „Die leuchtenden Farben der Früchte dürften sich wegen ihrer Signalwirkung auf fruchtfressende Tiere entwickelt haben, um damit die Verteilung ihrer Samen zu gewährleisten. Auch die blaue Lumineszenz von Bananen könnte eine derartige Funktion ausüben“, so Kräutler. Das zusätzliche „Anzeigen“ von Früchten durch farbenfrohe und möglicherweise leuchtende Blätter könnte ein weiteres optisches Signal der fruchttragenden Pflanzen sein. „In jedem Fall ist aber die bisherige Annahme zu revidieren, nach der Chlorophylle in alternden Blättern immer über einen allgemeinen Weg hin zu nicht fluoreszierenden Abbauprodukten (als Endprodukte) „entsorgt“ werden“, so Kräutler.

Angewandte Chemie: Presseinfo 22/2010

Autor: Bernhard Kräutler, Universität Innsbruck (Austria), http://pc43-c726.uibk.ac.at/oci/people/en_bernhard_kraeutler.html

Angewandte Chemie 2010, 122, No. 30, Permalink to the article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201000294

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69495 Weinheim, Germany

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue Industrie-4.0-Lösung für niedrigschwelligen Zugang zu Datenräumen

»Energizing a Sustainable Industry« – das Motto der Hannover Messe 2024 zeigt klar, wie wichtig eine gleichermaßen leistungsstarke und nachhaltige Industrie für den Fertigungsstandort Deutschland ist. Auf der Weltleitmesse der…

Quantenpräzision: Eine neue Art von Widerstand

Physikforschende der Universität Würzburg haben eine Methode entwickelt, die die Leistung von Quantenwiderstands-Normalen verbessern kann. Sie basiert auf einem Quantenphänomen namens anomaler Quanten-Hall-Effekt. In der industriellen Produktion oder in der…

Sicherheitslücke in Browser-Schnittstelle erlaubt Rechnerzugriff über Grafikkarte

Forschende der TU Graz waren über die Browser-Schnittstelle WebGPU mit drei verschiedenen Seitenkanal-Angriffen auf Grafikkarten erfolgreich. Die Angriffe gingen schnell genug, um bei normalem Surfverhalten zu gelingen. Moderne Websites stellen…

Partner & Förderer