Alzheimer: Mit 3D-Chip der Krankheit auf der Spur

Dipl.-Ing. Sabine Schmidt im BBZ-Reinraum mit der Maske für die Strukturierung des 3D-Chips. Um Makrostrukturen auf dem Chip zu erzeugen, werden die Strukturen auf einer Chrommaske erstellt. Die Strukturen werden dann auf dem Chip durch die Belichtung mittels UV-Licht durch die Maske in dem aufgebrachten photosensitiven Lack erzeugt.<br>Foto: Swen Reichold<br>

Nun haben sie einen Chip entwickelt, der ihnen wichtige Daten liefert, um den Verlauf der Krankheit an neuronalen Zellmodellen im Labor besser zu verstehen.

„Wir erforschen neue Nachweisverfahren mittels Chiptechnologie, um die Alzheimersche Krankheit, aber auch andere Erkrankungen, beispielsweise Krebserkrankungen in Zukunft besser verstehen und therapieren zu können“, erklärt Prof. Dr. Andrea A. Robitzki, die Direktorin des BBZ. Ursache für die Krankheit sind Proteine und Eiweißmoleküle, die sich verändern und die Nervenzellen der Betroffenen absterben lassen. Mit dem neuen Chip kann dieser Prozess nun im Labor besser sichtbar gemacht werden.

Das entwickelte Verfahren basiert auf neuen Bio-Chips, „die aus Nervenzellen wichtige Informationen über krankhafte Veränderungen in Echtzeit auslesen können“, erklärt Prof. Dr. Andrea A. Robitzki ihre derzeitige Forschung am BBZ. Geliefert werden so genaue Informationen über Krankheitsprozesse, etwa wie aggressiv die Krankheit verläuft und was genau in den Zellen passiert. In der Folge können die 3D-Chips auch anzeigen, welche Therapien wirken und ob potenzielle Wirkstoffe tatsächlich anschlagen.

„Die genauen Ursachen für Morbus Alzheimer kennen wir noch nicht, aber wir können mit dem neuen Chip molekulare Erkenntnisse gewinnen und den Verlauf am zellulären Objekt beobachten“, so Robitzki. Fakt sei bislang, dass bestimmte Proteine und Eiweißmoleküle die Erkrankung auslösen.

„Unser Chip ist nicht als Implantat gedacht, sondern als externes Instrument, das der Entwicklung von Medikamenten dient und geeignete Therapien identifiziert“, erklärt die Biowissenschaftlerin. Hergestellt wird der neue Chip direkt im Reinraum des BBZ. Anschließend geht es darum, ein eindeutiges, neurodegeneratives Krankheitsmodell auf den Chip zu bringen. „Wir arbeiten mit Gewebemodellen, in denen wir die Alzheimerkrankheit auslösen. Dann beobachten wir störungsfrei, wie sich das Krankheitsbild über einen langen Zeitraum verändert“. Zum Beispiel sei zu sehen, wie genau bei einer Alzheimer-Erkrankung Nervenfasern absterben und das neuronale Netz zerfällt. „Wir simulieren in unserem Labor einen aggressiven Krankheitsverlauf, um dann über die Zugabe verschiedener Medikamente zu testen, ob diese wirken oder nicht“, erklärt die Professorin.

Den Chip gibt es in verschiedenen Varianten und Formaten. „Für die 3D-Modelle nutzen wir einen Chip, der auf einem Messareal von einem Quadratzentimeter mehrere sogenannte Töpfchen in vereint. Damit lassen sich dreidimensionale Hirnstrukturen auslesen“, so die Professorin. Auf dem Chip sind Elektroden integriert, an die Wechselstrom angelegt wird. Ändert sich der elektrische Widerstand, bedeutet das indirekt, dass sich in den Eiweißstrukturen der Zelle etwas verändert hat. Diese Widerstandsänderungen zeichnet der Chip auf.

„Unser Chip arbeitet wie ein Reporter, der uns zu jedem Zeitpunkt nach Außen meldet, ob die Zelle sich verändert.“ So ist der Chip ein Instrument, mit dem effektiv neue Medikamente auf ihre Wirkung und Nebenwirkung getestet werden können. „Beta-Versionen unseres Systems werden bereits seit zwei Jahren von der Industrie in deren Laboren genutzt“, so Prof. Robitzki.

Mobile Diagnostik per Biosensor

Ein weiteres wichtiges Arbeitsfeld für das Forscherteam um Andrea Robitzki ist die mobile Diagnostik. „Einen Krankheitsverlauf ständig zu beobachten ist eine maßgebliche Methode, um dem Patienten in Zukunft die bestmögliche Therapie anzubieten“, sagt Robitzki. Noch Zukunftsmusik, aber denkbar: Ein Patient trägt einen Biosensor am oder im Körper, und dieser informiert ihn und auch seinen betreuenden Arzt jederzeit über den Verlauf der Krankheit. Probleme könnten dann bereits festgestellt und behandelt werden, bevor schwerwiegende Folgen für den Patienten entstehen. Diese mobile Diagnostik könnte dann mit der Freisetzung eines Medikaments kombiniert werden.

„Solch eine personalisierte Medizin ist zum Beispiel für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, aber auch bei Krebstherapien denkbar“, erklärt die Leipziger Wissenschaftlerin. Patienten könnte somit trotz ihrer Krankheit eine höhere Lebensqualität ermöglicht werden.

„Zusammen mit den Universitäten in Mainz und Graz arbeiten wir zudem an Biosensoren, die während einer chirurgischen Entfernung von Tumorzellen im Gehirn zum Einsatz kommen könnten“, berichtet Andrea Robitzki. „Der operierende Arzt bekäme ein Hilfsmittel an die Hand, das ihm signalisieren könnte, welches Gewebe wirklich vom Tumor betroffen ist und entfernt werden sollte.“

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Andrea Robitzki
Biotechnologisch-Biomedizinischen Zentrum
Telefon: +49 341 97-31240
E-Mail: andrea.robitzki@bbz.uni-leipzig.de

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Ronny Arnold Universität Leipzig

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