Mio.-Gehälter für Vorstände bleiben die Ausnahme
„Trotz der im Zuge der Finanzkrise heftig geführten Diskussion um überzogene Entlohnungen für Vorstände bleiben Mio.-Gehälter bei einem Großteil der Unternehmen die Ausnahme.
Die Debatte in Deutschland wird fast immer ausschließlich auf die 30 größten im Dax gelisteten Unternehmen beschränkt. Dadurch wird jedoch das Bild der tatsächlichen Einkommen massiv verzerrt“, erläutert Michael Wolff vom Institut für Angewandte Betriebswirtschaftslehre und Unternehmensführung (IBU) an der Universität Karlsruhe (TH) gegenüber pressetext. Laut dem Experten ist der Fokus auf aktienkursorientierte Vergütungen zu einseitig. Schließlich würden diese nur einen geringen Einkommensteil ausmachen.
Wie der Wissenschaftler bei der Auswertung von Gehältern in 330 börsennotierten Konzernen von 2005 bis 2007 herausfand, machte die von der Politik kritisierte aktienkursorientierte Vergütung von Vorständen im Jahr 2007 im Durchschnitt nur acht Prozent der gesamten Vorstandsvergütung aus. 39 Prozent der Vorstände erhielten mehr als eine Mio. Euro und 19 Prozent mehr als zwei Mio. Euro jährlich. Somit konnten die Experten eine Pro-Kopf-Vergütung von durchschnittlich 904.000 Euro errechnen. „Es ist daher falsch, alle Vorstände hinsichtlich der Bezahlung undifferenziert über einen Kamm zu scheren. Vielmehr sollte man sich auch von Seiten des Gesetzgebers auf leistungsbezogene Vergütungen konzentrieren, die auf den langfristigen Geschäftserfolg eines Unternehmens ausgerichtet sind“, erläutert Wolff.
Der Fachmann verweist im Gespräch mit pressetext auch auf die Wichtigkeit der Transparenz und Nachvollziehbarkeit der in den Geschäftsberichten publizierten Gehälterangaben. In einer zweiten Untersuchung gelangten die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass die Vergütungen von Aufsichtsräten nicht deren Verantwortung entsprechen. Diese hätte Wolff zufolge wegen der Reformen im deutschen Corporate-Governance-System in den vergangenen Jahren peu à peu spürbar zugenommen. „Mit monatlichen Pro-Kopf-Gesamtbezügen von maximal 2.250 Euro bei der Hälfte der Unternehmen ist die Vergütung daher nicht angemessen“, fügt Wolff auf Nachfrage hinzu. Vor allem die mangelnde Professionalisierung der Aufsichtsräte sei ein Problem, das dazu führe, dass Vorstände kurzfristig mit Blick auf jährliche Boni arbeiteten.
Auch die Aufsichtsräte-Untersuchung attestiert einen Nachholbedarf bei der Transparenz. So hätten bis 2007 zwar inzwischen 71 Prozent der Unternehmen einen individuellen Ausweis über die Vergütungen eingeführt, zwölf Prozent gliederten allerdings die Gesamtvergütung nicht in ihre Einzelkomponenten auf. „Damit erfüllen sie gesetzliche Mindestanforderungen – nicht mehr aber auch nicht weniger“, so Wolff. Die beiden Untersuchungen beziehen sich auf die größten börsennotierten Unternehmen in der Bundesrepublik, die im Prime Standard der Deutsche Börse AG gelistet sind. Beide Studien sind zudem Teil der gemeinsamen Forschung des IBU und des Centers for Entrepreneurial and Financial Studies der TU München zum Themenkomplex Corporate Governance.
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