Einzelhandel agiert zunehmend europäisch

Mehr Konzentration, neue Betriebsformen, aber kein Anstieg der Beschäftigtenzahl

Knapp zehn Jahre nach Einführung des Europäischen Binnenmarkts agiert der Einzelhandel mehr und mehr auf europäischer Ebene. Dennoch handelt es sich nicht um einen einheitlichen Markt. Das ist die zentrale Aussage des jetzt von Hedwig Rudolph, Direktorin der Abteilung „Organisation und Beschäftigung“ am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), herausgegebenen Sammelbands „Aldi oder Arkaden? Unternehmen und Arbeit im europäischen Einzelhandel“.

„All business is local“, im Einzelhandel stimmt der Satz nicht mehr uneingeschränkt, denn dort wird zunehmend auf europäischer Ebene agiert. Der Konzentrationsgrad steige insgesamt durch Firmenzusammenschlüsse und -aufkäufe. Allerdings gebe es ein klares Nord-Süd-Gefälle, was die Marktstruktur angehe.

Trotz Europäisierung konstatieren die Wissenschaftler Unterschiede zwischen den Ländern. So sind weiterhin länderspezifische Betriebsformen zu finden. „Exportiert“ wurden vor allem die Betriebsformen mit begrenztem Sortiment zu Niedrigpreisen. Allerdings erfolgen selbst bei diesen „hard discounters“ Anpassungen des Warensortiments an nationale Nachfragestrukturen. Denn „Europa stellt im Einzelhandel nur bedingt einen einheitlichen Markt dar“, erläutert Hedwig Rudolph. Unterschätzt werde oft das Beharrungsvermögen national- oder auch regionaltypischen Konsumentenverhaltens. Die Kunden hätten insgesamt an Macht gewonnen, folgern die Autoren aus ihren Untersuchungen. Durch verstärkten Druck auf die Lieferanten erzielten die Handelsunternehmen Preisvorteile, die sie zumeist an die Kunden weitergäben.

Keinen nennenswerten Vorteil hat der Europäische Binnenmarkt den Beschäftigten gebracht. Denn die Beschäftigtenzahl stieg nicht, gleichzeitig geht der Anstieg der Unternehmenskonzentration mit einer Abnahme an qualifizierten Positionen einher, es wird weniger kaufmännisches und administratives Personal gebraucht. Eine Deregulierung habe europaweit vor allem in bezug auf die Rahmenbedingungen für Beschäftigte statt gefunden. Indirekt profitierten davon Betriebsformen, die verstärkt „marginal“ Beschäftigte einsetzen.

Bei Nachfragen: Prof. Dr. Hedwig Rudolph, T: 030/25491-107, rudolph@wz-berlin.de
Ingrid Hüchtker, Pressereferat, T: 030/25491-510, huechtker@wz-berlin.de

Hedwig Rudolph (Hg.), Aldi oder Arkaden? Unternehmen und Arbeit im europäischen Einzelhandel, Berlin: edition sigma 2001, 193 S.

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Burckhard Wiebe idw

Weitere Informationen:

http://www.wz-berlin.de/

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