Die wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik Deutschland im April 2006

Die deutsche Wirtschaft befindet sich im Aufwind. Die positive konjunkturelle Grundtendenz setzt sich zu Jahresbeginn 2006 fort.


Hierzu tragen die anhaltend günstigen außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen maßgeblich bei. Die Weltwirtschaft expandiert nachhaltig und mit hohem Tempo. Dies erzeugt einen zuverlässigen Auftrieb. Im laufenden Jahr zeigen sich nun allmählich auch die binnenwirtschaftlichen Perspektiven in einem freundlicheren Licht. Dies manifestiert sich zunächst in dem auf breiter Front angelegten Stimmungsaufschwung. Dieser ist dabei insbesondere im Verarbeitenden Gewerbe durch die Entwicklung von wichtigen realen Konjunkturindikatoren unterlegt. Aber auch in anderen Wirtschaftsbereichen – etwa im Bauhauptgewerbe, im Einzelhandel und in anderen Dienstleistungsbereichen – zeigen sich Besserungstendenzen. Insgesamt spricht deshalb einiges dafür, dass die deutsche Wirtschaft seit Jahresbeginn 2006 nicht nur weiter wächst, sondern in den kommenden Monaten vielleicht sogar noch etwas an Dynamik zulegen könnte.

Die Erzeugung im Produzierenden Gewerbe ist – von den üblichen monatlichen Schwankungen abgesehen – seit etwa einem Jahr in der Grundtendenz bis zum aktuellen Rand kräftig aufwärts gerichtet. Angesichts der positiven Entwicklung des Geschäftsklimas, der guten Auftragslage in der Industrie und der in den letzten Monaten insgesamt stabilen Auftragslage im Bauhauptgewerbe sind die Aussichten für eine Fortsetzung der positiven Entwicklung der Produktion in diesen Bereichen günstig. Diese Einschätzung ist allerdings mit einem gewissen Informationsvorbehalt zu versehen. Wegen der Streiks im öffentlichen Dienst verzögert sich die Veröffentlichung konjunkturell wichtiger Ergebnisse der Wirtschaftsstatistik, so dass Informationen noch nicht in die Beurteilung einfließen konnten, welche üblicherweise zum Redaktionsschluss zur Verfügung stehen. Aktuell betrifft dies den Auftragseingangsindex für das Verarbeitende Gewerbe und den Produktionsindex für das Produzierende Gewerbe für den Berichtsmonat Februar.

Die treibende Kraft im Produzierenden Gewerbe bleibt die Industrie. Von Dezember auf Januar stieg die industrielle Erzeugung saisonbereinigt[1] um 1,3 % und im Dreimonatsvergleich um 1,2 % an. Alle drei industriellen Hauptgruppen trugen hierzu bei. Der weitere Verlauf der Industrieproduktion kann auf einer günstigen Entwicklung der Auftragseingänge bis zum Berichtsmonat Januar aufbauen. Ihr Volumen ist von Dezember auf Januar saisonbereinigt um 1,4 % und im Dreimonatsvergleich um +3,6 % gestiegen. Die Klimaindikatoren signalisieren ebenfalls eine Fortsetzung des Aufwärtstrends der Industrieproduktion im gesamten ersten Quartal 2006 und den folgenden Monaten. Trotz der vorübergehend eingeschränkten statistischen Datenlage ist deshalb von einer Fortsetzung des Aufwärtstrends bei der Industrieproduktion auszugehen.

Die Produktion im Bauhauptgewerbe hat im Januar nicht zuletzt witterungsbedingt kräftig nachgelassen (saisonbereinigt -7,3 %), nachdem sie seit Mai vergangenen Jahres im Verlauf stagnierte. Gleichzeitig sind die Auftragseingänge im Januar saisonbereinigt von ihrem Jahreshöchststand im Dezember um -11,2 % stark zurückgegangen. Beim gewerblichen Hoch- und Tiefbau gab es die stärksten Einbrüche. Das ifo-Geschäftsklima im Bauhauptgewerbe hellte sich dagegen seit Mitte des vergangenen Jahres nachhaltig auf. Insgesamt bestehen deshalb nach wie vor Aussichten, dass die Stabilisierungstendenzen im Baugewerbe anhalten. Dies würde sich auch sehr positiv auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung auswirken.

Von den Privaten Konsumausgaben kamen im vergangenen Jahr nicht zuletzt wegen des energiepreisbedingten Kaufkraftentzugs keine Impulse. Im den ersten beiden Monaten des laufenden Jahres wurde allerdings der Rückgang der realen Einzelhandelsumsätze (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen und Tankstellen) im Jahresendquartal 2005 bereits mehr als kompensiert. Für eine Belebung des privaten Konsums spricht derzeit vor allem die Entwicklung wichtiger Stimmungsindikatoren. Das von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ermittelte Konsumklima für den Monat April 2006 stabilisierte sich auf dem erreichten leicht positiven Niveau und das ifo-Geschäftsklima im Einzelhandel ist bis einschließlich März dieses Jahres weiter kräftig angestiegen. Letztlich könnte für die Entwicklung der Privaten Konsumausgaben entscheidend werden, ob in diesem Jahr eine Trendwende bei der Beschäftigung gelingt.

Der Außenhandel entwickelt sich weiterhin sehr dynamisch. Mit der starken Zunahme der Ein- und Ausfuhren in den letzten drei Monaten wurde die ruhigere Gangart im vierten Quartal 2005 überwunden. Die vorlaufenden Indikatoren signalisieren eine weiter aufwärts gerichtete Ausfuhrentwicklung in den kommenden Monaten. Die Warenausfuhren haben sich in jeweiligen Preisen und saisonbereinigt von Januar auf Februar erneut kräftig um 4,6 % erhöht. Die Auslandsaufträge deutscher Industrieunternehmen sind in der Tendenz weiterhin stark expansiv und die Exporterwartungen der Unternehmen laut dem ifo-Konjunkturtest schon seit geraumer Zeit ausgesprochen zuversichtlich. Die Wareneinfuhren nahmen in jeweiligen Preisen und saisonbereinigt im Verlauf ebenfalls im dritten Monat in Folge spürbar zu (+4,8 %). Das nominale Importwachstum wird seit einiger Zeit auch durch die gestiegenen Preise für Energie und Kraftstoffe getrieben. Darüber hinaus wird es teilweise auch durch den Auslandsabsatz induziert. Ein Teil könnte aber auch auf eine anziehende Binnennachfrage zurückgehen.

Die Frühjahrsbelebung am Arbeitsmarkt fiel wegen des erneuten Kälteeinbruchs im März schwächer aus als üblich. Die Zahl der registrierten Arbeitslosen ist im März dennoch mit 4,976 Millionen wieder unter die Fünf-Millionen-Grenze gesunken. Von Februar auf März ging die Zahl der Arbeitslosen vor allem witterungsbedingt nur um 72.000 zurück. Im Vergleich zum Vorjahr lag die Zahl der Arbeitslosen im März um 290.000 niedriger. Der Rückgang der Arbeitslosigkeit im Verlauf ist vor allem auf Sonderentwicklungen im Zusammenhang mit den Reformen am Arbeitsmarkt zurückzuführen.

Seit Oktober vergangenen Jahres nimmt die Beschäftigung tendenziell wieder etwas ab. Von Januar auf Februar ging die Erwerbstätigkeit nach dem Inlandskonzept vor allem saisonbedingt um 25.000 auf 38.271 Millionen zurück. Saisonbereinigt nahm sie um 10.000 ab. Im Vorjahrsvergleich hat sich der Rückgang der Erwerbstätigkeit auf 104.000 verringert. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung entwickelte sich seit dem Frühjahr 2005 saisonbereinigt in der Tendenz relativ stabil. Von Dezember auf Januar ging sie saisonbereinigt um 14.000 zurück. Sie lag im Januar nach ersten vorläufigen Hochrechnungen der Bundesagentur für Arbeit mit 25,90 Millionen Personen (Ursprung) noch um 166.000 unter dem Niveau des Vorjahres. Der Vorjahresabstand hat damit weiter abgenommen. Die konjunkturelle Erholung wirkt sich somit positiv auf den Arbeitsmarkt aus. Sie war aber bislang noch nicht kräftig genug, um eine nachhaltige Wende auf dem Arbeitsmarkt herbeizuführen.

Die Preisentwicklung in Deutschland verläuft – sieht man von dem Preisauftrieb beim Rohöl und anderen Rohstoffen ab – nach wie vor in ruhigen Bahnen. Es waren vor allem diese Sondereinflüsse, die sich auf den verschiedenen Stufen der Preisentwicklung in unterschiedlichem Umfang auswirkten. Auf der Verbraucherstufe kam der Preisauftrieb von Februar auf März zum Stillstand (+0,0 %, nach +0,4 % im Februar). Im Vorjahresvergleich stiegen die Verbraucherpreise zuletzt nur noch um 1,8 %. Die Kerninflationsrate (Verbraucherpreise ohne Energie und saisonabhängige Nahrungsmittel) lag bei +0,8 %.

[1] Wenn nicht anders vermerkt, handelt es sich bei den in diesem Bericht verwendeten saisonbereinigten Angaben um Berechnungen nach dem Verfahren Census-X-12-ARIMA.

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