Klinsmann Elf spielt um Milliarden – Magdeburger Ökonomen berechnen den Wert des Titelgewinns

Wenn ab dem 09. Juni 2006 in Deutschland der Ball endlich rollt, dann geht es für die WM-Teilnehmer um viel. Weltmeister zu werden ist der größtmögliche Erfolg im Leben eines Fußballers. Aber die Nationalteams spielen nicht nur für sich, sie spielen auch für die Menschen in ihrem Heimatland. Wenn Deutschland zum vierten Mal den Titel holen sollte, dann wird die Freude gewaltig sein. Es wird Autokorsos geben, ausgelassene Feiern und Freudentänze. Offensichtlich hat der Gewinn einer Weltmeisterschaft für die Menschen einen besonderen Wert. Aber wie groß ist dieser Wert? Kann man bestimmen wie hoch der Wohlfahrtsgewinn ist, den die Nationalmannschaft erreichen kann, wenn sie erfolgreich ist?

Prof. Dr. Joachim Weimann und sein Mitarbeiter Steffen Rätzel von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg haben genau das versucht. Die beiden Wirtschaftswissenschaftler haben dabei Methoden angewendet, die bisher nur dafür benutzt wurden, um beispielsweise den ökonomischen Wert von Umweltgütern zu bestimmen. Das Ergebnis ihrer Untersuchung, die in Kürze in einer Fachzeitschrift veröffentlicht wird, ist durchaus erstaunlich.

Mit Hilfe einer repräsentativen Befragung, die im gesamten Bundesgebiet durchgeführt wurde, haben die beiden Forscher zunächst ermittelt, wie hoch die Zahlungsbereitschaft der erwachsenen Deutschen für das Anschauen der Finalspiele im Fernsehen ist. Dabei kam heraus, dass die Zahlungsbereitschaft dann, wenn die deutsche Mannschaft an den Spielen beteiligt ist, um über 700 Millionen Euro ansteigt. Aber damit nicht genug. Um zu ermitteln, welchen Wert der Gewinn der WM für die Menschen hat, wurde folgende Frage gestellt: „Angenommen, Deutschland steht im Endspiel. Ein Freund hat für Sie eine Wette abgeschlossen und darauf gesetzt, dass Deutschland verliert. Ab welchem Gewinn aus der Wette ist es ihnen egal, ob Deutschland gewinnt oder verliert?“ Im Durchschnitt – so das Ergebnis – sind die Deutschen bereit, auf einen Gewinn von 250 Euro zu verzichten, wenn wir dafür Weltmeister werden. Insgesamt ist damit ein Betrag von 17 Milliarden Euro notwendig, um die Deutschen dafür zu entschädigen, wenn wir nicht den Titel holen!

Weimann und Rätzel machen darauf aufmerksam, dass ihre Schätzung mit hoher Wahrscheinlichkeit den Wohlfahrtsgewinn unterschätzt, denn erstens wurden Personen unter 18 Jahren nicht berücksichtigt und zweitens fand die Befragung bereits 2004 statt, unmittelbar nach der verkorksten EM. Für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bedeutet das nicht mehr und nicht weniger, als dass sie es in der Hand, bzw. in den Füßen hat, einen Wohlfahrtsgewinn in Milliardenhöhe zu generieren – oder zu verspielen.
Quelle: Rätzel S., Weimann J., Der Maradona-Effekt. Wie viel Wohlfahrt schafft die deutsche Nationalmannschaft, erscheint in: Perspektiven der Wirtschaftspolitik, 2, 2006.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Joachim Weimann, Tel. 0391 67-18547, Joachim.Weimann@ww.uni-magdeburg.de; Steffen Rätzel, Tel. 0391 67-11885, Steffen.Raetzel@ww.uni-magdeburg.de

Media Contact

Waltraud Riess idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-magdeburg.de/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Wirtschaft Finanzen

Aktuelle und interessante Meldungen und Entwicklungen aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften finden Sie hier zusammengefasst.

Unter anderem bietet Ihnen der innovations-report Berichte aus den Teilbereichen: Aktienmärkte, Konsumklima, Arbeitsmarktpolitik, Rentenmarkt, Außenhandel, Zinstrends, Börsenberichte und Konjunkturaussichten.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer