Die Duale Einkommensteuer – Reformmodell für Deutschland?

In der gegenwärtigen Diskussion über die Reform des deutschen Einkommensteuersystems zählt die sog. Duale Einkommensteuer zu den favorisierten Alternativmodellen.

Eine Duale Einkommensteuer gibt es seit ca. 10 Jahren in Finnland, Schweden und Norwegen. In Deutschland hat sich der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung schon 2003 für die Einführung dieses Steuertyp ausgesprochen; er hat seine Empfehlung im jüngsten Gutachten erneuert.

Die deutsche Politik muss, um die allseits geforderte große Steuerreform noch innerhalb der laufenden Bundestags-Legislaturperiode auf den Weg zu bringen, alsbald die Grundsatzentscheidung treffen, ob diese Reform lediglich in einer punktuellen Verbesserung des bestehenden Steuersystems bestehen soll oder das Wagnis einer grundlegenden Neukonzeption, etwa in Gestalt einer Dualen Einkommensteuer, eingegangen wird.

Das Charakteristikum einer Dualen Einkommensteuer liegt in der unterschiedlichen steuerlichen Belastung von „Arbeitseinkommen“ und „Kapitaleinkommen“: Auf Arbeitseinkommen findet wie bisher ein progressiver Steuersatz Anwendung, auf Kapitaleinkommen dagegen – und dies ist das Neue – ausschließlich ein einheitlicher proportionaler Steuersatz, dessen Höhe dem internationalen Steuerwettbewerb Rechnung tragen sollte, d. h. relativ „maßvoll“ ausfallen müsste. Der Einkommensteuersatz für Kapitaleinkommen muss im Übrigen der Gleichbehandlung wegen mit dem Körperschaftsteuersatz identisch sein. Für eine Gewerbesteuer besteht daneben kein Raum mehr.

Die vom Bonner Institut „Finanzen und Steuern“ herausgegebene IFSt-Schrift Nr. 432 untersucht das Pro und Contra einer deutschen Dualen Einkommensteuer. Dazu werden vorab die in Skandinavien praktizierten Formen einer Dualen Einkommensteuer ausführlich dargestellt, einschließlich der in diesen Ländern aufgetretenen Umstellungs- bzw. Anwendungsschwierigkeiten und des geschätzten Aufkommenseffekts. Sodann werden die bisher in Deutschland propagierten „Dualsteuer“-Konzepte beschrieben. Der Hauptteil der Schrift besteht aus einer eingehenden kritischen Würdigung des Grundmodells der Dualen Einkommensteuer unter ökonomischen, rechtssystematischen, verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Aspekten. Den Abschluss bilden Überlegungen zur Vereinfachungswirkung, gesellschaftlichen Akzeptanz und Finanzierbarkeit.

Das Ergebnis der Schrift lässt sich kurzgefasst auf folgende Formel bringen:

Die Einführung einer Dualen Einkommensteuer in Deutschland wäre im Vergleich zum steuersystematischen Status quo, insgesamt gesehen, ein Fortschritt.

Auch stünden einer entsprechenden Systemänderung – bei sorgfältiger Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben – wahrscheinlich keine unüberwindlichen rechtlichen Hindernisse entgegen.

Die Aussicht auf eine Verbesserung des bestehenden Rechtszustandes ist indessen für sich allein noch keine hinreichende Rechtfertigung für die Einführung einer Dualen Einkommensteuer. Die Duale Einkommensteuer muss sich in Bezug auf ihre Vorteilhaftigkeit zusätzlich an den konkurrierenden Alternativmodellen messen lassen. Dazu gehört insbesondere das unter dem Dach der Stiftung Marktwirtschaft erarbeitete Reformmodell (Einführung einer allgemeinen Unternehmensteuer, kombiniert mit einer Begünstigung nur der einbehaltenen Unternehmensgewinne). Bei einem solchen Vergleich zeigt sich, dass das „Stiftung-Marktwirtschaft“-Modell hinsichtlich gesellschaftlicher Akzeptanz, erreichbarer Rechtsvereinfachung und systematisch folgerichtiger Umsetzbarkeit gegenüber der Dualen Einkommensteuer ein deutliches Plus aufweist, die Duale Einkommensteuer mithin für eine Systemumstellung allenfalls die zweitbeste Lösung sein kann.

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Clemens Esser idw

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