Nationale und internationale Maßnahmen zur Eindämmung "schädlichen Steuerwettbewerbs"

Die zunehmende internationale Verflechtung der Wirtschaft stellt die nationale Steuerpolitik seit mehreren Jahrzehnten vor wachsende Herausforderungen. Bis Ende der 90er Jahre haben die Staaten auf unternehmerische Steuerplanung und internationalen Steuerwettbewerb unilateral mit einem Ausbau ihrer „Abwehrgesetzgebung“ reagiert, so in Deutschland insbesondere in Gestalt des Außensteuergesetzes und der Regelung zur Gesellschafterfremdfinanzierung (§ 8a KStG). Diese Politik stößt aber zunehmend an ihre Grenzen. In den letzten acht Jahren sind darüber hinaus zwischen den Staaten neue Formen der internationalen Kooperation entstanden, die sich vor allem gegen den sogenannten schädlichen Steuerwettbewerb richten.

Diese Entwicklung wird vom Bonner Institut „Finanzen und Steuern“ in einer neuen Studie (IFSt-Schrift 427) näher untersucht, nachdem 2004 bereits eine Arbeit generell zum zwischenstaatlichen Steuerwettbewerb erschienen war (IFSt-Schrift 422: Internationaler Steuerwettbewerb – Vorteile und Gefahren). Jetzt steht die Frage im Vordergrund, auf welche Weise der schädliche Steuerwettbewerb bekämpft werden kann und wieweit die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die Europäische Union hierbei schon erfolgreich tätig geworden sind.

Das Konzept des schädlichen Steuerwettbewerbs wurde in den 90er Jahren in Abgrenzung vom allgemeinen Steuerwettbewerb entwickelt, um insbesondere bestimmte Steuervergünstigungen für ortsungebundene Unternehmensaktivitäten zu ächten. Während der allgemeine Steuerwettbewerb zu Recht von OECD und EU als nützlich eingeschätzt wird, gelten Steuervergünstigungen demnach als schädlich, wenn sie

  • vorrangig auf Verschiebungen von Buchgewinnen ohne eine zugrunde liegende reale Wirtschaftstätigkeit zugeschnitten sind,
  • ausländische Sachverhalte gegenüber inländischen Sachverhalten bevorzugen und
  • in der Besteuerungspraxis „intransparent“ sind.

Die nationalen Abwehrmaßnahmen, die von einer zunehmenden Zahl von Staaten ergriffen worden sind, weisen erhebliche Nachteile auf. Hierzu gehören deren Kompliziertheit, ein hoher Durchführungsaufwand und – innerhalb der EU – die Tendenz zur Kollision mit EU-Recht. Letzteres schlägt sich in der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nieder. Tatsächlich wird inzwischen bei einer Vielzahl von deutschen außensteuerlichen Vorschriften die europarechtliche Zulässigkeit bezweifelt.

Möglichkeiten für ein multilaterales Vorgehen gegen den schädlichen Steuerwettbewerb bestehen vor allem in Form von gezielten Initiativen der OECD und der EU. Dabei werden Regelungen des schädlichen Steuerwettbewerbs anhand von abstrakten Kriterien identifiziert; in politischen Verhandlungen wird deren Abschaffung beschlossen sowie der Verzicht auf neue schädliche Regelungen überwacht. Beide Organisationen betten diese Bemühungen in ihre jeweilige steuerliche Gesamtstrategie ein: Die OECD überprüft ihr Doppelbesteuerungsabkommens-Muster im Lichte der Strategie gegen schädlichen Steuerwettbewerb und übt politischen Druck auf die weltweiten Steueroasen aus. Bei der EU gehört zum – seit Juli 2005 wirksamen – sogenannten „Steuerpaket“ auch die Sicherstellung einer effektiveren Zinsbesteuerung, unter Einbeziehung einiger wichtiger Finanzplätze außerhalb der Europäischen Union. Beide Initiativen weisen schon heute spürbare Erfolge auf. Der wichtigste Fortschritt besteht dabei neben einer zunehmenden Rechtsangleichung in den betroffenen Sachgebieten in dem Ausbau der internationalen Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden.

Das Institut „Finanzen und Steuern“ kommt zu dem Ergebnis, dass die Erfolge der EU- und OECD-Initiativen die Chance eröffnen, die komplizierten nationalen Abwehrgesetzgebungen zurückzunehmen und damit deren Nachteile zu verringern. Nach wie vor besteht eine Vielzahl von steuerlichen Erschwernissen für grenzüberschreitende Investitionen, die unnötig oder unverhältnismäßig sind.

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Clemens Esser idw

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