Das Ruhrgebiet ist längst Dienstleistungsregion, hat aber die Arbeitsplatzverluste in der Industrie noch nicht bewältigt

Das Ruhrgebiet ist statistisch längst zur Dienstleistungsregion geworden, allerdings nicht aufgrund dynamischer Wachstumsprozesse in diesem Sektor, sondern durch den Rückgang der Industriebeschäftigung. Die Arbeitsplatzverluste in der Industrie waren im Ruhrgebiet deutlich stärker als in NRW insgesamt oder im Vergleich zur westdeutschen Entwicklung. Insgesamt ging in der Ruhrgebietsindustrie zwischen 1965 und 2003 die Zahl der Erwerbstätigen um mehr als 51 % zurück, in NRW lagen die Arbeitsplatzverluste bei rund 40 %. Das geht aus einer Studie des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen) zur Arbeitsmarktsituation in Nordrhein-Westfalen hervor, in die Ergebnisse aus einer Reihe von IAT-Projekten eingingen.

Für NRW insgesamt stellt die Studie fest, dass die Arbeitsplatzverluste im verarbeitenden Gewerbe seit 1970 insgesamt durch einen Zuwachs an Arbeitsplätzen im Dienstleistungssektor mehr als ausgeglichen worden sind. Seit Mitte der neunziger Jahre sind sogar über dem Durchschnitt Westdeutschlands liegende Beschäftigungsgewinne in den Dienstleistungen zu beobachten. Die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungssituation im Münster- und Sauerland stellt sich inzwischen besser dar als im Durchschnitt der westdeutschen Länder.

Der Anteil der Beschäftigten im Produzierenden Gewerbe im Ruhrgebiet lag im Jahr 2003 mit nur noch 22,9 % unter dem Durchschnitt von NRW (27,2 %). Sogar das Münsterland hatte mit 28,4 % einen höheren Anteil der Beschäftigten im produzierenden Gewerbe. „Das Sauer- und Siegerland mit einem Anteil von 44,2 % und das Bergische Land mit einem Anteil von 38,2 % sind die heimlichen Industrieregionen NRWs geworden“, stellt der IAT-Wissenschaftler Jürgen Nordhause-Janz fest.

In NRW insgesamt sind die Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie in Bildung, vor allem auch die Weiterbildung Älterer, zu gering entwickelt, stellt die Studie fest. „Die Bildungschancen sind sehr ungleich verteilt, gerade für das Ruhrgebiet besteht erheblicher Handlungsbedarf“, so IAT-Vizepräsident Prof. Dr. Gerhard Bosch. So liegt etwa im Norden des Ruhrgebiets der Anteil der Schulabsolventen ohne Abschluss weit über dem von NRW und des Bundes. In einzelnen Stadtquartieren verlassen mehr als 30 % aller Schulabgänger die Schule ohne Abschluss. Zudem ist in NRW die Weiterbildungsteilnahme vor allem in den Regionen gering, in denen besonders stark Personal abgebaut wurde.

Zur Schaffung neuer Arbeitsplätze sind mehr Investitionen in strategischen Handlungsfeldern notwendig, fordert die Studie. Wissensbasierte Dienstleistungen, Verkehrssysteme, Neue Werkstoffe und ihre Anwendungen, Energie- und Umwelttechnologien, IT-gestützte Systemintegration und Medizin- und Biotechnologische Anwendungen wurden in IAT-Untersuchungen als Zukunftsfelder identifiziert. „In solchen Handlungsfeldern kann sich aber nur neue Beschäftigung in der Region entwickeln, wenn ausreichend Arbeitskräfte mit den notwendigen Qualifikationen verfügbar sind“, so Bosch. Dies gilt für zukunftsorientierte Felder mit industrieller Prägung, trifft aber genauso auf stärker dienstleistungsbasierte Wirtschaftsbereiche wie etwa die Gesundheitswirtschaft zu.

Qualifizierungspolitik ist einer der wichtigsten Standortfaktoren für das Land, der gewährleistet, dass die mit hohem Aufwand geförderten Innovationen nicht nur flüchtige Blaupausen werden. Sie ist zudem ein zentrales Instrument, neues Wissen in Klein- und Mittelbetriebe zu vermitteln. Deren Innovationsfähigkeit hängt oft von der Qualifikation weniger Schlüsselpersonen ab. Vor allem wird es darauf ankommen, die nachwachsende Generation zu qualifizieren, die, angesichts der Alterung der Erwerbsbevölkerung in 10 bis 15 Jahren, den produktiven Kern einer innovativen Wirtschaft in NRW ausmachen soll. „Angesichts des bevorstehenden Fachkräftemangels ist offensichtlich, dass wir uns den hohen Anteil von Jugendlichen ohne Schul- und Ausbildungsabschluss insbesondere unter den jungen Ausländern nicht leisten können“.

Für weitere Fragen stehen
Ihnen zur Verfügung:
Prof. Dr. Gerhard Bosch
Durchwahl: 0209/1707-147
Jürgen Nordhause-Janz
Durchwahl: 0209/1707-118

Pressereferentin
Claudia Braczko
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