Rentenmarkt: Leichte Klimaverschlechterung

Die in den vergangenen Monaten von den Rentenmarktakteuren noch überwiegend vertretene Konjunkturskepsis erhielt zuletzt durch die weltweiten Frühindikatoren und die US-Unternehmensveröffentlichungen im Rahmen der beginnenden Berichtssaison keine neue Nahrung und bremste damit die Rekordfahrt bei den Kursen Festverzinslicher spürbar ab. Trotz eines weiterhin an den steigenden Ölnotierungen ablesbaren Risikopotenzials sendet nicht nur die US-Wirtschaft neuerliche Vitalitätszeichen, sondern selbst im Euroraum und in Japan scheint sich die Zuversicht zu erhalten. Die latente Terrorgefahr trat nach den Anschlägen von London nur temporär ins Bewusstsein der Kapitalanleger. Somit wurden trotz weiterhin gegebener Liquiditätsunterstützung für den Bondmarkt die Rendite-Tiefs, die in den USA wie im Euroraum im Juni bei jeweils ähnlichen Niveaus zweifach angetestet wurden (USA bei knapp 3,9 Prozent, Euroland bei rund 3,1 Prozent) nicht mehr erreicht. Vielmehr dominierte ein von den USA ausgehender moderater Renditeauftrieb.

Bei einer aktuellen Verzinsung zehnjähriger Anleihen von knapp 4,2 Prozent weisen US-Bonds einen wieder auf rund 90 Basispunkte gestiegenen Zinsvorsprung gegenüber Euroland-Papieren auf. Dies spiegelt die ökonomischen Kräfteverhältnisse wider, denn die sich andeutende Festigung des Verbrauchervertrauens (im Juni 105,8 nach 103,1 Punkte) und des Geschäftsklimas (Juni-ISM 53,8 nach 51,4 Punkte) lässt auf Sicht ein US-Wachstum in der Nähe des BIP-Expansionspotenzials von ca. 3,5 Prozent realistisch erscheinen. Auch die Notenbank verzichtete im Zusammenhang mit dem neunten Zinsschritt innerhalb eines Jahres auf inzwischen 3,25 Prozent auf Hinweise auf ein Ende der Straffungsrunden und gab damit ein weiteres Signal gegen Wachstumsbefürchtungen und gegen potenzielle Inflation zu Protokoll. Trotz der maßgeblich vom kurzen Ende ausgehenden Abflachung der Renditestruktur bleibt die Zinsstimulanz für die US-Wirtschaft insgesamt erhalten und könnte insbesondere bei fallenden Rohstoffpreisen zu einer Wiederbeschleunigung beitragen.

Während im Zuge des fortschreitenden US-Konjunkturzyklus eine Änderung der Fed-Rhetorik auf einer der nächsten Sitzungen einzukalkulieren ist, sind Zinsschritte seitens der EZB im Spannungsfeld zwischen EU-Krise, strukturell bedingten Haushaltsdefiziten und Konjunkturflaute auf Sicht eher unwahrscheinlich. Der Inflationsdruck im Währungsgebiet hält sich zudem aus EZB-Sicht in Grenzen (Projektion für 2006 im Schnitt 1,5 Prozent). Auf der anderen Seite zeichnet sich eine grundlegende Beschleunigung der Binnenkräfte trotz der jüngsten – zum Teil währungsbedingten – Stabilisierungstendenz bei Juni-Konjunkturindikatoren wie Ifo (93,3 nach 92,9 Punkte), INSEE (99 nach 96 Punkte) oder Euroland-Sentimentindex (plus 0,2 auf 96,3 Punkte) noch nicht ab und dürfte das negative Überraschungspotenzial bei längeren Laufzeiten einstweilen noch begrenzen. Aus Anlegersicht bleibt jedoch angesichts einer möglichen Bodenbildung bei den Kapitalmarktrenditen und gleichzeitig riskanter Spekulation auf Zinssenkungen seitens der EZB eine Positionierung im kürzer- bis mittelfristigen Laufzeitenspektrum vorzuziehen.

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Dr. Stefan Steib presseportal

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