Europäische Börsen überflügeln erstmals seit Beginn des "IPO Watch Europe" die US-Handelsplätze

Aktueller „IPO Watch Europe“ von PwC analysiert Erstnotierungen an wichtigen Börsenplätzen: London unangefochten an der Spitze / Deutschland fällt auf Platz fünf zurück / Bergbau, Öl- und Gasindustrie sowie Software- und Computer-Services stärkste Branchen

Der Aufwärtstrend an den europäischen Börsen hält auch im zweiten Quartal 2005 unvermindert an. Zwischen April und Juni 2005 wagten sich 169 Unternehmen erstmals aufs Börsenparkett – 74 mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres und 71 mehr als im ersten Quartal 2005. Das ist das Ergebnis der aktuellen Ausgabe des „IPO Watch Europe“ von PricewaterhouseCoopers (PwC). Darin untersucht PwC vierteljährlich die Neuemissionen an den 17 wichtigsten Börsen und Marktsegmenten in Europa.

Die verstärkten Aktivitäten an den europäischen Börsen trieben den Wert aller Erstnotierungen (englisch: Initial Public Offering) auf 10,78 Milliarden Euro. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres lag diese Kennzahl bei 8,73 Milliarden Euro. Deutlich übertroffen wurde damit auch der Wert der Erstnotierungen zwischen Januar und März 2005 von 6,1 Milliarden Euro. Tonangebend war wie auch im vorangegangenen Quartal der Alternative Investment Market (AIM) in London, das Marktsegment für kleinere, wachstumsstarke Unternehmen.

Deutsche Börse rutscht auf Rang fünf

Die Deutsche Börse rutschte nach dem fulminanten Auftakt im ersten Quartal 2005 mit einem Emissionswert von 651 Millionen Euro auf den fünften Platz ab (1. Quartal 2005: zweiter Platz mit 1,28 Milliarden Euro). Die Erstnotierung des Triebwerkherstellers MTU Aero Engines Holding mit einem Emissionsvolumen von 651 Millionen Euro verhalf dem Börsenplatz allerdings zu Rang drei bei den größten IPOs im zweiten Quartal. Neben MTU notiert die Beteiligungsgesellschaft ARQUES Industries AG ebenfalls seit dem zweiten Quartal im Prime Standard der Deutschen Börse (Transfer Freiverkehr in den Geregelten Markt.

Anders als im vorausgegangenen Quartal gab es nur einen Börsengang, dessen Volumen eine Milliarde Euro überstieg: Das Online-Poker-Unternehmen PartyGaming kam an der Londoner Börse auf einen Emissionswert von 1,4 Milliarden Euro und dürfte als volumenstärkster Neuzugang seit Jahren auch ein Kandidat für den britischen FTSE 100-Index sein. Ein Jahr zuvor hatten es drei Börsenneulinge über die Grenze von einer Milliarde Euro beim Börsengang geschafft. Auch im ersten Quartal 2005 gab es zwei IPOs mit einem Emissionswert von mehr als einer Milliarde Euro.

Das zweite Quartal 2005 kann demnach zwar eine höhere Anzahl von Erstnotierungen, dafür aber einen geringeren durchschnittlichen Emissionswert als das vorausgehende Quartal vorweisen. Die Kennzahl sank binnen Jahresfrist auf 64 Millionen Euro von 92 Millionen Euro im zweiten Quartal 2004.

London bleibt Spitzenreiter bei IPOs

Spitzenreiter bei den Börsenneulingen war auch im zweiten Quartal 2005 die Londoner Börse: 94 IPOs wurden dort am AIM registriert, 13 am Hauptmarkt (Lapp Plats ließ sich sowohl am AIM als auch an der irischen Börse listen). Dies entspricht einem Anteil von 63 Prozent aller europäischen Erstnotierungen. Wertmäßig verbesserte sich die London Stock Exchange damit auf 5,2 Milliarden Euro von 2,25 Milliarden Euro im ersten Quartal und 2,46 Milliarden Euro in der Vergleichsperiode 2004. Der AIM konnte im zehnten Jahr seines Bestehens mit 88 Prozent aller Londoner Erstnotierungen ebenfalls auf ein starkes zweites Quartal zurückblicken.

Die Vier-Länder-Börse Euronext liegt mit 17 Erstnotierungen und einem Emissionsvolumen von 1,52 Milliarden Euro auf Rang zwei unter den europäischen Börsen. Zu dem Erfolg dürfte auch das Börsensegment Alternext beigetragen haben, das am 14. April 2005 ins Leben gerufen wurde. Ähnlich wie der britische AIM ist Alternext ein börsenregulierter Markt für kleinere Unternehmen. Seit dem Launch des neuen Marktsegmentes wurden dort bereit sechs IPOs lanciert. Das belgische Elektrizitätsunternehmen Elia mit einem Emissionsvolumen von 595 Millionen Euro und das niederländische Telekommunikationsunternehmen Tom Tom mit 467 Millionen Euro stehen für rund 70 Prozent der gesamten Euronext-IPOs.

Hinter London und Euronext platzierte sich die Borsa Italiana mit einem Emissionsvolumen von 1,10 Milliarden Euro (vier Börsengänge) auf dem dritten Platz, gefolgt von der Wiener Börse mit einem Volumen von 977 Millionen Euro bei zwei Erstnotierungen. Damit schiebt sich die Börse in Wien im Ranking der europäischen Börsen vor die Deutsche Börse, die mit 651 Millionen Euro den Platz fünf belegt. Die Börse in Warschau verzeichnete neun Neuzugänge mit einem Emissionsvolumen von 522 Millionen Euro, im ersten Quartal 2005 waren es ebenfalls neun, der Emissionswert belief sich jedoch nur auf 222 Millionen Euro. Mit 14 IPOs zählt die Oslo Bors im zweiten Quartal 2005 zu den aktivsten Börsenplätzen, der Emissionswert betrug insgesamt 333 Millionen Euro. Luxemburg kommt auf sieben Börsenneuzugänge mit einem Volumen von 270 Millionen Euro. Wie im Quartal zuvor verzeichneten die Börsen in Athen und Madrid auch im zweiten Quartal 2005 keine IPO-Aktivitäten.

Stärkste Branchen: Bergbau, Öl und Gas sowie Software- und Computer-Services

Nach Branchen betrachtet, fanden die meisten Börseneinführungen erneut im Bergbausektor (22) und in der Öl- und Gasindustrie (18) statt. Unternehmen, die Software- und Computer-Services anbieten, verdreifachten die Anzahl der Börsengänge auf 15 nach jeweils fünf IPOs im Vorjahresquartal und im ersten Quartal 2005. Auch die Medien- und Unterhaltungsbranche fand Gefallen am Börsengeschehen, elf Unternehmen ließen sich listen. Ein Jahr zuvor hatten nur vier Unternehmen den Gang an die Börse gewagt.

Europäische Börsen locken weiter Auslandsunternehmen an

Die Attraktivität europäischer Börsen ist ungebrochen. Im zweiten Quartal 2005 gab es 36 Erstnotierungen von nichteuropäischen Unternehmen, 27 davon wagten die ersten Schritte auf dem Börsenparkett in London. Der Hauptmarkt der Londoner Börse registrierte fünf Neuzugänge – Srei Infrastructure Finance aus Indien, das US-Unternehmen News Corp, Mapeley Limited Incorporated von den Cayman-Inseln, die in den Niederlanden als Aktiengesellschaft registrierte russische Pyaterochka Holdings NV und die in Luxemburg registrierte Evraz Group SA, einer von Russlands größten Stahlerzeugern.

Für die Alternative AIM entschieden sich 22 nichteuropäische Börsenneulinge, doppelt so viele wie im ersten Quartal 2005. Als erstes Unternehmen aus Neuseeland ist dort nun Endace Limited gelistet, neben jeweils vier Unternehmen aus Australien und Kanada, drei aus Israel, jeweils zwei aus den USA und von den britischen Jungferninseln, fünf von den Cayman-Inseln (darunter die in Russland aktive Rambler Media Limited) und eines von den Bermudas.

Für Luxemburg entschieden sich zwischen April und Juni sechs indische Unternehmen und eines aus Sri Lanka. Allerdings sackte dort der Durchschnittswert des Emissionsvolumens auf 39 Millionen Euro von 189 Millionen Euro im ersten Quartal 2005. Die Börse in Oslo verzeichnete jeweils einen Neuzugang aus Kanada und Israel. „Das war erneut ein starkes Quartal für nichteuropäische IPOs an europäischen Börsen“, meint Volker Fitzner, Partner bei PwC im Bereich Advisory. „36 Unternehmen brachten es an ihrem ersten Börsentag auf 1,7 Milliarden Euro, darunter drei russische Unternehmen mit einem gemeinsamen Emissionsvolumen von 0,6 Milliarden Euro. Im Gegensatz dazu gab es an den US-Handelsplätzen nur vier internationale Neuzugänge und das Emissionsvolumen insgesamt sank unter den Vorjahreswert. Mit einem Volumen von 5,3 Milliarden Euro sind die US-Börsen erstmals seit Beginn unseres ’IPO Watch Europe’ im Jahr 2001 hinter die europäischen Handelsplätze zurückgefallen“.

US-Börsen: weniger IPOs, geringeres Emissionsvolumen

Die US-Börsen verzeichneten im zweiten Quartal 2005 einen deutlichen Rückgang bei den IPO-Aktivitäten. Auch das Emissionsvolumen ging auf 5,26 Milliarden Euro zurück, ein Jahr zuvor hatte es noch 9,59 Milliarden Euro betragen. Die US-amerikanischen Börsen erreichten somit nicht einmal die Hälfte des europäischen IPO-Volumens. An der Wachstumsbörse Nasdaq fiel das durchschnittliche Emissionsvolumen von 105 Millionen Euro im zweiten Quartal 2004 auf 77 Millionen Euro im zweiten Quartal 2005, die Zahl der Börsenzugänge sank von 41 auf 31. Im gleichen Zeitraum war an der NYSE ein Rückgang beim durchschnittlichen IPO-Emissionsvolumen von 376 Millionen Euro auf 217 Millionen Euro zu verzeichnen, obwohl die Anzahl der IPOs nur um einen Zähler geringer ausgefallen ist als im Vorjahreszeitraum. Im zweiten Quartal 2005 gab es an den US-Börsen keinen einzigen Börsengang mit einem Emissionsvolumen über einer Milliarde Euro. Den einzigen IPO mit einem Emissionsvolumen über 500 Millionen Euro kann die NYSE für sich beanspruchen: Die Investmentbank Lazard strich bei ihrem Börsendebüt 673 Millionen Euro ein. Es gab vier internationale IPOs im zweiten Quartal, jeweils einer aus China, Italien, von den Bermudas und den Marshall-Inseln.

„Die Pipeline für die zweite Jahreshälfte ist gut gefüllt. Allerdings rechnen wir damit, dass sich viele IPO-Kandidaten bei ihrem Zeitplan an den vorgezogenen Bundestagswahlen im September orientieren. Die wirtschaftliche Unsicherheit im Hinblick auf die hohen Erdölpreise und andere Faktoren, die den IPO-Markt beeinflussen können, wird nur begrenzt eine Rolle spielen“, ist Volker Fitzner optimistisch für die weitere Entwicklung.

Den aktuellen „IPO Watch Europe“ von PwC sowie alle vorherigen Analysen finden Sie online unter: www.pwc.com/uk/eng/about/svcs/gp/IPO.html

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Weitere Informationen:

http://www.pwc.com

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