Rentenmarkt: Neuer Zinstrend eingeläutet?

Anfang Februar erreichten die zehnjährigen Renditen beidseits des Atlantiks noch neue Jahrestiefs. Seitdem jedoch hatten Anleihebesitzer eine Reihe von Rückschlägen zu verkraften. Höher als erwartete Produzentenpreise in den USA, Andeutungen asiatischer Notenbanken in Richtung Diversifizierung ihrer Währungsreserven sowie Hinweise im jüngsten Beige Book auf erhöhte Preisüberwälzungsspielräume in den USA haben die Wahrnehmungswelt verändert. Auch die steigenden Rohstoffpreise werden nicht mehr wie vor Monaten in erster Linie als konjunkturdämpfend, sondern als Gefahr für die Preisstabilität interpretiert. Wenngleich sowohl die Fed als auch die EZB keine akute Inflationsgefahr ausmachen, scheint die Botschaft betreffend die angestrebte Normalisierung des Zinsniveaus angekommen zu sein. Seit dem Februar-Tief stiegen die Treasury-Renditen um 50 Basispunkte auf 4,5 Prozent, die Verzinsung der entsprechenden zehnjährigen Euroland-Papiere legte um 25 Stellen auf aktuell knapp 3,7 Prozent zu.

Durch den Sprung der US-Renditen erreichte der Zinsabstand gegenüber Euroland-Anleihen erstmals seit der Jahresmitte 2000 wieder 80 Basispunkte. Untermauert wird diese Entwicklung unter anderem durch Daten wie die Einzelhandelsumsätze oder die Produktion vom Februar, die trotz Rohstoffbelastungen eine insgesamt robust wachsende US-Wirtschaft signalisieren. Auch vom Arbeitsmarkt sind – obwohl für Februar die höchsten Prognosen offenbar nicht erreicht wurden – Lebenszeichen zu vernehmen, die sich in einer zunehmend besseren Beurteilung der Job-Situation durch die Verbraucher widerspiegeln.

Dagegen verdient die konjunkturelle Perspektive im Euroraum in den Augen der meisten Beobachter weiter allenfalls das Prädikat „moderat“. Insbesondere für Deutschland sind die Expansionserwartungen zuletzt auf bis zu 0,6 Prozent für 2005 reduziert worden. Als weiterer potenzieller Schwachpunkt wird dabei neben dem Privaten Verbrauch eine Exportverlangsamung identifiziert. Solange global keine ausgeglichenere Balance der Binnenkräfte erkennbar wird, dürfte es in einer bipolaren Weltkonjunktur mit den beiden Zentren USA und asiatisch-pazifischer Raum bei den US-Defiziten derzeit kaum zu einer nachhaltigen Entlastung kommen. Das US-Leistungs-bilanzdefizit erreichte im vierten Quartal mit 6,3 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt ein neues Rekordniveau, das den weltweiten Rentenakteuren anhaltende Sorgen bereitet.

Ohne einen erkennbaren Kurswechsel seitens der großen Notenbanken zeichnet sich per saldo eine Phase der Zinsunsicherheit ab. Vor allem in den USA sollte sich der Trend zu höheren Zinsen zwar nicht mehr so dynamisch fortsetzen, wenn verstärkt auch die möglichen konjunkturellen Folgen der globalen Dollar- und Ölpreissorgen diskutiert werden. Ob damit aber bereits wieder der eingeläutete aufwärts gerichtete Renditetrend ausläuft, bleibt zunächst offen. Kürzere Laufzeiten bleiben derzeit aufgrund des höheren Bewegungsspielraums für den Anleger die bessere Wahl.

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Jürgen Pitzer presseportal

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