Sparkassen und Landesbanken sind schon gut aufgestellt.

Pressebericht zur EUROFORUM-Konferenz „Zukunftsstrategien für Sparkassen und Landesbanken“ am 23. und 24.02.2005 in Berlin.


Die Diskussion um das Drei-Säulen-Modell im Bankensektor und die Konsolidierungsmaßnahmen innerhalb der Häuser bestimmte die Inhalte und Gespräche der EUROFORUM-Konferenz „Zukunftsstrategien für Sparkassen und Landesbanken“, die vom 23. bis zum 24. Februar 2005 in Berlin stattfand. Zunächst führte Prof. Dr. Andreas Pfingsten (Westfälische Wilhelms-Universität Münster) die rund 200 Teilnehmer in die aktuellen Herausforderungen der Sparkassen und Landesbanken als „fokussierte Universalbanken“ ein. Das Verständnis der öffentlich-rechtlichen Institute als „fokussierte Universalbanken“ sei auch kein Widerspruch, da Häuser auf eine Kundengruppe beziehungsweise auf eine bestimmte Region ausgerichtet seien und dieser Kundengruppe ein relativ umfassendes Leistungsangebot gemacht würde. Gleichzeitig würden auch Skaleneffekte in der Abwicklung über Kooperationen realisiert werden. Seiner Ansicht nach ist aber „der Investitionsgedanke in der Steuerung der Geschäftsfelder noch unterentwickelt“.

Mit Blick auf die Drei-Säulen-Struktur der deutschen Bankenlandschaft und die zukünftige Rolle der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute stellte die parlamentarische Staatsekretärin Dr. Babara Hendricks (Bundesministerium der Finanzen) zunächst fest, dass hier von politischer Seite Fingerspitzengefühl gefordert sei. Sie begrüßte, dass „der Tonfall in dieser Diskussion in letzter Zeit entspannter geworden sei“. Wegen des Wegfalls der öffentlichen Haftungsgarantien am 19. Juli diesen Jahres erwarte sie einen mittelfristig steigenden Anpassungsdruck auf Sparkassen und Landesbanken. Ebenso setzten die Änderungen und Veränderungen auf den nationalen und internationalen Banken- und Finanzmärkten die Kredithäuser mittel- und langfristig unter Druck. Darum müssten die Sparkassen und Landesbanken gemeinsam Antworten finden, die über den derzeitigen Regelungsrahmen hinausgingen. Deutlich erkannte die Staatsekretärin die Leistungen der öffentlich-rechtlichen Banken-Säule an, verwies aber auch auf deren Sonderstellung in Europa. Mit Blick auf die zunehmende Bedeutung der Generierung zusätzlichen Eigenkapitals und den schnellen Entwicklungen an den internationalen Finanzmärkten verwies Hendricks auf den steigenden Wettbewerbsdruck der öffentlichen Kreditinstitute. Dies würde auch einen Ausbau der Kooperationsfähigkeit der einzelnen Banken und Institutsgruppen erfordern. Das Drei-Säulen-Modell dürfe nicht dazu führen, dass die deutsche Kreditwirtschaft international ins Hintertreffen gerate. Darum solle man frühzeitig daran gehen, Hemmnisse abzubauen, die eine Konsolidierung behinderten. Dennoch seien die Entscheidungen der Länder zu akzeptieren, die in ihren Gesetzen weiter an der öffentlich-rechtlichen Rechtform und der kommunalen Bindung der öffentlichen Banken festhalten.

Ein deutliches Bekenntnis zum Drei-Säulen-System legte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages, Prof. Dr. Hans-Günther Henneke ab. Man blicke hier auf ein bewährtes System und darum habe er auch ein Problem mit den Ausführungen der Staatssekretärin über den zunehmenden Anpassungsdruck der Sparkassen und Landesbanken. Die Probleme lägen hier im Detail. „Ein bisschen Drei-Säulen-System geht nicht“ betonte er. „Entweder man behält es oder es ist weg.“ Er plädierte für die Erhaltung des Infrastrukturvorteils der Sparkassen in der Fläche und hob die Funktion der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute als öffentliches Aufgabenerfüllungsinstrument hervor. Besonders für den Mittelstand seien Sparkassen ein starker Partner.

Wie eine Sparkasse sich erfolgreich gegenüber den neuen Anforderungen aufstellen kann, zeigte der Vorstandsvorsitzende der Stadtsparkasse München, Harald Strötgen, am Beispiel seines Hauses auf. Die bereits größte Sparkasse Bayerns müsse zwar weiter wachsen, aber nicht um des Wachsens willen, sondern nur wenn es ökonomisch notwendig sei.

„Das Wettbewerbsumfeld wird härter und führt zu einer Renaissance im Kundengeschäft“, stellte Strötgen fest. Ingesamt steige der Handlungsdruck im Bankgeschäft an. Nicht zuletzt weil die Kunden flexibler, selbstbewusster und anspruchsvoller geworden seien. Die Antworten auf die neuen Anforderungen fasste der Münchner Sparkassen-Chef in fünf Punkten zusammen. Zuerst stellte er zur Führungsstrategie fest: „Wir lamentieren nicht über schlechte Rahmenbedingungen, wir orientieren uns an den Besten und versuchen in jedem unserer Geschäftsbereiche best-practise-Lösungen umzusetzen.“ Als weiteren Punkt führte er sozialverträgliche Personal-Transfers an, damit keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen werden müssten. Das erfordere allerdings auch von den Mitarbeitern den Willen, sich verändern zu wollen. Daraus ergebe sich auch eine neue Leistungsstruktur: „Das Freizeitmanagement der Mitarbeiter können wir uns nicht mehr leisten“, führte er weiter aus. In der Stadtsparkasse München überdenke man die Mitarbeiterstruktur und sei dabei ein Konsequenzenmanagement aufzubauen. Zwar würde sein Haus über durchschnittlich gute Mitarbeiter verfügen, diese seien aber nicht hungrig genug. Darum habe man freie Handelsvertreter eingestellt, die den Mitarbeitern zeigen sollten, wie man erfolgreich verkauft.

In bezug auf die Erwartungen ihres Gesellschafters, der Landeshauptstadt München, habe man sich gefragt wie man die Kommune unterstützen könne, ohne klassische Ausschüttungen zu tätigen. Die Münchner Stadtsparkasse habe daraufhin ihre Sponsorentätigkeit auf dem kulturellen und sozialen Feld erhöht und so die Stadt entlastet. Als einen positiven Nebeneffekt des Sponsorings führte Strötgen die PR-Wirkung solcher Maßnahmen an. Dies entspreche auch der neuen Kommunikationsstrategie. „Die Zeit der vornehmen Zurückhaltung sei vorbei“, betonte er. Kommunikation sei jetzt Chefsache, denn „wir müssen etwas dafür tun auch nach außen hin professionell aufzutreten.“ Seit Einführung der neuen Kommunikationsstrategie könnte man bereits eine Verbesserung des Images der Stadtsparkasse feststellen.

Der Vorstandsvorsitzender der WestLB, Dr. Thomas R. Fischer, ging zunächst auf die vermeintliche Ertragsschwäche deutscher Bankhäuser ein. Zwar stimme es, dass die deutschen Rahmenbedingungen durch die geringen Investitionen, die geringe Kreditnachfrage und die sinkenden verfügbaren Einkommen nicht besonders günstig seien, aber mit Blick ins Ausland müsse man feststellen, dass Deutschland für die Kunden kein schlechtes Land sei. „Zählt das etwa nicht?“, fragte der WestLB-Chef.

Als eine Zäsur nannte Fischer den Wegfall der geliehenen Bonität im Juli diesen Jahres. Ab dann würden neue Spielregeln gelten und das Angebot müsse neu geregelt sein. Zwar sei bei der WestLB im Vorfeld der Vorbereitungen nicht alles so gelaufen, wie es sollte, aber man stehe an einem Beginn einer neuen Ära. Der Druck auf die deutsche Bankenlandschaft wachse nicht nur von außen, sondern auch durch die immer kritischeren Kunden. Trotz Konsolidierungsdruck, Kundendruck und Kostendrucks sollte aber der Kunde und die Versorgung nicht vergessen werden. Fischer zeigt sich optimistisch, dass noch in diesem Jahr wesentliche Eckpunkte für die weiteren Konsolidierungsprozesse auf den Weg gebracht würden.

Er verwies weiter darauf, dass man ohne Staatsgarantie nun in einen Systemwettbewerb eintreten werde. Die öffentlich-rechtlichen Institute hätten bis jetzt immer den Verbund beschworen, aber letztlich doch jeder für sich gearbeitet. „Damit ist es nun vorbei“, stellte Fischer fest. Vielmehr solle man den Verbund sehr ernst nehmen und die Sparkassen als kundennahen Vertrieb ansehen. Landesbanken könnten dann da helfen, wo die einzelne Sparkasse zu klein sei. „Das Retail-Geschäft gilt es zu optimieren“ betonte Fischer. Gleichzeitig stellte er fest, dass die Sparkassen im Retail-Geschäft bereits sehr stark seien. Wenn die Sparkassen sich dazu entschieden hätten, Universalbank zu sein und dabei verstanden hätten, das Bankgeschäft ohne Kunden nicht funktioniere, seien sie sehr gut aufgestellt. Als Universalbank würde man international ernst genommen und der Verbund sei eine Universalbank. Darum prognostizierte Fischer dem Verbund-Modell eine erfolgreiche Zukunft: „Ab Juli wird auch der Letzte merken, welche Potenziale in den Sparkassen und Landesbanken schlummern.“

Den Stichtag 19. Juli griff auch der Vorstandsvorsitzende der HELABA Landesbank Hessen-Thüringen, Dr. Günther Merl, auf. Er zeigte sich überzeugt, dass der öffentlich-rechtliche Bereich gestärkt aus den neuen Anforderungen herausgehen würde. „Wir haben dann gleiche Rahmenbedingungen und es wird sich dann zeigen, ob sich das Konzern-Modell oder das Verbund-Modell am Markt behaupten wird“, stellte der HELABA-Chef fest. Die Frage der Ertragskraft würde zwar eine entscheidende Bedeutung erhalten, man solle sich aber nicht nur an den Rating-Agenturen orientieren. „Wir müssen eigene Geschäftsmodelle entwickeln, die dann auch honoriert werden“, sagte Merl weiter. In Zeiten eines steigenden Konsolidierungsdrucks nannte er eine Konzentration auf das eigentliche Geschäft als entscheidend.

Eine sektorübergreifende Konsolidierung könne er sich nicht vorstellen, bemerkte Merl weiter. Wohl aber eine Konsolidierung innerhalb der Sektoren. Hier gelte es auch die unterschiedlichen Entwicklungen der Sparkassen in der Fläche und in den Städten zu berücksichtigen. In der Fläche gäbe es bereits rentable Institute. Allein schon wegen der Demografie müssten aber kleinere und mittlere Institute in der Fläche reagieren. In den Ballungsräumen würden sich wettbewerbsgetrieben weitere Sparkassen zusammenschließen.

Auch den Landesbanken steht, nach Ansicht von Merl, ein weiterer Konsolidierungsprozess bevor. Dieser sei aber schon sehr gut vorangetrieben worden. Das die verbliebenen sechs Landesbanken noch weiter fusionieren werden, glaube er nicht. Dies würde schon den Interessen der Länder widersprechen.

Die Notwendigkeit die Geschäftsprozesse in Zukunft zu industrialisieren, griffen Dr. Hans-Dieter Krönung (Context Management Consulting) und Bertram Theilacker (Nassauische Sparkasse) auf. Krönung stellte verschiedene Möglichkeiten des Outsourcing vor und zeigte, „dass die Bündelung der Kreditbearbeitung von der Auftragserstellung bis zum Zweitvotum inklusive der Aktenpflege ein kapazitätsintensiver und prinzipiell standardisierbarer Prozessbestandteil für große Teile des Retailgeschäfts“ sei. Die Entscheidung zum Outsourcing läge aber letztlich in der strategischen Aufstellung der einzelnen Sparkasse. Viel hänge von deren Selbstverständnis als geschäftsstrategisch unabhängigen, seinem Markt verpflichteten Institut ab. „Die zu bearbeitenden Sourcing-Felder stellen höhere Anforderungen an die Partner der Verbundorganisation“, stellte der Berater weiter fest, „denn die gegenseitigen Abhängigkeiten verstärken sich.“

Über die Erfahrungen der Nassauischen Sparkasse (Naspa) mit industrialisierten Bankprozessen und Outsourcing sprach der Naspa-Vorstand Bertram Theilacker. In der Naspa habe man versucht die Komplexität zu reduzieren. Er verwies darauf, dass es bei industrieller Fertigung nicht darum gehe, das Geschäft als Ganzes zu verstehen, sondern einzelne klar abgrenzbare Prozessschritte schnell und fehlerfrei zu bearbeiten. Er beschrieb den Aufbau eines zentralen Marktservices und stellte fest: „Häufig sind innovative Prozesse für die Wettbewerbsfähigkeit entscheidender als neue Produkte.“ Der Wettbewerbsvorteil der Naspa erwachse nicht daraus, was sie tue, sondern daraus wie sie es tue.

Einen Blick über den Tellerrand ermöglichten die Beiträge von Dr. Heiko Winkler (Westfälische Provinzial Versicherungen) und Jiri Skorvaga (Ceska sporitelna). Der tschechische Vertreter zeigte am Beispiel der ERSTE Bank die Entwicklungen und Besonderheiten der Banklandschaft in Tschechien auf. Am Beispiel des Erfolgsmodells der Ceska sporitelna verdeutlichte er, wie eine österreichische Bank sich auch erfolgreich in einem osteuropäischen Land durchsetzten konnte.

Der Vorstandsvorsitzende der Westfälischen Provinzial Versicherung beschrieb den erfolgreichen Konsolidierungsprozess im öffentlich-rechtlichen Versicherungswesen. Als Versicherung habe man mit ähnlichen Rahmenbedingungen zu kämpfen, wie im Bankensektor. Auch hier habe es eine Marktkonzentration gegeben. Die Regionalität habe sich schließlich als der Erfolgsfaktor der lokal agierenden Versicherer bewiesen. Nähme man alle öffentlich-rechtlichen Versicherer zusammen, wäre dieser der zweitgrößte Versicherer Deutschlands. Die einzelnen öffentlichen Versicherer agierten zwar unter eigenen Marken, aber diese hätten in ihren Regionen eine hohe Bekanntheit. Hohe Potenziale ergäben sich aber auch aus dem Verbund, da man mit der gesamten Kraft des Verbundes neue Produkte verkaufen könne. Durch die Bündelung von Kompetenzen könnten auch weitere Ertragssynergien und Skaleneffekte erreicht werden. Darüber hinaus gelte es auch in der Versicherungswirtschaft die Industrialisierung der Prozesse voranzutreiben.

Pressefotos zu der Veranstaltung finden Sie im Internet unter: www.zukunftsparkassen-fotos.de.vu

Ansprechpartner:

EUROFORUM Deutschland GmbH
Dr. phil. Nadja Thomas
Pressereferentin
Tel.: 0211-9686-3387
E-Mail: nadja.thomas@euroforum.com

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