Neues Modell zur Unternehmensbewertung

Die Börsen-Blase der New Economy war unter anderem darauf zurückzuführen, dass der Wert von Unternehmen, wie er sich im Aktienkurs widerspiegelt, sehr stark von der geschäftlichen Vision geprägt war, oft aber sehr wenig mit der tatsächlichen Markt- und Kundensituation zu tun hatte. Um diesem letztlich entscheidenden Faktor für den Geschäftserfolg Rechnung zu tragen, hat das E-Finance Lab ein neues Modell zur Unternehmensbewertung entwickelt, bei dem die Kunden die entscheidende Rolle spielen. Das von Thorsten Wiesel, Doktorand an der Professur von Prof. Bernd Skiera an der Frankfurter Johann Wolfgang Goethe-Universität und Mitglied des E-Finance Lab, vorgestellte „Modell zur Unternehmensbewertung auf der Basis von Kundenlebenswerten“ ist unter anderem für Online-Banken und Online- Broker von hoher Bedeutung. Das Modell gibt ein realitätsnahes Finanzbild der Gegenwart wieder, erlaubt aber auch eine Prognose über die zukünftige Entwicklung des Unternehmenswertes. Die Forschungsarbeit des E-Finance Lab findet weltweite Anerkennung: Thorsten Wiesel wurde für seinen Ansatz zur Unternehmensbewertung als erster Deutscher als „ISBM Business Marketing Doctoral Fellow“ des Institute for the Study of Business Markets an der Pennsylvania State University aufgenommen.

Bei dem neuen Modell („Customer and Enterprise Valuation Approach – CEVA“) steht im Gegensatz zu den herkömmlichen Verfahren zur Unternehmensbewertung der Kunde im Mittelpunkt. Unterneh-men werden als Portfolio von Kundenbeziehungen angesehen. Der Kunde selbst stellt den zentralen Vermögenswert eines Unternehmens dar. Die Herausforderung besteht in der Messung des Kunden-wertes. Dieser so genannte Customer Equity erfasst als der Wert aller derzeitigen und zukünftigen Kunden alle operativen Zahlungsströme eines Unternehmens im Sinne des Gesamtbewertungs-prinzips und kann somit als Wert des operativen Unternehmensteils angesehen werden.

Einzelne Module des Modells, wie beispielsweise das Kunden Cash Flow- Prognosemodul oder das Kundenprognosemodul, beinhalten die notwendigen Schritte zur Bewertung der Unternehmen. Dabei müssen jedoch nicht alle Module notwendigerweise in jede Bewertung integriert werden, sondern lassen sich durch Expertenmeinungen substituieren, was zu einer Verringerung der Komplexität beitragen kann. Das entwickelte Modell zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass es kundenbezogene Werttreiber wie zum Beispiel Maßnahmen in der Kundenakquisition und -bindung oder dem Add-On-Selling sowohl in Verbindung zu dem Wert aller derzeitigen und zukünftigen Kunden als auch zu dem Wert des Unternehmens setzt. Dadurch lassen sich diejenigen kunden-bezogenen Werttreiber identifizieren, welche den höchsten Einfluss aufweisen. Auch langfristig orientierte Investitionen in die Kundenbeziehungen können mit dem Modell bewertet werden.

Durch die Fokussierung auf den Kunden kann das Frankfurter Modell neben den klassischen Methoden einen wichtigen Beitrag zur Bewertung von Unternehmen leisten. Damit kommt dem neuen Modell weit über seinen akademischen Wert eine hohe Praxisrelevanz zu.

Das E-Finance Lab wird von der Universität Frankfurt am Main und der Technischen Universität Darmstadt gemeinsam mit Accenture, BearingPoint, Deutsche Bank, Deutsche Postbank, FinanzIT, IBM, Microsoft, Siemens, T-Systems, DAB bank, IS.Teledata AG und VR- NetWorld GmbH getragen. Ziel des interdisziplinären Forschungsprojektes ist es, die Industrialisierung in der Finanzwelt zu fördern. Unter Leitung der Frankfurter Wirtschaftsprofessoren Wolfgang König, Bernd Skiera und Mark Wahrenburg sowie des Darmstädter Informatik-Professors Ralf Steinmetz identifizieren 15 Forscher Verbesserungspotenziale bei den traditionellen Wertschöpfungsketten der Finanzbranche sowie den Finanzprozessen von Unternehmen verschiedenster Branchen. Dabei entwickeln und erproben sie auch Verfahren zur Gestaltung neuartiger Finanzprodukte. Der Begriff E-Finance verdeutlicht, dass Innovationen in der Finanzbranche über einen verstärkten Einsatz netzbasierter Informations- und Kommunikationssysteme möglich sind.

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Prof. Dr. Wolfgang König Universität Frankfurt am Main

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