Stahlindustrie trotzt inländischer Konjunkturschwäche

Auf ein erfolgreiches Jahr kann die deutsche Stahlindustrie zurückblicken. Restrukturierungen der vergangenen Jahre und ein gutes weltwirtschaftliches Klima sorgten offenbar dafür, dass die Rohstahlerzeugung trotz schwacher Binnenkonjunktur auf vergleichsweise hohem Niveau blieb. Für 2004 erwartet das RWI eine Steigerung um 2,3% auf 46 Millionen Tonnen Rohstahl, für 2005 rechnet es mit einem leichten Rückgang. Der Beschäftigungsabbau wird sich allerdings – voraussichtlich abgeschwächt – fortsetzen.

Die deutsche Stahlindustrie trotzte 2003 der wirtschaftlichen Stagnation im Inland. Dies geht aus dem aktuellen RWI-Konjunkturbericht hervor. Bei den Stahlwerken gingen zwar im Durchschnitt der ersten zehn Monate des Jahres 2003 6,4% weniger Aufträge als im gleichen Zeitraum des Vorjahres ein. Gleichzeitig stiegen aber die Order der Drittlandskunden um 14,8%, so dass die Rohstahlerzeugung auf dem vergleichsweise hohen Niveau von 45 Millionen Tonnen blieb. Die weltweit lebhafte Nachfrage stabilisierte die Erlöse der Produzenten, das Risiko von außenwirtschaftlichen Störungen verminderte sich.

Für diese positive Entwicklung ist neben dem günstigen weltwirtschaftlichen Umfeld wohl auch die umfangreiche Restrukturierung der deutschen Stahlindustrie verantwortlich. In den vergangenen Jahren haben die Produzenten ihre Erzeugung auf die leistungsfähigsten Standorte konzentriert und ihr Produktspektrum auf qualitativ hochwertige Stähle ausgerichtet. Die Produktivität erhöhte sich entsprechend von 240 Tonnen Rohstahl (1993) auf rund 470 Tonnen Rohstahl pro Beschäftigten. Hinzu kamen umfangreiche Direktinvestitionen in Wachstumsregionen, insbesondere in Asien und Südamerika, sowie internationale Kooperationen. Durch diese Maßnahmen erhöhte sich die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Stahlindustrie.

Chinas Hunger nach Stahl beflügelt den Weltmarkt

Den Weltmarkt für Stahl trieb vor allem der kräftig gestiegene Stahlverbrauch in den „Emerging Markets“ an. Diese können ihre Nachfrage nicht alleine durch Produktionsausweitungen decken und sind auf Importe angewiesen. Eine herausragende Rolle nimmt dabei China ein: Im Jahr 2003 importierten die Chinesen mit 44 Millionen Tonnen Stahl doppelt so viel wie der bisher bedeutendste Importeur USA. Dessen Importe sanken von 30 auf 22 Millionen Tonnen. Der Zuwachs der chinesischen Importnachfrage von 14,5, Millionen Tonnen entspricht damit rechnerisch gut einem Drittel der deutschen Jahreserzeugung. Weltweit erhöhte sich die Rohstahlerzeugung im vergangenen Jahr um 6,6% auf 962 Millionen Tonnen und wird 2004 voraussichtlich über einer Milliarde Tonnen liegen.

Die deutsche Stahlproduktion wird weiter zunehmen

In diesem Jahr wird unserer Einschätzung nach die Stahlproduktion in Deutschland bei anziehender Inlandsnachfrage und steigendem Export weiter zunehmen und knapp 46 Millionen Tonnen betragen (+ 2,3%). Für 2005 prognostizieren wir einen Rückgang um 1,3%. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Lagerbestände der Stahlverarbeiter bis 2005 wieder gut gefüllt sein dürften. Walzstahlaus- und -einfuhr werden 2004 voraussichtlich um 4% und 2005 um 2,5% zunehmen. Zwar dürften vermehrt Massenstähle aus Osteuropa importiert werden, wegen ihrer schlechteren Qualiät verdrängen sie die deutsche Produktion jedoch in nur noch geringem Maße.

Der Beschäftigungsabbau dürfte sich abgeschwächt fortsetzen. Während die deutschen Stahlwerke 1993 noch 157.000 Beschäftigte zählten, gehen wir von einem Rückgang auf jahresdurchschnittlich 92.500 Beschäftigte bis 2005 aus. Dies entspräche einem Beschäftigungsrückgang von gut 40% innerhalb von zwölf Jahren. Voraussetzung unserer Prognosen ist, dass es wegen der recht günstigen Erlössituation nicht erneut zu handelspolitischen Maßnahmen wie Schutzzöllen, Kontingenten oder Dumpingklagen kommt.

Ihr Ansprechpartner dazu: Dr. Roland Döhrn, Tel.: (0201) 81 49-262

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Sabine Weiler idw

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