Rentenmarkt: Dünne Luft im Zinstal

Zinstitel im Kurshoch, Eigenkapitalpapiere im Jammertal – so unterschiedlich war die Lage noch bis in den März hinein, und auch in der sich anschließenden starken Gegenreaktion blieb die Gegenläufigkeit im Grundsatz gewahrt.

Seit Anfang Mai ist bei vergleichsweise stabilen Aktienkursen jedoch angesichts des deutlichen Renditerückgangs eine Entkoppelung zu konstatieren. Die neu aufgeflammte Diskussion um Steuerausfälle, öffentliche Defizite und den Stabilitätspakt wurde nahezu vollständig überlagert durch die von Alan Greenspan ausgelöste Deflationsdebatte und eine ganze Reihe schwacher Konjunkturdaten. Auch die Euro-Aufwertung, die weitere internationale Portfolioumschichtungen zugunsten des Euroraumes nährte, nahm zusätzlich Druck von den Renditen. Zehnjährige Staatsanleihen haben inzwischen ihre Tiefs vom 10. März (Euroland 3,81, USA 3,58 Prozent) nach zwischenzeitlichen Renditeaufschlägen von 45 bzw. 42 Basispunkten erreicht und sogar unterschritten. Die US-Verzinsung bewegt sich damit auf einem Niveau, das in den zurückliegenden mehr als 40 Jahren nicht mehr erreicht wurde.

Konjunkturell bleiben die weltweiten Perspektiven auch einige Wochen nach Ende des Irak-Krieges gedämpft. Die Indikatoren des Verbraucherklimas haben zwar gerade in den USA rasch eine Normalisierung vollzogen, ein unmittelbarer realer Impuls scheint dem aber vorläufig noch nicht zu folgen. Die Industrie zeigt bisher kaum Erholungsansätze. Die gesunkenen Ölnotierungen bewirkten über Preisentlastungseffekte hinaus bisher noch keinen nennenswerten Stimulus, zumal der nächsten OPEC-Sitzung am 11. Juni mit einigem Unbehagen entgegengesehen wird. Und auch ein Teil des Fiskalpaketes als die zweite große Stütze für die erhoffte Zugkraft der US-Wirtschaft stößt mit Blick auf die nahende absolute Staatsverschuldungsgrenze auf Bedenken. Ein stärkerer Effekt der Maßnahmen dürfte ohnehin auf 2004 zu vertagen sein. In Europa sind alle drei großen Länder inzwischen von Wachstumsschwäche befallen und beim Plus des Bruttoinlandsprodukts an oder unter die Nullmarke zurückgefallen (Deutschland im ersten Quartal -0,2 Prozent gegen Vorquartal). Angesichts lahmender Binnenkräfte streckt denn auch die Europäische Zentralbank in ihrem jüngsten Monatsbericht die Aufschwungerwartungen bereits Richtung Ende des Jahres.

Der Druck auf die EZB zur Nutzung ihres Zinssenkungsspielraumes wächst (nächste Ratssitzung am 05. Juni), im Hinblick auf die Eurostärke und die weiter rückläufigen Preise (Deutsche Inflation April +1,0% im Jahresvergleich) scheint auch eine Senkung um 50 Basispunkte möglich. Für lange Laufzeiten ist das Risiko einer raschen Zinswende zwar vorerst etwas abgeschmolzen. Der verbleibende Bewegungsspielraum nach unten dürfte aber angesichts weltweit sich verschärfender öffentlicher Defizite begrenzt sein. Für Engagements in Festverzinslichen sind deshalb weiter kürzere Laufzeiten zu bevorzugen. Die für die Erstellung dieser Publikation verwendeten Zahlen und Informationen beruhen auf von uns teilweise nicht überprüfbaren öffentlichen Quellen, die wir für verlässlich erachten. Die Publikation erhebt, trotz Sorgfalt bei ihrer Erstellung, keinen Anspruch auf Vollständigkeit und enthält nur eine unverbindliche Stellungnahme zu den Marktverhältnissen und den angesprochenen Anlageinstrumenten zum Zeitpunkt der Herausgabe der vorliegenden Veröffentlichung. Sie dient lediglich einer allgemeinen Information und macht in keinem Falle eine individuelle Anlageberatung mit weiteren zeitnahen Informationen entbehrlich.

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