Braucht Deutschland einen Niedriglohnsektor?

DIW Berlin stellt neues Vierteljahrsheft zur Wirtschaftsforschung vor

Die Zahl der Arbeitslosen steuert in Deutschland mittlerweile auf die Fünf-Millionen-Grenze zu. Die Notwendigkeit zu durchgreifenden Strukturreformen am Arbeitsmarkt wird kaum noch bestritten. Für einen wichtigen Baustein halten viele Experten in Politik und Wissenschaft den Auf- bzw. Ausbau eines Niedriglohnsektors: Niedrigproduktive Tätigkeiten sollen im offiziellen Arbeitsmarkt gehalten oder in diesen wieder eingegliedert werden.
Das neue Vierteljahrsheft zur Wirtschaftsforschung 1/2003 beschäftigt sich mit den Beschäftigungspotenzialen im Niedriglohnbereich. Es stellt aktuelle theoretische und empirische Forschungsergebnisse vor, behandelt die darauf gerichteten wirtschaftspolitischen Strategien und diskutiert die damit verbundenen Chancen wie Risiken.

Die Beiträge machen deutlich, dass die aufgezeigten Lösungswege weit reichende Reformen des Steuer- und Transfersystems erforderlich machen, welches gerade im Niedriglohnbereich als beschäftigungshemmend gilt. So schlagen einzelne Autoren vor, einfache und geringproduktive Tätigkeiten breit zu fördern, indem die Sozialversicherungsbeiträge auf niedrige Einkommen gesenkt oder weit reichende Lohnsubventionen eingeführt werden. Andere Autoren warnen vor den hohen fiskalischen Kosten bei geringen Beschäftigungswirkungen solcher Maßnahmen: Die finanziellen Anreize drohen in Mitnahmeeffekten zu verpuffen, zugleich werden den „normal“ Beschäftigten aber weiter steigende Steuer- und Beitragslasten abverlangt. Förderprogramme sollen eher zielgruppenorientiert auf die Problembereiche des Arbeitsmarktes zugeschnitten werden. Ferner sollen die Anspruchslöhne der Erwerbslosen gesenkt werden, etwa durch „Workfare“, also eine Verpflichtung erwerbsfähiger Transferempfänger zu sozial nützlicher Arbeit.

Mehrere Beiträge beschäftigen sich mit der empirischen Wirkungsanalyse von Lohnsubventionen und entsprechenden Programmevaluierungen. Sie dokumentieren, dass gerade in diesem Bereich noch erheblicher Forschungsbedarf besteht. Erforderlich ist vor allem, dass die dafür notwendigen Daten der Wissenschaft zur Verfügung gestellt werden.

Umstritten ist die Höhe an Beschäftigungspotenzialen bei haushaltsbezogenen Dienstleistungen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass in Deutschland bereits ein florierender und weiter wachsender Niedriglohnsektor besteht: die Schwarzarbeit. Einzelne Beiträge behandeln die damit verbundenen wirtschaftspolitischen Herausforderungen.

Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung des DIW Berlin, Heft 1/2003, erschienen bei Verlag Duncker & Humblot GmbH,
Tel. 030-790 00 60,

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Dipl.Volkswirtin Dörte Höppner idw

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