Moderne Produktionssysteme in der Metropolregion Rhein-Neckar

Es war beeindruckend zu erleben, welche Kompetenz die Metropolregion Rhein-Neckar zum Thema moderne Produktionssysteme aufzuweisen hat, als das Kompetenzzentrum Moderne Produktionssysteme KMP unter dem Motto „Experten treffen Experten“ am 14./15.04.2008 zum zweiten Mal zu einem Symposium einlud.

Etwa 130 Teilnehmer, fast allesamt aus der Region, folgten diesem Aufruf und konnten im neuen John-Deere Forum erfahren, wie weit diese Ideen inzwischen vorangekommen sind.

Nach Grußworten von Herrn Prof. Dr. Dieter Leonhard, Rektor der Hochschule Mannheim, und Herrn Klaus-Dieter Ramsauer, General Manager der John Deere Werke Mannheim, informierte Herr Prof. Dr. Boris Brinzer über Aufgaben, Ziele, Projekte und bisherige Ergebnisse des Kompetenzzentrums Moderne Produktionssysteme. Bemerkenswert ist dabei das Vordringen in den Bereich „Lean Administration“, d.h. der Ansatz, die modernen Organisationsformen auf Anwendungsbereiche außerhalb von Produktion und Logistik zu übertragen.

Herr Hermann Doppler, Leiter der weltweiten Nutzfahrzeugmotorenproduktion von Daimler und Leiter des Mercedes-Benz Werkes in Mannheim, sowie der Gastgeber Herr Klaus-Dieter Ramsauer, schilderten die Fortschritte, die bei einer weltumspannenden Umsetzung der Gedanken der modernen und vernetzten Produktionssysteme gemacht werden konnten und wiesen auf die neue Anforderung an die Qualität der Führungs- und Vorbildfunktion des Managements hin.

Herr Dr. Makoto Makabe von der Unternehmensgruppe Freudenberg untersuchte die interkulturellen Aspekte der deutsch-japanischen Zusammenarbeit und warnte vor den Missverständnissen, die fast zwangsläufig entstehen, wenn Projekte mit Mitarbeitern durchgeführt werden, die aus Kulturkreisen mit sich signifikant unterscheidenden Wertesystemen und daraus resultieren unterschiedlichen Verhaltensweisen kommen und zeigte am Beispiel Freudenberg Wege auf, wie diese Kooperationen zum Erfolg geführt werden können.

Für die Heidelberger Druckmaschinen AG konnte Herr Clemens Schilling von systematischen Veränderungen berichten, die mit der Einführung eines ganzheitlichen Produktionssystems gemacht wurden. Dabei erforderte die Umstellung von der Fertigung in großen Losen auf zeitnahe marktgerechte Einheiten ein Umdenken in den Zielen und den Methoden.

Spannend wurde es auf der nachfolgenden Podiumsdiskussion unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Winfried Weber, auf der die Herren Hermann Doppler, Klaus-Dieter Ramsauer, Clemens Schilling,Prof. Dr. Broris Brinzer, sowie Dr. Arman Barimani, Freudenberg, und Dr. Markus Klaiber, SEW-EURODRIVE, die Zukunft moderner Produktionssysteme erörterten und dabei aufzeigten, welche Rolle dabei der Unternehmensführung zuwächst.

Die Professoren des Kompetenzzentrums Moderne Produktionssysteme an der Hochschule Mannheim berichteten von einer Japanreise, die ihnen neben vielen Detailinformationen folgende Erkenntnisse lieferte, bzw. bestätigte:

o Wichtiger als die Anwendung der bekannten Methoden ist die auf gegenseitigen Respekt ausgerichtete Managementphilosophie
o Es gibt in Japan kein einheitliches Verständnis von Kaizen (ständige Verbesserung, in die Führungskräfte wie Mitarbeiter einbezogen werden) und dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess KVP
o Durch häufige Änderungen wird ein Spannungsfeld erzeugt, das Nachdenken über Verbesserungsvorschläge begünstigt

o Selbst bei Toyota wird das Produktionssystem TPS nur innerhalb Japans aktiv gelebt

In sechs, z. T. parallel stattfindenden Diskussionsforen wurden verschiedene Aspekt und best-practice Beispiele zum Themenbereich Moderne Produktionssysteme vorgestellt:

o Herr Lothar Lemmermeier und Herr Dr. Peter V. Schmidt von Daimler zeigten den faszinierenden Weg von einer konventionellen Fertigung über Just in Time und Just in Sequence hin zu einer synchronen Fabrik auf, der die Lieferanten mit einschließt und auch neue Fertigungs- und Logistikstrukturen nach sich zieht.

o Herr Frank Turschner von der Heidelberger Druckmaschinen AG analysierte die Faktoren für eine erfolgreiche Einführung und Umsetzung moderner Produktionssysteme: Denken in längeren Zeiträumen, stabile Ziele, Umgang mit Mitarbeitern, Lieferanten und Verhalten bei Fehlern.

o Herr Jürgen Kelle vom Mercedes-Benz Werk Mannheim schilderte die Weiterentwicklung der eingeführten Systeme über die Zeit und dabei auch die erfolgreiche Übertragung wesentlicher Methoden auf den Verwaltungsbereich.

o Der Mannheimer Dr. Markus Klaiber, Werksleiter bei SEW-EURODRIVE in Graben-Neudorf, führte in die Welt der spanenden Fertigung und zeigte, wie mit großer Hartnäckigkeit riesige Erfolge z.B. beim schnelleren Umrüsten von Werkzeugmaschinen erzielt werden können, was eine Grundvoraussetzung für die marktnahe Fertigung kleiner Lose, Just in Time und einer synchronen Fertigung ist.

o Herr Prof. Dr. Winfried Weber, Hochschule Mannheim, zeigte auf, wie Toyota durch ein System von „Nachbarschaftspflege“ und Vertrauen in gleicher Weise zu Werkern und Zulieferern eine auch, oder besser „insbesondere“ in Krisenzeiten belastbare Zusammenarbeit aufbaut.

o Herr Peter Becker und Herr Helmut Schmidt von HDM zeigten, wie einerseits die Gedanken einer modernen Produktion auch mit minimalen Investitionen genutzt und andererseits auf die Herstellung elektronischer Baugruppen übertragen werden können.

o Herr Frieder Mathis, Daimler, berichtete, wie mit Hartnäckigkeit und geballtem Einsatz von Kaizen in „Powerworkshops“ große Potenziale erschlossen werden können.

o Wie Verbesserungsprojekte organisiert und zum Erfolg geführt werden, wurde von Herrn Horst Schmiemann, John Deere Werken Mannheim, dargestellt.

o TCD sprich: Total Cost Down ist eine erfolgreiche Umsetzungsstrategie des Kaizen-Gedankens, die von Herrn Dr. Erek Speckert, Freudenberg, vorgestellt wurde und im gezeigten Beispiel ohne zusätzliche Investitionen zu einer fast 25%igen Einsparung geführt hat.

o Herr Prof. Dr. Boris Brinzer stellte das KMP-Konzept des Methodenhauses vor, analysierte Wirkzusammenhänge und leitete Empfehlungen für eine Reihenfolge der Umsetzung ab.

o Eine signifikante Reduzierung des Umlaufbestandes ließ sich nach Ausführungen von Herrn Felix Hagemann bei Freudenberg durch eine konsequente Analyse und Optimierung der Versorgungskette erreichen.

o Herr Dieter Friedberger, Heidelberger Druck, zeigte, wie mit kleinen Behältern übersichtliche und effiziente Arbeitsplätze geschaffen wurden, aber auch wie Regeln festgeschrieben werden mussten, um die Materialnachversorgung zu sichern.

o Herr Ralf Knörzer von Cooper Standard Automotive und Herr Benjamin Ritter von METZELER Automotive in Mannheim erläuterten, wie das Kanban System erfolgreich nicht nur zur Materialversorgung sondern zur Steuerung der Produktion eingesetzt wird und darüber hinaus auch für Werkzeuge und sogar für die Verwaltung genutzt werden kann.

Nach wie vor sind die großen internationalen Unternehmen der Serienproduktion die Vorreiter in der Bewegung, heute genau das zu produzieren was heute benötigt wird. Aber auch die kleineren Unternehmen, insbesondere die der Zulieferindustrie, haben inzwischen die Gedanken aufgegriffen und nachgezogen und sind dabei, die Ideen dynamisch weiter zu entwickeln. Die Teilnehmer am Symposium waren sich in den Konsequenzen einig: einer langfristigen Ausrichtung der Geschäftpolitik und einer intensiveren Kommunikation der Ziele mit den Mitarbeitern und Zulieferern.

Media Contact

Bernd Vogelsang idw

Weitere Informationen:

http://www.hs-mannheim.de

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