Auf Kosten der Umwelt: Moderne Anlieferkonzepte berücksichtigen auch CO²-Ausstoß

Ökologische Kosten fließen bislang kaum in die Berechnung von Prozesskosten ein. Wie der CO²-Ausstoß und andere umweltrelevante Aspekte bemessen werden können, untersucht das IPH in einem neuen Forschungsprojekt. Bis Herbst 2014 erarbeiten die Ingenieure aus Hannover zusammen mit Unternehmen eine Methode, mit der sich unterschiedliche Anlieferkonzepte im Hinblick auf ökologische Kosten bewerten lassen.

Die Transportkosten, das gebundene Kapital und die Kosten für die erforderliche Lagerfläche – Ausgaben wie diese entscheiden darüber, wie produzierende Unternehmen ihre Waren beschaffen. Kaum eine Rolle spielen bei der Entscheidung der CO²-Ausstoß, zusätzlich entstehender Abfall und andere umweltrelevante Aspekte. Doch welche ökologischen Kosten entstehen eigentlich bei den unterschiedlichen Varianten der Materialbeschaffung? Erstmals beziehen Wissenschaftler jetzt auch ökologische Aspekte in die Wahl der Anlieferkonzepte ein. Am Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) entwickeln Ingenieure eine Methode, mit der sich die Logistikkosten der Beschaffung vollständig quantifizieren lassen. Mit Hilfe einer einfachen Software sollen Unternehmen ihre Anlieferkonzepte künftig besser bewerten können.
„Kunden erwarten heute, dass Unternehmen nachhaltig handeln“, weiß Professor Peter Nyhuis, geschäftsführender Gesellschafter des IPH. Daher müssten Unternehmer auch ihre Beschaffung aus Umweltsicht betrachten. Ökologische Aspekte dürften bei der Wahl des Anlieferkonzepts nicht vernachlässigt werden. „Womöglich sprechen hohe Lagerkosten gegen eine Vorratsbeschaffung – aber diesen Kosten müssen auch der erhöhte Kraftstoffverbrauch und die Emissionen von Einzelanlieferungen gegenübergestellt werden“, gibt Professor Nyhuis zu bedenken. Nur durch eine transparente Kostenrechnung würden unterschiedliche Anlieferkonzepte tatsächlich vergleichbar.

In dem Forschungsprojekt identifizieren die Ingenieure des IPH zunächst alle existierenden Anlieferkonzepte für produzierende Unternehmen. Jedes Konzept wird dazu in Einzelschritte wie Lagerung, Transport und Warenannahme zerlegt, die dann wiederum weiter detailliert werden. So sind zum Beispiel bei dem Transport das Transportmittel und die zurückzulegende Strecke relevante Kriterien; zur Warenannahme gehören nicht nur die beteiligten Mitarbeiter, sondern beispielsweise auch Hilfsmittel wie Gabelstapler und die dafür benötigte Energie. Im zweiten Schritt prüfen die Ingenieure, welche Zusammenhänge zwischen diesen Faktoren und ökologischen Aspekten bestehen. Fertigt ein Unternehmen zum Beispiel in kleinen Losgrößen, so wird weniger, aber dafür öfters geliefert. Häufigere Transporte verursachen mehr Kraftstoffverbrauch, einen höheren Schadstoffausstoß und möglicherweise auch mehr Abfälle. Aus diesen Zusammenhängen leiten die Wissenschaftler Berechnungsvorschriften ab, die auch derartige indirekte Folgen berücksichtigen.

Um alle logistischen und ökologischen Kosten abzubilden und zu bewerten, entwickeln die Ingenieure eine Methode. Eingebettet in eine Software soll sie Unternehmen helfen, Anlieferkonzepte zu bewerten und sie so bei der Entscheidung für oder gegen ein Konzept unterstützen. Auch nachträgliche Bewertungen von bestehenden Anlieferkonzepten sollen damit möglich werden.

Das Forschungsprojekt „Ökologie- und logistikkostenorientierte Auswahl von Anlieferkonzepten“ ist im Spätsommer 2012 gestartet und läuft insgesamt 24 Monate. Gefördert wird es über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. Fünf kleine und mittlere Unternehmen aus Norddeutschland haben bereits ihre Teilnahme an dem Projekt zugesagt. Weitere Projektpartner sind willkommen. Interessierte können sich bei Michael Zenker melden (Kontakt: zenker@iph-hannover.de).

Media Contact

Meike Wiegand idw

Weitere Informationen:

http://www.iph-hannover.de/

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